Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beabsichtigt, einen antizyklischen Kapitalpuffer von 0,75 Prozent der risikogewichteten Aktiva auf inländische Risikopositionen festzusetzen und einen sektoralen Systemrisikopuffer von 2,0 Prozent der risikogewichteten Aktiva auf mit Wohnimmobilien besicherte Kredite einzuführen. Derzeit liegen die Quoten jeweils bei Null Prozent.
Dieser Entscheid berücksichtigt Analysen des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) und des European Systemic Risk Boards (ESRB). Der AFS sieht makroprudenziellen Handlungsbedarf und begrüßt das von der BaFin vorgelegte Maßnahmenpaket.
Für beide Maßnahmen wird die BaFin jeweils eine Allgemeinverfügung erlassen. Die Anhörungen dazu starteten am 12. Januar 2022 und enden am 26. Januar 2022. Beide Puffer sollen zeitnah aktiviert werden. Die Institute haben aber genügend Zeit, sich auf die Maßnahmen einzustellen; sie müssen die zusätzlichen Kapitalanforderungen erst zum 1. Februar 2023 vollständig erfüllen.
Mit den beiden Kapitalpuffern werden insgesamt rund 22 Mrd. Euro an hartem Kernkapital im Bankensystem konserviert - 17 Mrd. Euro über den antizyklischen Kapitalpuffer und 5 Mrd. Euro über den sektoralen Systemrisikopuffer. Die Banken werden die Anforderungen fast vollständig aus bestehendem Überschusskapital erfüllen können. Lediglich bei wenigen Instituten ergibt sich ein zusätzlicher Kapitalbedarf in geringer Höhe.
Das Finanzsystem hat sich in der Corona-Pandemie als robust erwiesen. Jedoch haben sich Verwundbarkeiten gegenüber negativen wirtschaftlichen Entwicklungen und speziell am Wohnimmobilienmarkt aufgebaut. Besonders dynamisch entwickelten sich zuletzt Preise und Kreditvergabe bei Wohnimmobilien. Den sich daraus ergebenden zunehmenden Risiken wollen die BaFin und der AFS vorbeugend entgegenwirken. BaFin-Präsident Mark Branson erläutert:
Mit diesen Kapitalpuffern tragen wir nicht nur den zyklischen Risiken Rechnung, sondern begegnen auch zielgenau den spezifischen Finanzstabilitätsrisiken am Wohnimmobilienmarkt, wo Preis- und Kreditwachstum momentan sehr stark sind.
Hauptziel ist es, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors vorbeugend zu stärken. In schlechteren Zeiten dienen die Puffer zur Verlustabsorption, so dass eine mögliche prozyklische Einschränkung der Kreditvergabe mit negativen Auswirkungen auf die Realwirtschaft begrenzt werden kann. Ergänzend zu den Kapitalmaßnahmen mahnt die Aufsicht Banken, Versicherungsunternehmen und andere
Kreditgeber, angesichts der aktuellen Entwicklungen am Markt für Wohnimmobilien bei der Neukreditvergabe besonders vorsichtig zu sein. Sie erwartet eine konservative Bewertungs- und Kreditvergabepraxis, die Finanzierungen mit hohem LTV („loan-to-value“) restriktiv behandelt und eine solide Schuldentragfähigkeit der Kreditnehmer dauerhaft, also auch in Stressphasen, sicherstellt.
Kreditnehmer sollten jederzeit in der Lage sein, die monatlichen Zahlungen für Zins und Tilgung aufbringen zu können, auch wenn Zinsen steigen. Die BaFin wird in engem Austausch mit dem AFS die Entwicklung der Kreditvergabestandards fortlaufend analysieren. Sollte sich herausstellen, dass Kreditvergabestandards übermäßig gelockert werden, kann die Aufsicht verbindliche Maßnahmen zur Kreditvergabe erlassen. So könnte sie beispielsweise gemäß § 48u Kreditwesengesetz und gemäß § 308b Versicherungsaufsichtsgesetz eine Obergrenze für den Fremdkapitalanteil bei Wohnimmobilienfinanzierungen vorgeben.
Themen:
LESEN SIE AUCH
BaFin: Binäre Optionen für Kleinanleger in Deutschland weiterhin verboten
Stresstest von BaFin und Bundesbank
BaFin sieht 6 Kernrisiken für 2025
Die BaFin warnt in ihrem aktuellen Bericht „Risiken im Fokus 2025“ vor neuen und verschärften Risiken für das deutsche Finanzsystem. Neben Klimawandel und geopolitischen Spannungen stehen auch Digitalisierung und IT-Sicherheit im Mittelpunkt. Präsident Mark Branson mahnt: Unternehmen müssen Risiken klug steuern und ihre Systeme widerstandsfähiger machen.
Generali muss zu hohe Kosten für fondsgebundene Lebensversicherungen erstatten
Die italienische Generali ist der erste Anbieter im deutschen Markt, der zu hohe Kosten für fondsgebundene Lebensversicherungen an ihre Kunden zurückerstatten muss. Ein Vorbote eines flächendeckenden Bebens in der Lebensversicherungsbranche?
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Goldpreis erreicht neuen Rekordwert
Der Goldpreis hat mit 3.600 US-Dollar je Feinunze ein neues Allzeithoch erreicht. Welche Faktoren die Rallye treiben – und warum Analystin Sarah Schalück von der apoBank den Trend noch lange nicht am Ende sieht.
Globale Renditeanstiege: Langläufer geraten unter Druck
Die Renditen 30-jähriger Staatsanleihen steigen weltweit auf neue Höchststände. Der Kapitalmarkt signalisiert: Die Phase fiskalischer Schonung ist vorbei. Emissionsdruck, politische Unsicherheiten und strukturelle Zweifel an der Schuldentragfähigkeit erzwingen eine Neubewertung. Was Anleger jetzt erwarten – und Staaten herausfordert.
KI-Aktien: Ist der Hype überschritten – oder beginnt Europas Chance?
Die KI-Euphorie hat die Börsen im Griff – doch wie tragfähig sind die Bewertungen von Nvidia, Microsoft & Co.? Während US-Tech dominiert, eröffnen sich in Europa Chancen abseits des Rampenlichts. Mike Judith, Partner und Chief Sales Officer bei TEQ-Capital, ordnet den Markt ein – und zeigt, wo Anleger jetzt genau hinschauen sollten.
Depotbanken verwahren fast 3 Billionen Euro
Die Verwahrstellen in Deutschland haben im ersten Halbjahr 2025 fast 3 Billionen Euro für Fonds verwahrt – ein neuer Rekord. Doch hinter dem Wachstum steht auch eine deutliche Marktkonzentration: Fünf Anbieter dominieren fast 70 Prozent des Geschäfts.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.