Längst ist der Startschuss für die heiße Vorweihnachtsphase gefallen. Künden doch bereits seit August Spekulatius, Lebkuchen und Co. in den Supermarktregalen von der Vorfreude auf die Festtage. Mittlerweile steigt sogar die Kauflaune der Verbraucher merklich. Kein Wunder, dass insbesondere Onlinehändler 2021 mit Rekordumsätzen rechnen. Und trotzdem: Nachrichten über Materialknappheit, fehlende Weihnachtsware, Staus in Häfen und andere Corona-Folgeerscheinungen werfen zahlreiche rechtliche Fragen insbesondere zu möglichen Lieferverzögerungen auf.
Felix Korten, Rechtsanwalt und Vorstand der Korten Rechtsanwälte AG, kennt die Antworten.
Können Weihnachtsshopper vom Kauf zurücktreten, wenn die bestellte Ware doch erst an Ostern geliefert werden kann?
Aus rechtlicher Sicht ist bei verspäteter Lieferung ein formaler Rücktritt, der an Konditionen wie etwa einen Sachmangel geknüpft ist, nicht nötig. In den allermeisten Fällen genügt ein Widerruf. Voraussetzung ist dabei jedoch, dass Kunden eine solche Willenserklärung fristgerecht tätigen. Hier räumt der Gesetzgeber Verbrauchern 14 Tage ab Ablieferung der Ware ein. Treffen die bestellten Artikel mit Verzug dann an Ostern ein, können sie nach erfolgtem Widerruf binnen 14 Tagen zurückgeschickt werden.
Ausgenommen vom Widerrufsrecht sind allerdings individuell angefertigte Artikel, schnell Verderbliches, Zeitungen und Zeitschriften sowie Pauschalreisen und Tickets mit einem feststehenden Datum. Ist die Einhaltung einer genau bestimmten Lieferzeit wie etwa vor Weihnachten wichtig, haben Käufer die Option, mit Onlinehändlern ein sogenanntes ‚absolutes Fixgeschäft‘ zu vereinbaren.
Am einfachsten funktioniert das, wenn Shops ihre Waren bereits mit Slogans wie ‚Lieferung bis Weihnachten garantiert‘ anpreisen. Hier genügt es, den Verkäufer per Mail darüber zu informieren, dass eine verspätete Lieferung nach dem 24. Dezember keine Erfüllung mehr darstellt, und gegebenenfalls um Rücksprache zu bitten. Im Idealfall untermauern das Screenshots vom Angebot oder eine Kopie der Bestellbestätigung mit dem Lieferdatum.
Haben Verbraucher neben dem Recht auf Erstattung des Kaufpreises auch ein Recht auf Schadensersatz, wenn bei coronabedingten Lieferproblemen ein Produkt nicht geliefert werden kann?
Grundsätzlich haben geprellte Käufer ein Recht auf Schadensersatz. Allerdings muss dieser laut Gesetz genau bestimmbar und kausal sein. Ein Argument wie ‚Es lagen keine Weihnachtgeschenke unterm Baum‘ genügt nicht. Wer welche Ansprüche erheben kann, gilt es im Einzelfall genau zu prüfen.
Wie sieht es bei Käufen im Ausland, beispielsweise in China, aus?
Welches Recht Anwendung findet, hängt vom Einzelfall ab. Neben den AGBs spielt hier auch das Internationale Privatrecht (IPR) eine Rolle. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, wirft vor dem Kauf nicht nur einen Blick auf die Zahlungsmodalitäten und Bewertungen, sondern auch ins Impressum. Oft haben chinesische Händler eine Gesellschaft innerhalb der EU in Spanien oder Luxemburg gegründet, was es im Streitfall einfacher macht, mögliche Forderungen, wenn nötig auch gerichtlich, durchzusetzen. Grundsätzlich ist es aber bei Onlinegeschäften außerhalb der EU unbedingt ratsam, nicht in Vorleistung zu gehen. Nach chinesischem Prozessrecht Forderungen in China geltend zu machen, ist praktisch aussichtslos.
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