Unwirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots

Zwischen einer Vertriebsgesellschaft und einem Handelsvertreter kam es zu Streitigkeiten über verschiedene Ansprüche im Zusammenhang mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot.

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Anlass war folgende im Handelsvertretervertrag vorgesehene vertragliche Regelung der Parteien: Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft Vermögensberater, andere Mitarbeiter oder Kunden abzuwerben oder dies alles auch nur zu versuchen.

Bei einer Zuwiderhandlung sollte eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 Euro gezahlt werden.

Während der gemeinsamen Zusammenarbeit hatte der Handelsvertreter verschiedene Finanzdienstleistungen für die Vertriebsgesellschaft vermittelt, insbesondere gewerbliche und private Finanzierungen, eine Vielzahl von Spar- und Anlageprodukten sowie Versicherungsverträge und Bausparverträge.

Nach der ordnungsgemäßen Beendigung des Handelsvertretervertrages durch den Handelsvertreter machte die Vertriebsgesellschaft einen Verstoß gegen die Vertragsvereinbarung geltend.

Der Handelsvertreter sollte vier Kunden, die Versicherungsverträge über die Vertriebsgesellschaft abgeschlossen hatten, zur Kündigung beziehungsweise zur Änderung ihrer bestehenden Verträge animiert haben.

Aus diesem Grund verlangt die Vertriebsgesellschaft von dem Handelsvertreter Auskunft, wann und welche Kunden er zu ähnlichen Handlungen veranlasst hat. Für diese Fragstellung war allerdings mitentscheidend, ob das nachträgliche vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot wirksam ist.

Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass zwischen den Parteien vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam ist, weil es gegen das Transparenzgebot gem. § 307 BGB verstößt. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu, den Regelungsgehalt einer Klausel möglichst klar und überschaubar darzustellen.

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Zudem verlangt das aus dem Transparenzgebot abgeleitete Bestimmtheitsgebot, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann.

Der Verwender muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen also so genau beschreiben, dass keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Abzustellen auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Der BGH sah die vorgenannten Grundsätze bei der zu prüfenden Klausel verletzt. Es sei nicht genau ersichtlich, welche Personen unter den verwendeten Begriff der „Kunden“ fallen sollen.

Es sei bereits nicht hinreichend klar, ob mit „Kunden“ sämtliche Personen gemeint sind, die Verträge mit Produktpartnern der Vertriebsgesellschaft abgeschlossen haben, oder nur solche Personen, die derartige Verträge aufgrund einer dem Handelsvertreter zuzurechnenden Vermittlungstätigkeit abgeschlossen haben.

Weiter sei nicht hinreichend klar, ob sich das Verbot auch auf Personen erstreckt, die erst nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, aber binnen des Zeitraums von zwei Jahren nach dieser Beendigung Verträge mit Produktpartnern der Vertriebsgesellschaft geschlossen haben.

Außerdem ist für einen durchschnittlichen Handelsvertreter der Vertriebsgesellschaft auch nicht hinreichend klar, ob die Klausel dem Handelsvertreter nur verbietet Kunden zur Beendigung bestehender Verträge mit Produktpartnern der Vertriebsgesellschaft zu raten oder aber ihm auch die bloße Neuvermittlung von weiteren Verträgen an diese Kunden, ohne dass deren bestehende Verträge tangiert werden, untersagt ist.

Fazit

Der BGH legt in seinem Urteil strenge Maßstäbe an die rechtliche Wirksamkeit von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten an. Aus Handelsvertretersicht ist dies durchaus zu begrüßen, da dies den nachvertraglichen Wettbewerb stärkt.

Allerdings ist auch zu beachten, dass es stets auf die genaue Formulierung der einzelnen Klausel ankommt. Unterschiede können sich auch dadurch ergeben, in welchem Rahmen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot vereinbart wurde – als Individualvereinbarung oder aber als AGB.

Da entsprechende Klauseln oft mit einer Vertragsstrafenregelung kombiniert werden, kann daher nur geraten werden, gegen solche Klauseln nicht mutwillig im Vertrauen auf deren Unwirksamkeit zu verstoßen, sondern zunächst einen im Handelsvertreterrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren.

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