Trainingsfahrt von Radfahrern: Wer haftet bei einem Unfall?

Trainingsfahrt von Radfahrern: Wer haftet bei einem Unfall?
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Bei Wettbewerben und sportlich angelegten Trainingsfahrten gibt es bei Unfällen einen Haftungsausschluss. Allerdings gilt dieser nicht, wenn sich zum Unfallzeitpunkt die Teilnehmergruppe bereits auseinandergezogen hatte und eine ruhige Phase der gemeinsamen Ausfahrt eingetreten war. In diesem Fall muss der Verursacher des Unfalls Schadensersatz zahlen. Dies urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt.

Der Kläger, der Beklagte und 15 weitere Teilnehmer nahmen an einer Fahrradtour teil. Ein Streckenabschnitt wies ein Gefälle auf. Der Kläger fuhr neben einem anderen Teilnehmer, als der Beklagte versuchte, diese beiden Teilnehmer zu überholen. Er musste dafür auf den linken unbefestigten Seitenstreifen ausweichen und berührte dabei den neben dem Kläger Fahrenden. Es kam zu einer Kettenreaktion, die Radfahrer stürzten. Der Kläger schleuderte gegen einen Baum, zog sich erhebliche Verletzungen zu. Er verlangte Schadensersatz vom Unfallverursacher.

Keine typische sportliche Trainingsfahrt

Die Haftung ist nur ausgeschlossen, wenn sich das typische Risiko der gemeinsamen Trainingsfahrt im Pulk, im Windschatten mit geringem Abstand der hintereinander und nebeneinander fahrenden Teilnehmer realisiert. In diesem Fall war dies aber nicht so. Deswegen der Kläger dem Urteil des Oberlandesgerichts zufolge einen Anspruch auf Schadensersatz wegen des Unfalls. Mit dem fehlenden Sicherheitsabstand hat der Unfallverursacher die erforderliche Sorgfalt missachtet. Der Platz am linken Fahrbahnrand reichte für ein Überholen nicht aus. Selbst nach den eigenen Angaben des Beklagten hat der Abstand zum Lenker des anderen maximal 48 cm betragen. Wenn zudem noch berücksichtigt wird, dass die Körperbreite eines erwachsenen Mannes nicht mit der Lenkerbreite eines Rennrades identisch ist, war der Abstand tatsächlich noch geringerer. Zudem ist beim Überholen mit Schlenkern zu rechnen.

Grundsätzlich ist bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotenzial davon auszugehen, dass es keine Haftung bei einem Unfall gibt. Hintergrund hierfür ist, dass jeder Teilnehmer durch die typischen Risiken in gleicher Weise betroffen ist und es mehr oder weniger vom Zufall abhängt, ob er zu Schaden kommt oder anderen Schaden zufügt.

Diese Grundsätze gelten grundsätzlich auch beim Radfahren im Pulk bei einer Trainingsfahrt. Allerdings hat diese Situation hier nicht mehr vorgelegen. Zum Unfallzeitpunkt hat sich die Teilnehmergruppe bereits auseinandergezogen. Damit ist eine ruhige Phase der gemeinsamen Ausfahrt eingetreten. Ziel der Trainingsfahrt war es gewesen, schnell auf den Berg zu kommen und entspannt wieder herunterzurollen.

Urteil vom 12. März 2020 (Oberlandesgericht Frankfurt, AZ. 1 U 31/19)

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