Globale Alterung als Gamechanger: Versicherer müssen umdenken – technologisch und strategisch
Der demografische Wandel wird die Versicherungsbranche in den kommenden Jahrzehnten weltweit grundlegend verändern. Der „World Property and Casualty Insurance Report 2025“ des Capgemini Research Institute zeigt, wie steigende Altersquoten, verändertes Kundenverhalten und komplexere Risikolagen Versicherer zum Umdenken zwingen. Vor allem Schaden- und Unfallversicherer (P&C) müssen ihre Geschäftsmodelle neu ausrichten – mit Hilfe von Technologie, präventiven Produkten und einer klaren Strategie.
Ein zentraler Befund: Die Altersabhängigkeitsquote – also das Verhältnis von Senioren zu Erwerbstätigen – steigt bis 2050 global von 16 auf 26 Prozent. Ohne Afrika sogar auf 31 Prozent. Damit wird die wirtschaftliche Basis für die Finanzierung von Renten, Gesundheitsleistungen und Versicherungen zunehmend schmaler.
Gleichzeitig verändert sich das Konsumverhalten: Weniger Investitionen in Immobilien, mehr Ausgaben für Reisen, Komfort und Dienstleistungen. 45 Prozent der Befragten planen laut Studie, ihre Ausgaben für Lifestyle zu erhöhen. 70 Prozent wollen hingegen keine zusätzlichen Häuser kaufen oder ausbauen.
Diese Trends führen zu neuen Anforderungen an Versicherungsschutz. So rücken präventive, modular aufgebaute Produkte und altersfreundliche Servicemodelle stärker in den Fokus. Mobilitätsversicherer etwa müssen auf Carsharing und geteilte Nutzungskonzepte reagieren. Wohngebäudeversicherer brauchen Lösungen für kleinere, mehrgenerationale Haushalte. Gewerbeversicherungen müssen automatisierte Prozesse und demografisch veränderte Risikoprofile berücksichtigen.
Capgemini betont, dass vernetzte Risiken – insbesondere durch Klimawandel, Urbanisierung und digitale Transformation – künftig das Verlustpotenzial deutlich erhöhen werden. Versicherer seien daher gefordert, Klimarisikodaten und prädiktive Analysen in ihre Entscheidungsprozesse zu integrieren.
Trotz hoher Einsicht in die Notwendigkeit dieser Transformation – 88 Prozent der befragten Versicherer sehen fortgeschrittenes Underwriting als entscheidend – verfügen nur 17 Prozent über die notwendigen technologischen Voraussetzungen.
Die Studie formuliert drei zentrale Handlungsempfehlungen:
- Fokus auf verändertes Kundenverhalten: Versicherer sollten regionale Vertriebs- und Servicemodelle anpassen, altersgerechte Touchpoints schaffen und digitale wie persönliche Beratung kombinieren.
- Transformation des Betriebsmodells: Der Umbau von IT-Infrastruktur, KI-gesteuerte Prozesse und die Automatisierung interner Abläufe gelten als Schlüssel zur Effizienz und Zukunftsfähigkeit.
- Risikosteuerung und Resilienz: Echtzeitdaten, prädiktive Analysen und dynamische Portfolioanpassungen müssen stärker genutzt werden, um Risiken besser zu erkennen und zu managen.
„Wir sehen eine doppelte Herausforderung“, erklärt Florian Gmach, Senior Director Insurance bei Capgemini Invent: „Einerseits altert die Kundschaft – mit eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen. Andererseits droht der Branche ein personeller Aderlass, der ohne technologische Kompensation kaum aufzufangen ist. Genau hier liegt das Potenzial für KI und datengetriebenes Underwriting.“
Über die Studie
Für den World Property & Casualty Insurance Report 2025 hat das Capgemini Research Institute drei Hauptquellen untersucht: die globale Kundenbefragung 2025 bei der 5.016 Kunden von Sach- und Haftpflichtversicherungen in 13 Ländern befragt wurden, die globale Befragung von Versicherungsführern 2025 inklusive Interviews mit 274 Führungskräften führender Sach- und Haftpflichtversicherungsunternehmen aus 15 Märkten und die globalen makroökonomischen Prognosen 2025, die in Zusammenarbeit mit einem führenden Makro-Ökonomen erstellt wurden und Erkenntnisse aus 11 Märkten bieten, die alle drei Weltregionen repräsentieren.
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