BDI-Präsident Leibinger warnt vor US-Abhängigkeit von europäischer Industrie – und fordert entschlossene EU-Handlungslinie

In einem Interview mit der Funke-Mediengruppe hat der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm Leibinger, auf die weitreichende industrielle Abhängigkeit der Vereinigten Staaten von Europa hingewiesen. Besonders betroffen seien Schlüsselbereiche wie der Maschinenbau und die Prozess-Sensorik – zentrale Elemente für industrielle Produktion und Infrastruktur.

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Leibingers Aussagen sind nicht nur Ausdruck industriepolitischer Sorgen, sondern auch ein deutlicher Fingerzeig in Richtung Brüssel und Washington.© BDI/ Jana Legler

Europäische Technologie als Rückgrat der US-Produktion

Leibinger hob hervor, dass es „im Grunde keine amerikanischen Hersteller für Werkzeugmaschinen mehr“ gebe. Stattdessen basierten etwa 70 Prozent der in den USA gefertigten Präzisionsteile auf Maschinen europäischen – vor allem deutschen – Ursprungs. Dies verdeutliche die industrielle Verwobenheit und die technologische Dominanz Europas in diesem Sektor.

Ein ähnliches Bild zeigt sich laut Leibinger bei der Prozess-Sensorik – eine Schlüsseltechnologie, die in komplexen industriellen Anlagen wie Raffinerien und Pharmawerken zum Einsatz kommt. Auch hier seien es europäische, häufig deutsche Unternehmen, die den Weltmarkt dominierten. Die USA seien in dieser Hinsicht stark auf europäische Zulieferungen angewiesen.

Forderung nach strategischem Geschick im Zollkonflikt

Mit Blick auf den aktuell wieder aufflammenden transatlantischen Zollkonflikt mahnt Leibinger zu strategischem Augenmaß. Der BDI-Präsident forderte, den Vereinigten Staaten gezielte Angebote zu unterbreiten, um eine Eskalation zu vermeiden. Gleichzeitig müsse sich die Europäische Union jedoch nicht nur ihrer möglichen Gegenmaßnahmen bewusst sein, sondern bereit sein, diese „notfalls auch anzuwenden“. Dies sei notwendig, um auf Augenhöhe zu verhandeln und die wirtschaftlichen Interessen Europas zu wahren.

Einordnung

Leibingers Aussagen sind nicht nur Ausdruck industriepolitischer Sorgen, sondern auch ein deutlicher Fingerzeig in Richtung Brüssel und Washington. Die komplexen wirtschaftlichen Verflechtungen machen eine Abkopplung – wie sie in protektionistischen Tendenzen gelegentlich anklingt – kaum realistisch. Vielmehr müsse es darum gehen, partnerschaftliche Beziehungen auf Augenhöhe zu gestalten, ohne sich erpressbar zu machen.

Die Aussagen des BDI-Präsidenten unterstreichen, wie sehr Europas wirtschaftliche Stärke – besonders in Hightech-Nischen – als geopolitisches Gewicht in die Waagschale geworfen werden kann und sollte.

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