Noch nie seit Gründung der Schlichtungsstelle haben sich so viele Versicherte beim Ombudsmann beschwert wie 2024. Besonders betroffen: Kfz- und Rechtsschutzversicherungen. Doch auch die Bearbeitungsdauer der Verfahren steigt – und die Kommunikation der Versicherer steht zunehmend in der Kritik.
Die Zahl der Beschwerden bei der Ombudsstelle für Versicherungen hat 2024 einen neuen Höchststand erreicht. Insgesamt 21.548 Anliegen gingen ein, davon 15.659 als zulässig bewertet – ein Anstieg um 19,5 Prozent (gesamt) bzw. 18,6 Prozent (zulässig) im Vergleich zum Vorjahr. Für den meisten Ärger sorgten Kfz- und Rechtsschutzversicherungen. Parallel legt der Geldratgeber Finanztip offen, warum viele Probleme vermeidbar wären – und welche Fallen Kunden kennen sollten.
Beschwerden nehmen zu – Bearbeitung dauert länger
Wie der aktuelle Jahresbericht der Versicherungsombudsfrau zeigt, verzeichnete die Verbraucherschlichtungsstelle die höchsten Fallzahlen seit ihrer Gründung im Jahr 2001. Besonders auffällig: Beschwerden über eine fehlende oder unzureichende Kommunikation mit dem Versicherer nehmen stark zu. Nicht selten werden Entscheidungen gar nicht oder nur unklar begründet. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer aller Unternehmensbeschwerden stieg auf 68,3 Tage (Vorjahr: 57,6 Tage), bei zulässigen Beschwerden sogar auf 85,9 Tage (2023: 72,2 Tage).
Kfz und Rechtsschutz vorne bei Beschwerden
Die meisten zulässigen Beschwerden betrafen Kfz-Versicherungen (Haftpflicht und Kasko): 3.554 Fälle, ein deutlicher Anstieg gegenüber 2.407 im Vorjahr. Hauptgrund ist laut Finanztip die Einstufung in falsche Schadenfreiheitsklassen nach einem Anbieterwechsel – etwa wenn Rabattschutz oder Sonderregelungen nicht übernommen werden. Auch bei Rechtsschutzversicherungen legten die Beschwerden zu (2.936 nach 2.637). Hier geht es häufig um abgelehnte Leistungen nach Datenpannen oder fehlender Wartezeit.
Mehr Transparenz gefordert
Die Ombudsstelle weist darauf hin, dass viele Beschwerden mit besserer Kommunikation vermeidbar wären. Auch Finanztip-Chefredakteur Saidi Sulilatu betont, wie wichtig es ist, Versicherungsbedingungen sorgfältig zu prüfen. Bei der Kfz-Versicherung rät er, sich nicht auf Werbeversprechen wie "Rabattschutz" zu verlassen, sondern Tarife über Vergleichsportale und Direktversicherer wie HUK24 gezielt zu vergleichen. Im Rechtsschutzbereich sollten Kunden frühzeitig abschließen und Wartezeiten beachten.
Verbraucherschlichtung gewinnt an Bedeutung
Die Erfolgsquote von Schlichtungsanträgen lag 2024 bei 52,4 Prozent (ohne Lebensversicherung), in der Lebensversicherung bei 34,4 Prozent. In über 80 Prozent der Fälle ging es um Streitwerte bis zu 5.000 Euro. Die Ombudsfrau sieht den Dialog mit Versicherern auf einem guten Weg, warnt aber gleichzeitig vor wachsender Frustration auf Seiten der Verbraucher. Die Zahlen belegen: Die Versicherungsbranche steht vor der Aufgabe, Vertrauen nicht nur durch Policen, sondern auch durch bessere Kommunikation und transparente Prozesse zu stärken.
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