Die Nominalzins-Illusion: Warum die Deutschen zu zinsverliebt sind

Über 10 Billionen US-Dollar sind weltweit in zinstragende Einlagen, wie Geldmarktfonds oder Festgeldkonten, angelegt. Das ist keine gute Strategie, um sein Vermögen zu erhalten, geschweige denn auszubauen, argumentiert Thomas Meier, Portfoliomanager bei MainFirst. Trotz der geopolitischen Unsicherheiten gebe es kein Vorbeikommen an den Aktienmärkten.

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Sind die Deutschen zu 'zinsverliebt'? Man sollte sich nicht allein durch die trügerische Sicherheit der Nominalzinsen leiten lassen, so Thomas Meier, Portfoliomanager bei MainFirst.DALL-E

Laut der Bundesbank wächst das Bargeldvermögen der privaten Haushalte rapide an, so wurde im ersten Quartal 2024 der größte Zuwachs bei Termineinlagen innerhalb von drei Monaten seit 1991 verzeichnet. „Betrachtet man die Vermögensallokation insgesamt, so machen Bargeld und Einlagen laut Bundesbank 41 Prozent des Geldvermögens der privaten Haushalte in Deutschland aus“, erläutert Meier. In der gesamten Eurozone liege der Schnitt bei etwa 35 Prozent.

Warum der „sichere Hafen“ gar nicht so sicher ist

Vor dem Hintergrund der anhaltenden globalen Unsicherheiten würden diese „sicheren Häfen“ zwar kurzfristig eine attraktive Investitionsgelegenheit darstellen, tatsächlich entpuppten sich die nominal hohen Zinsen real betrachtet jedoch als Illusion: „Die eingeleitete Zinswende durch die Europäische Zentralbank und die Federal Reserve nimmt einen signifkanten Anteil dieser Attraktivität wieder weg – insbesondere gegenüber den Aktienmärkten“, so Meier. Die zehnjährige deutsche Staatsanleihe werfe eine Rendite von 2,3 Prozent ab, weshalb einem Investor in Deutschland inflationsbereinigt gerade einmal 0,6 Prozent Rendite bleiben würden. Auch in den USA deute sich ein ähnlich mageres Bild an. „Vor dem Hintergrund von schwächeren globalen Wachstumsraten, zwar aktuell fallenden Teuerungsraten sowie abnehmenden Zinsniveaus, ergibt sich ein unzureichendes Investitionsprofil zum realen Erhalt des Vermögens“, betont Meier. „Zumal davon auszugehen ist, dass die Inflation strukturell auf einem erhöhten Niveau verharren wird. Gründe dafür sind die demografische Entwicklung, drohende Zollkonflikte sowie nachhaltig steigende Kosten bei Rohstoffen.“

Kurswechsel: Umschichtung in Richtung Aktien

Früher oder später werde den Investoren klar werden, dass die Allokation trotz erhöhter Sparbemühungen geändert werden müsse, um allein die Kaufkraft des Vermögens als Sparziel erreichen zu können.
Es sei zu erwarten, dass Investoren in Aktien umschichten, besonders aus Geldmarktfonds und Tagesgeldguthaben. „Diese enormen Anlagesummen werden bei fortschreitender monetärer Lockerung durch die Notenbanken einem Investitionsdruck unterliegen und dies dürfte die Aktienmärkte positiv beeinflussen“, resümiert Meier.

Dividendentitel als Lösung für vorsichtige Anleger

Insbesondere Dividendentitel und -fonds dürften dann an Attraktivität gewinnen. Ihr konservativer Ansatz gepaart mit Ausschüttungen, die über der Inflationsrate und den Zinsen liegen, biete Anlegern eine Alternative zu klassischen Rentenpapieren. „Investoren sollten daher eine langfristige Strategie verfolgen, die auf realen – das heißt inflationsbereinigten – Renditeerwartungen basiert und sich nicht allein durch die trügerische Sicherheit der Nominalzinsen leiten zu lassen“, bilanziert Meier. Nur so lasse sich das Vermögen langfristig vor Entwertung schützen.

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