Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich für zusätzliche Steuerzuschüsse in der Sozialen Pflegeversicherung ausgesprochen. Wie teuer die Stabilisierung des Beitragssatzes die Steuerzahler kommen würde, zeigen aktuelle Berechnungen des WIP.
Bis Ende Mai soll eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eingesetzte Expertenkommission Vorschläge zur künftigen Finanzierung der Pflegeversicherung vorlegen. Wie der Bundesgesundheitsminister die finanzielle Schieflage der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) lösen würde, teilte Lauterbach bereits diese Woche mit. „Ich persönlich glaube, dass wir hier langfristig auch ohne eine bessere steuerfinanzierte Absicherung der Pflegeversicherung nicht hinkommen werden. Es kann nicht alles über Beitragssätze finanziert werden“, sagt Lauterbach zur Eröffnung der Essener Messe ALTENPFLEGE.
Kein Spielraum für zusätzliche Steuerzuschüsse
Lauterbachs Äußerungen sind brisant. Schon heute belastet der Streit um die Ausrichtung des Bundeshaushalts die Zusammenarbeit der Ampel-Koalition. Im Zuge der notwendigen Einsparungen im Haushaltsfinanzierungsgesetz 2023 hatte die Koalition den Bundeszuschuss an die SPV von zuvor 1 Mrd. Euro für die Jahre 2024 bis 2027 ausgesetzt und die Zuführung zum Pflegevorsorgefonds gekürzt. Für zusätzliche Zuschüsse gibt es im Bundeshaushalt also schon heute keinen Spielraum mehr.
Massive Belastungen für die Steuerzahler
Das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) hat dennoch ausgerechnet, wie hoch die Steuerzuschüsse an die Soziale Pflegeversicherung ausfallen müssten, um die Beitragssätze stabil zu halten. Die Auswirkungen für den Haushalt wären massiv. Alleine aufgrund der demografischen Alterung müsste der Steuerzuschuss bis zum Jahr 2030 auf 5,0 Mrd. € pro Jahr ansteigen. In der Summe der kommenden Jahre von 2025 bis 2030 müssten die Steuerzahler einen Gesamtbetrag von 18,5 Mrd. € schultern. Tendenz weiter steigend – bis 2040 wären dafür pro Jahr schon 20,5 Mrd. € aus dem Bundeshaushalt nötig.
Schwerwiegender als dieses Basisszenario ist jedoch das sogenannte „RETRO 20-Szenario“ des WIP. Es geht davon aus, dass sich das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben der SPV in den nächsten Jahren weiter so entwickelt wie im Durchschnitt der letzten 20 Jahre. (Zwischen 2002 und 2022 nahmen die beitragspflichtigen Einnahmen der SPV je Mitglied um durchschnittlich 2,0 Prozent im Jahr zu, während die Ausgaben je Versicherten um 5,7 Prozent im Jahr wuchsen.) In diesem Szenario müsste der Steuerzuschuss an die SPV bis 2030 bereits 21,0 Mrd. € pro Jahr betragen. In der Summe der kommenden Jahre von 2025 bis 2030 würde dann ein Gesamtbetrag von 70,8 Mrd. € aus dem Bundeshaushalt benötigt.
Sozialpolitik auf Pump geht auf Kosten der Generationengerechtigkeit
„Die Flucht in zusätzliche Bundeszuschüsse zur Pflegeversicherung bedeutet im Klartext: zusätzliche Schulden. So eine Sozialpolitik auf Pump würde der nachfolgenden Generation noch höhere Lasten aufdrücken. Das ist unverantwortbar“, sagt PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther. „Die Politik muss sich endlich ehrlich machen: Ohne mehr kapitalgedeckte Pflegevorsorge werden in unserer alternden Gesellschaft die Beitragszahler und der Bundeshaushalt total überfordert. Deshalb empfehlen viele Wissenschaftler eine kapitalgedeckte Pflegezusatzversicherung."
Themen:
LESEN SIE AUCH
Steigende Pflegekosten absichern
Für das Demografie-Problem der Pflege gibt es stabile Lösungen durch eine kapitalgedeckte Vorsorge. Die Preis-Leistungs-Analyse von Assekurata zu den Pflegezusatzversicherungen ergibt: Eigenanteile an den Pflegekosten lassen sich zu moderaten Beiträgen absichern.
Private Vorsorge schützt vor steigenden Pflegekosten
Rund 2.400 Euro pro Monat müssen Pflegebedürftige heute für die stationäre Versorgung aus der eigenen Tasche zahlen – Tendenz steigend. Doch dieser Entwicklung sind sie nicht schutzlos ausgeliefert. Ihnen stehen schon heute gute Lösungen für die private Vorsorge zur Verfügung.
Belastungen in Milliardenhöhe: Obergrenze bei Pflegekosten finanziell nicht tragbar
Die Pflegekosten in Deutschland sind auch 2024 stark gestiegen. Deshalb erwägt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Pflegeheimbewohner mit einer Deckelung der Eigenanteile zu entlasten. Neue Berechnungen zeigen, dass diese Obergrenze gravierende Kosten verursachen würde.
Pflege-Finanzausgleich? Griff nach längst gescheitertem Rezept aus der Mottenkiste
Die Rufe nach einem Finanzausgleich zwischen der umlagefinanzierten Sozialen Pflegeversicherung und der kapitalgedeckten Privaten Pflegepflichtversicherung zeigen, dass die SPV kein eigenes Konzept zur Lösung der demografischen Herausforderungen hat. Benötigt wird eine Strukturreform – mit mehr Eigenvorsorge und Generationengerechtigkeit.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
"Wir müssen eine Pflegevollversicherung prüfen"
Die CSU-Fraktion verabschiedet eine Resolution mit einem 12-Punkte-Plan zum Thema Pflege: Pflege soll mit einem besonderen Fokus auf die Leistungen der pflegenden Angehörigen zukunftssicher aufgestellt werden.
Pflegende Angehörige fordern: Finanzierung der Pflegeversicherung nicht auf unsere Kosten
Der Bericht der Bundesregierung "Zukunftssichere Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung" befeuert die Diskussion um die nachhaltige Finanzierung des Pflegesystems. In einer Stellungnahme äußert der Bundesverband wir pflegen e.V. erhebliche Bedenken über die Tauglichkeit, der im Bericht dargelegten Überlegungen als Grundlage für eine nachhaltige, zukunftssichere Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung.
AOK veröffentlicht Positionspapier zur Weiterentwicklung der Pflege
Immer mehr Pflegebedürftige, ein anhaltender Fachkräfteengpass, strapaziöse Arbeitsbedingungen: die Herausforderungen für die Soziale Pflegeversicherung (SPV) sind groß. Vor diesem Hintergrund hat der AOK-Bundesverband ein Positionspapier veröffentlicht. Im Mittelpunkt stehen grundlegende Strukturreformen um die Pflege vor Ort zu stärken, sie bedarfsgerechter und effizienter zu gestalten.
AXA integriert Pflege-Assistance in die bKV
Ein Pflegefall kann für alle Beteiligten eine große Herausforderung und emotionale Belastung sein. Für versicherte Mitarbeitende und deren Angehörige bietet AXA im Firmenkundengeschäft den Zusatz- Baustein „Pflege-Assistance“ an.