Obwohl die Leitzinsen seit fast sechs Monaten auf einem Rekordhoch stehen, zahlt gut ein Fünftel aller Banken und Sparkassen nach wie vor entweder gar keine oder allenfalls Niedrigzinsen von maximal einem Viertelprozent aufs Tagesgeld. 1 Prozent und mehr erhalten Sparer nur bei 30 Prozent aller Banken. Das zeigt eine aktuelle Zinsanalyse des Vergleichsportals Verivox.
Nullzinsen bei mindestens 57 Banken und Sparkassen
Von insgesamt 758 ausgewerteten Kreditinstituten bieten 57 noch immer keine Verzinsung auf dem Tagesgeldkonto. Weitere 102 Geldhäuser zahlen ihren Kundinnen und Kunden lediglich sehr geringe Zinsen zwischen 0,01 und 0,25 Prozent. In Summe zahlt somit noch immer mehr als ein Fünftel (21 Prozent) aller Banken nur Null- oder Niedrigzinsen für Tagesgeldanlagen.
„Seit knapp einem halben Jahr befindet sich der EZB-Einlagezins auf einem Allzeit-Hoch von 4 Prozent. So viel streichen die Kreditinstitute selbst ein, wenn sie Spargelder ihrer Kunden bei der Europäischen Zentralbank parken. Doch noch immer kommt davon bei vielen Tagesgeldanlegern wenig bis gar nichts an“, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH.
Null- und Niedrigzinsen vor allem bei Regionalbanken
Im regionalen Sektor sind Sparer besonders häufig von Null- und Niedrigzinsen betroffen. Am größten ist der Anteil mit 25 Prozent bei den regionalen Genossenschaftsbanken. Dazu zählen die örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie die PSD- und Sparda-Banken. Von insgesamt 353 ausgewerteten Banken dieses Segments bieten 33 gar keine Verzinsung und 54 lediglich Niedrigzinsen bis maximal 0,25 Prozent.
Etwas niedriger ist der Anteil unter den 319 ausgewerteten Sparkassen. Insgesamt 21 Prozent der öffentlich-rechtlichen Geldhäuser zahlen entweder keine Tagesgeldzinsen (23 Institute) oder gewähren nur eine Mini-Verzinsung in Höhe von einem Viertelprozent oder weniger (45 Institute).
Nur jede vierte Regionalbank zahlt mindestens 1 Prozent
Unter den insgesamt 86 bundesweit aktiven Banken in der Verivox-Auswertung sind Null- und Niedrigzinsen die Ausnahme. In diesem Segment bietet nur eine Bank keine Verzinsung, drei weitere zahlen zwischen 0,01 und 0,25 Prozent. Vier von fünf (81 Prozent) Geldhäuser mit bundesweit verfügbaren Sparprodukten offerieren einen Tagesgeldzins von mindestens 1 Prozent.
Zum Vergleich: Bei den Sparkassen (23 Prozent) und den örtlichen Genossenschaftsbanken (24 Prozent) erreicht nicht einmal jedes vierte Institut die 1-Prozent-Marke. „Es mag verständlich sein, dass regionale Kreditinstitute mit einem teuren Filialnetz nicht die höchsten Zinsen im gesamten Markt anbieten. Doch dass in der aktuellen historischen Hochzinsphase bei der großen Mehrheit der Volksbanken und Sparkassen nicht einmal 1 Prozent drin sind, ist aus Sicht der Sparer nur noch schwer nachzuvollziehen“, sagt Oliver Maier.
Festgeldzinsen sinken bereits, Tagesgeld stagniert
Wer bislang kaum Tagesgeldzinsen erhält, hat ohne einen Wechsel der Bank wenig Aussicht auf Besserung. In der Breite des Marktes ist der Zinsanstieg beim Tagesgeld bereits nahezu zum Stillstand gekommen. In allen drei untersuchten Marktsegmenten stiegen die Durchschnittszinsen im Laufe des letzten Vierteljahres nur noch um homöopathische 0,04 Prozentpunkte. Wer 10.000 Euro Tagesgeld bei bundesweit aktiven Banken anlegt, erhält dafür im Schnitt aktuell 1,75 Prozent Zinsen. Sparkassen und Volksbanken zahlen durchschnittlich jeweils 0,62 Prozent.
„Die deutlich gesunkene Inflationsrate von zuletzt nur noch 2,5 Prozent erhöht den Druck auf die Währungshüter, ihre Geldpolitik wieder zu lockern. Für den Sommer rechnen wir mit einer ersten Leitzinssenkung“, sagt Oliver Maier. „Mittelfristig gehen wir deshalb auch beim Tagesgeld eher von sinkenden als von steigenden Zinsen aus.“
In ihren Festgeldkonditionen preisen die Banken die Aussicht auf sinkende Leitzinsen schon ein. Über alle Laufzeiten sind die Durchschnittszinsen in den letzten drei Monaten bereits spürbar gesunken. Bundesweit verfügbare Festgeldanlagen mit zwei Jahren Laufzeit bringen im Schnitt aktuell 2,91 Prozent, Anfang Dezember waren es noch 3,36 Prozent. Mit einem Rückgang von 3,17 auf aktuell noch 2,63 Prozent sind die Zinsen langfristiger Festgelder mit 5 Jahren Laufzeit sogar noch stärker gesunken.
Methodik: Für die Zinsanalysen hat Verivox die Konditionen von rund 800 Banken und Sparkassen für eine Anlagesumme von 10.000 Euro ausgewertet. Berücksichtigt wurden sämtliche Kreditinstitute mit Tages- und Festgeldangeboten, die ihre Zinsen frei zugänglich auf ihrer Website veröffentlichen – darunter befanden sich 758 mit mindestens einem Tagesgeldangebot. Einige Banken veröffentlichen ihre Zinsen nicht online – darunter möglicherweise auch weitere mit Null- und Niedrigzinsen.
Im regionalen Sektor wird zwischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken unterschieden. In beiden Institutsgruppen gibt es einzelne Häuser, die ihre Sparprodukte deutschlandweit anbieten und deshalb den bundesweit verfügbaren Angeboten zugeordnet wurden. Stichtag der Auswertungen ist der 1.3.2024.
Hintergrundinformationen: Festgeld-Auswertung vom 7.2.24: Zinsen sinken wieder unter 3 Prozent
Tages- und Festgeldangebote im Vergleich
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