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Die Zinswende hat zu einem deutlichen Rückgang im Immobilienfinanzierungsgeschäft der Lebensversicherer geführt. Die von ihnen ausgezahlten Kredite betrugen 2023 rund 7,8 Mrd. Euro und damit knapp zwölf Prozent weniger als ein Jahr zuvor (8,8 Mrd. Euro), wie neue Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigen. „Angesichts der gestiegenen Finanzierungskosten ist das Interesse der Privathaushalte am Immobilienkauf merklich zurückgegangen“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Begehrte Aufbauhilfe
Noch deutlicher zeigt sich dies in der Entwicklung der Darlehenszusagen. Das Volumen der von den Versicherern bewilligten, aber noch nicht ausgezahlten Kredite ging von 9 Mrd. Euro im Jahr 2022 auf 5 Mrd. Euro zurück – ein Minus von 44 Prozent. „Die Kreditzusagen sind ein guter Indikator für das künftige Finanzierungsgeschäft. Wir gehen deshalb für dieses Jahr von einem weiteren Rückgang der ausgezahlten Darlehen aus“, so Asmussen.
Nach Jahren steigender Nachfrage – begleitend von sinkenden Zinsen – befindet sich der Wohnimmobilienmarkt damit weiter in der Korrekturphase. 2021 – auf dem Höhepunkt des Booms – hatten die Lebensversicherer noch gut 10 Mrd. Euro an Hypothekenkrediten ausgezahlt. „Der Markt ist derzeit wie eingefroren“, so Asmussen. Potenzielle Käufer warteten auf niedrigere Zinsen, Verkäufer auf ein Ende der Preiskorrektur.
Weniger Neubauten – auch in der Finanzierung
Asmussen führt das schwächere Neugeschäft aber auch auf das geringe Neubauvolumen zurück – ebenfalls Folge der gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten: „Wenn Projektentwickler gar nicht erst bauen, kommen auch weniger Immobilien in den Verkauf.“ Die Zahlen der Versicherer nehmen die Entwicklung bereits vorweg: Von den 2023 neu zugesagten Krediten entfielen nur noch 14,4 Prozent auf den Wohnungsneubau, ein Jahr zuvor lag der Anteil noch bei 35,6 Prozent. Relativ an Bedeutung zugelegt hat dagegen der Handel mit bestehenden Wohnimmobilien – der Anteil an den Kreditzusagen kletterte innerhalb eines Jahres von 43,4 auf 73,4 Prozent. Ablösungen bestehender Finanzierungen machten im vorigen Jahr 12,2 Prozent aus, nach 21,0 Prozent 2022.
Einstürzende Neubauten
Verglichen mit Banken und Bausparkassen spielen die Lebensversicherer in der Wohnimmobilienfinanzierung nur eine kleine Rolle. Dennoch leistet der Sektor einen wichtigen Beitrag zur Vermögensbildung privater Haushalte. Denn während Banken zumeist Darlehen mit einer Laufzeit von bis zu 15 Jahren anbieten, können Versicherer problemlos auch Kredite mit einer Zinsbindung von 20 oder gar 30 Jahren vergeben. Der Grund: Kreditinstitute refinanzieren sich zumeist über kurzfristige Einlagen wie Girokonten und Termingelder, die Lebensversicherer können wegen der ausgedehnten Vertragslaufzeiten die Kundengelder dagegen viel langfristiger investieren. „Hypotheken passen gut zum Geschäftsmodell der Lebensversicherer“, so Asmussen.
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