Deutsche Autoindustrie zählt zu risikoreichen Branchen

Deutschlands Autobauer haben ihre weltweiten Absatzzahlen im Jahr 2023 durchweg gesteigert: Die Volkswagen Group um zwölf Prozent, die Mercedes-Benz Group um 1,5 Prozent und die BMW Group um 6,5 Prozent. Die Zulieferer dagegen kündigen Sparprogramme, Stellenabbau und Werksverkäufe an.

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Die Absatzzahlen sind trügerisch, die Situation der deutschen Automobilindustrie verschlechtert sich in diesem Jahr - insbesondere bei den Zulieferern, aber bald auch bei den Herstellern, dieses Fazit zieht Jens Stobbe, Risikoexperte und Automobilspezialist beim internationalen Kreditversicherer Atradius.

Nach Auswertung der dem Versicherer vorliegenden Fälle verzeichnete Atradius im Jahr 2023 gegenüber 2022 einen deutlich spürbaren Anstieg der Schadensfälle im Automotive-Zulieferbereich. Dieser liegt nach den Worten des Atradius-Managers im zweistelligen Prozentbereich, aber unter 20 Prozent. Schon im Jahr 2022 war die Anzahl an Insolvenzen im Zulieferbereich gestiegen. Das Vorkrisenniveau wurden laut Jens Stobbe im Laufe des Jahres 2023 erreicht. Grund für die Turbulenzen bei den Zulieferern sind die verhaltenen Aussichten seitens der Hersteller. "Die Zulieferer erkennen, dass ihre Planungen unsicherer werden und dass sie gegensteuern müssen", sagt Jens Stobbe. "Das wird die Insolvenzen unter den Zulieferern und der von ihnen verursachten Zahlungsausfälle weiter steigen lassen."

Trübe Aussichten für Zulieferer

Die Zulieferer hängen an den Absatzplanungen der Autobauer - und deren Aussichten trüben sich ein. Der eminent wichtige chinesische Markt schwächelt, der deutsche Markt wuchs im vergangenen Jahr zwar einstellig, doch europaweit war das Wachstum zweistellig. Die Hersteller profitierten 2023 zudem von Nachholeffekten, doch dieser Bestellpuffer sei nun abgebaut. "Die Zeit der Rabatte kehrt zurück", so Jens Stobbe. Belastend wirke zudem die gekippte Förderung für Elektroautos, die den Absatz in diesem Jahr deutlich ausbremsen dürfte. "Der wirtschaftliche Schaden dürfte größer sein als die Einsparungen durch die Subventionen", sagt der Automobilexperte und fügt hinzu: "Das Ziel von 15 Millionen E-Autos in Deutschland ist vor diesem Hintergrund völlig unrealistisch." Auch weil die Preise für E-Fahrzeuge für Privatkunden aktuell wenig attraktiv seien.

Bei den Tier-2- und Tier-3-Zulieferern war in den vergangenen Monaten ein Anstieg der Insolvenzen und Turbulenzen zu verzeichnen. Aktuelle Meldungen zahlreicher Tier-1-Zulieferer über Werkschließungen, Stellenstreichungen und massive Kostensenkungsprogramme legen nahe, dass die Krise nun auch diese Unternehmen voll erfasst hat. Jens Stobbe: "Wir erwarten, dass die Verkäufe der Hersteller im Jahr 2024 sinken werden. Als Folge davon dürfte auch die Zahl der Schadensmeldungen bei den Zulieferern in diesem Jahr weiter steigen."

Elektromobilität: China ist der große Profiteur

Was den Automobilexperten von Atradius derzeit im Hinblick auf die Elektromobilität große Sorge bereitet, ist die hohe Innovationsdichte in China. "An vielen Stellen ist der Vorsprung westlicher Automobilhersteller gegenüber China bereits verlorengegangen", so Jens Stobbe. Atradius rechnet damit, dass die Hersteller aus dem Reich der Mitte in naher Zukunft verstärkt mit günstigen E-Fahrzeugen auf den deutschen und europäischen Markt drängen werden. Damit würde der Anreiz zum Kauf eines E-Autos deutlich gesteigert. Der Vorteil chinesischer Hersteller sei dabei, dass sie Fehler schneller behöben und sich zügig den Marktgegebenheiten anpassten. Um dem entgegenzusteuern, müssten die heimischen Hersteller eine solide Nachfrage im Inland schaffen und den Entwicklungsansatz beherzigen, das beste Produkt produzieren zu wollen, ohne den Kundenwunsch zu aus dem Blick zu verlieren.

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