Robot Recruiting für die Mitarbeitersuche

Künstliche Intelligenz automatisiert und optimiert HR-Prozesse an vielen Stellen. Insbesondere im Recruiting kann KI dabei unterstützen, Bewerbungen schnell zu sichten und Job-Anwärter*innen eine qualifizierte Rückmeldung zu geben. Doch wo viele Chancen aufwarten, lauern Fallstricke im Verborgenen.

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Disruption fordert Innovation. Dennoch scheuen viele HR-Akteure bislang den Einsatz von KI-Tools in der Personalbeschaffung. Dabei erleichtert ein hoher bestehender Datafizierungsgrad im Recruiting-Prozess die Einführung der Emerging Tech in Theorie und Praxis. Die geringe Experimentierfreude des Personalmanagements kann Unternehmen schlimmstenfalls fähige Kandidat*innen kosten. Denn wenn es darum geht, Talente für sich zu gewinnen, ist der professionelle Bewerbungsprozess ein unterschätzter Dreh- und Angelpunkt.

Insbesondere Unternehmen mit hohem Mitarbeiterbedarf unterstützt KI dabei, Bewerbungen schnell zu sichten und Job-Anwärter*innen eine qualifizierte Rückmeldung zu geben. In Zeiten rar gesäter Talente am Arbeitsmarkt dürfen Unternehmen Ressourceneinsparungen durch den Einsatz von KI nicht auf Kosten der Candidate Experience erreichen – der Faktor Mensch bleibt als Bestandteil des Bewerbungsprozesses essentiell. An welchen Punkten im Recruiting KI-Tools einen Mehrwert bieten und welche Hürden Verantwortungstragende überwinden müssen, erläutert das folgende Listing.

1. Active Sourcing

Unternehmen aller Größen wetteifern um Fachkräfte und Nachwuchstalente. Wer nach dem Post-and-Pray-Prinzip lediglich Jobinserate veröffentlicht und auf Bewerbungen hofft, den lässt die Konkurrenz schnell alt aussehen. Vor allem mittelständische Firmen aktivieren enorme Potenziale durch die Ansprache passiver Kandidat*innen. Hier erleichtert Sparringspartner KI dem Recruiting, die passenden Personen für aktuell und künftig zu besetzende Stellen zu identifizieren oder den Talent Pool zu erweitern.

Per CV-Parsing liest die künstliche Intelligenz wesentliche Daten aus Online-Profilen aus. KI-basierte Matching-Anwendungen schlagen anhand konkreter Suchkriterien Talente vor, die mit den Anforderungen eines Jobprofils mehrheitlich übereinstimmen. „Viele der herkömmlichen Bewerbungsplattformen bringen längst nicht mehr die gewünschten Ergebnisse ein. Social-Plattformen wie LinkedIn hingegen liefern schnell hochwertige Kontakte. Der potenzielle Bewerberpool ist in solchen Netzwerken sehr groß – KI filtert die Profile und schreibt Personen individuell, auf deren Präferenzen abgestimmt, an“, erläutert Edgar Ehlers, Gründer und Geschäftsführer der agilen Strategieberatung ee factor. „Die immense Reichweite beschert als positiven Nebeneffekt auch dem eigenen Netzwerk Wachstum.“

2. Erstkontakt

Ein Chatbot generiert den Erstkontakt zu Kandidat*innen. Vielversprechende Profile ausfindig machen und per individueller Ansprache echte Kontakte knüpfen – ein Leichtes für entsprechende KI-Tools. Nichtsdestotrotz verlangt künstliche Intelligenz Stand heute nach engmaschigen Kontrollen:

„Die meisten KI-Lösungen sind neu am Markt und noch störanfällig. Ich empfehle jedem User die Ergebnisse der Systeme auf Richtigkeit zu prüfen, um Fehler schnellstmöglich zu evaluieren und zu beseitigen“, so Ehlers.

Viele Bewerbende stehen dem Einsatz von KI im Recruiting bislang kritisch gegenüber. Die Nutzung von künstlicher Intelligenz über den Erstkontakt hinaus sollte also wohldosiert geschehen und gegebenenfalls von Aufklärung durch das Recruiting begleitet sein. Der Faktor Mensch bleibt auch im Personalbeschaffungsmanagement unabdingbar.

3. Datenschutzauflagen

Kommt es zu personenbezogenen Daten von Job-Anwärter*innen, bestehen über die üblicherweise geltenden Datenschutzbestimmungen hinaus enge Vorschriften. Unterstützt und vereinfacht eine künstliche Intelligenz den Recruiting-Prozess, sollte Klarheit über die Rechtslage herrschen. So erkennen und umgehen Recruiter mögliche Fallstricke frühzeitig. Fundierte Informationen zur Funktion und Trainingsweise der KI-Lösung sind notwendig, um die Rechtssicherheit im Vorwege abzuschätzen.

Verarbeiten HR-Teams personenbezogene Daten mithilfe von KI, so muss für jeden Datenverarbeitungsvorgang eine sogenannte datenschutzrechtliche Erlaubnisnorm bestehen. Außerdem dürfen Recruiter nach dem Prinzip der Datenminimierung nur solche persönlichen Daten erheben und verarbeiten, die für die Erfüllung spezifischer Zwecke erforderlich sind.

4. Diskriminierungsrisiko

Künstliche Intelligenz beeinflusst die Chancengleichheit im Bewerbungsprozess positiv. Davon gehen ein Drittel der insgesamt 1.005 Befragten aus, die im Jahr 2022 an einer repräsentativen Studie der IU Internationalen Hochschule Erfurt teilnahmen. Intelligente Systeme fällen Entscheidungen grundsätzlich objektiv und frei von Vorurteilen. Doch im dichter werdenden Algorithmus-Dschungel lassen die selbstlernenden Systeme kaum Rückschlüsse auf die Quelle ihrer Ergebnisse zu.

Datenanalysen im Personalbeschaffungsprozess, durchgeführt von KI-Anwendungen, werfen deshalb ethische Fragen auf. Wie ist das Resultat eines Datenverarbeitungsprozesses zustande gekommen? Wer die Qualität der Trainingsdaten nicht kritisch hinterfragt, riskiert eine sogenannte stellvertretende Diskriminierung.

„War eine Gruppe in früheren Datensätzen überrepräsentiert, so bevorzugt die KI sie auch in Zukunft“, erklärt Agilist Ehlers. „Besetzte ein Unternehmen offene Stellen bislang mit primär männlichen Personen, so lernt das System aus der Datenbasis, Männer vorzugsweise einzustellen – und benachteiligt in der Konsequenz weibliche Kandidat*innen“, verdeutlicht der Autor seines Erstlingswerks „Digitale Ethik“ die bestehende Problematik.

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