Während die Solvenzen der deutschen Lebensversicherer steigen, sieht es bei der Handelsbilanz der deutschen Lebensversicherer schlecht aus. Ursachen sind Inflation und steigende Zinsen sowie die zu konservative Anlagepolitik.
Zielke Research Consult GmbH hat die Solvenzberichte deutscher Lebensversicherer analysiert
Selten haben Solvenzbilanzen und Handelsbilanzen ein so unterschiedliches Bild zur Situation der deutschen Lebensversicherer gezeichnet. Während die Solvenz blendend aussieht, bereiten hohe stille Lasten auf der Aktivseite einige Liquiditätssorgen. Der Anstieg der Zinsen hat nun die Versicherer begünstigt, die sich durch Solvency II nicht zu einem übertriebenen Anpassen der Kapitalanlagen an die Vertragsdauer der Kunden (dem sogenannten Asset-Liability-Matching) haben verleiten lassen.
Jahrelang hatten die äußerst niedrigen Zinsen den Lebensversicherungen Sorge gemacht. Zwar waren aufgrund besserer Konditionen mehr Kunden zu den Versicherern gekommen, da sie sich die höheren Zinsen sichern wollten, so bekommt man aktuell bei der Bank deutlich mehr Zinsen. Auf der anderen Seite sind Garantiezinsen beim derzeitigen Zinsniveau nicht mehr das Problem. Es geht eher darum, den Kunden durch attraktivere Verzinsungsmodelle bei der Stange zu halten, um keine stillen Lasten realisieren zu müssen, die die Eigenkapitalausstattung gefährden würden.
Dennoch sieht die Solvenz der deutschen Lebensversicherer gut aus. Die durchschnittliche ausgewiesene Solvenzquote verbessert sich von 458 Prozent (2021) auf 601 Prozent (2022). Die reine Quote (ohne Übergangsmaßnahmen, nicht eingezahltem Eigenkapital und Volatilitätsanpassung) erhöht sich immerhin von 265 Prozent auf 390 Prozent. Die niedrigste Quote liegt hier bei 71 Prozent. Wenn man dann noch die Überschüsse der Versicherten herausrechnet, liegt auch noch die niedrigste Solvenzquote im positiven Bereich, wenn auch nur knapp über Null.
Versicherer, die auf Aktien setzen, stehen besser da
2023 ist die Kapitalanlage für die Deutschen Lebensversicherer nicht einfacher geworden. Die geopolitische Lage und eine weiterhin überdurchschnittliche Inflation haben die Unsicherheiten auch an den Finanzmärkten weiter geschürt. Am meisten gelitten haben Immobilienprojektentwickler, von denen viele zahlungsunfähig geworden sind, was zu Abschreibungen führen dürfte.
Die Assekuranzen, die in ihrer Anlagepolitik auf Aktien setzen und somit auch das Marktrisiko in Kauf nehmen, stehen besser da als jene die kaum Marktrisiken eingehen. Der Kunde muss jetzt Angebote prüfen. Er muss prüfen, ob sein Versicherer in der Lage sein wird, ihm auf absehbare Zeit einen gewissen Inflationsausgleich bieten zu können.
Für die Versicherer hingegen stellt dies die Herausforderung dar, alternative Auszahlungspläne mit bankähnlichen Konditionen zu bieten. Eine Öffnung zu mehr Konkurrenz vor allem in der Ansparsphase könnte letztendlich auch die Rentenbezüge attraktiver machen. Ein Abschaffung des Verrentungszwangs wäre aber finanzpolitisch aus unserer Sicht gefährlich.
Erstmalig haben wir in unserer Solvenzbetrachtung eine Gesamtbepunktung inklusive Berücksichtigung von Transparenz und Solvencyposition vorgenommen. Dies soll dem Leser ein Gefühl geben, wie wir die Gesamtsituation und den Umgang mit Informationen beurteilen.
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