Die Ratingagentur Franke und Bornberg hat das Rating Private Krankenvollversicherung (PKV) einem umfassenden Relaunch unterzogen. Statt in drei Kategorien finden sich jetzt alle 739 untersuchten Tarife in einer einzigen Klasse wieder. Nur 13 Angebote (2 Prozent) erhalten die neue Höchstnote FFF+.
Die PKV hat einen schweren Stand. Unsere Gesellschaft altert, höhere Einkommensgrenzen für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erschweren es, neue Versicherte zu gewinnen. Aus dem Lager der Selbstständigen fehlen ebenfalls positive Impulse, weil weniger Menschen den Start in die Selbstständigkeit wagen. Im Ergebnis konkurrieren alle hier geprüften 31 Anbieter um immer weniger potenzielle Neukunden für die PKV.
Wie leistungsfähig PKV-Tarife aktuell sind, zeigt das neue PKV-Rating von Franke und Bornberg. Es weist im Vergleich zu seinen Vorgängern eine andere Struktur auf. Während die Tarife in der Vergangenheit einer der drei Kategorien Grundschutz, Standardschutz und Topschutz zugeordnet wurden, bewerten die Analyst*innen von Franke und Bornberg jetzt alle Tarife nach einheitlichen Anforderungen. Möglich wurde das auch, weil das Niveau der Tarife über die letzten Jahre gestiegen ist.
„Private Krankenvollversicherungen sind kompliziert. Unser neues PKV-Rating macht die Komplexität einfach verständlich. Je besser ein Tarif ist, umso höher wird er bewertet. Das System der unterschiedlichen Kategorien wird aufgrund der inzwischen besser vergleichbaren Tarifstrukturen nicht mehr benötigt“, erläutert Michael Franke, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg.
Zudem werde das Rating noch prägnanter. Abstriche bei den Qualitätsanforderungen gebe es keine: „Unser PKV-Rating bewertet alle Tarife sogar nach etwas erhöhten Anforderungen der bisherigen Kriterien für Top-Schutz. Manche Mindeststandards sind noch anspruchsvoller als bei früheren Ratings“, so Franke. Damit trage das Rating der steigenden Tarifqualität Rechnung.
PKV leistet mehr, aber Leistung kostet
Denn neue Verträge bieten mehr. So sind Tarife ganz ohne ambulante Psychotherapie schon seit Jahren vom Markt verschwunden. Erstattungsgrenzen für Zahnbehandlung, Prophylaxe und Zahnersatz hingegen steigen deutlich. Top-Tarife zahlen mittlerweile oft 90 Prozent der Kosten. Schließlich will die Krankenvollversicherung im Neugeschäft nicht schlechter dastehen als Zahnzusatzversicherungen im Zusammenspiel mit der GKV. Hier werden schon seit Jahren bis zu 90 Prozent und manchmal sogar alle Kosten übernommen.
Gute Leistungen haben ihren Preis. Ein Top-Tarif (FFF+ oder sehr gutes FFF) kostet 35-jährige zwischen 700 und 900 Euro im Monat (einschließlich Pflegepflichtversicherung). Angestellte, die ein auskömmliches Tagegeld hinzuwählen, zahlen 800 bis 1.000 Euro.
„Wer als Versicherer ein neues Tarifwerk auf den Markt bringen will, muss auf Basis der Schadenerfahrungen des alten kalkulieren. Hier hat jede Leistung ihren Preis“, erläutert Christian Monke, Leiter Ratings Gesundheit und Private Risiken bei Franke und Bornberg. Zwar gebe es neue Angebote, die etwas günstiger seien. Hier müsse sich aber noch zeigen, ob das Preisniveau durchgehalten werden kann. Monke gibt zu bedenken:
Die PKV kennt keine Sonderangebote. Vermeintlich günstige Tarife ziehen steigende Beiträge fast automatisch nach sich. Versicherte mit gesundheitlichen Problemen stecken dann in der Beitragsfalle.
Was ist neu bei PKV-Policen?
Bei der Tarifstruktur beobachtet Franke und Bornberg derzeit gegensätzliche Trends. Einige neuere PKV-Angebote setzen auf sehr modulare Tarifwerke. Diese lassen Versicherte wählen zwischen unterschiedlichen Absicherungsniveaus in den Bereichen ambulant, stationär und Zahn. Mischen ist erlaubt. Auf der anderen Seite finden sich kompakte Tarifwerke mit nur zwei oder drei Ausprägungen des Leistungsniveaus.
Neu hinzugekommen sind sogenannte Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Sie sollen die Gesundheit fördern und helfen, Krankheiten besser erkennen, behandeln und überwachen zu können. In der Praxis sind das zum Beispiel Apps, die Versicherte bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes unterstützen oder bis zum Beginn einer Therapie zur Linderung von Depressionen beitragen. Weil es sich bei den DiGA um neue Leistungen handelt, die zum heutigen Stand nicht vergleichbar sind, werden sie für das PKV-Rating 2023 noch nicht berücksichtigt.
Das PKV-Rating 2023 im Detail
Das PKV-Rating 2023 ist nicht nur fokussierter, sondern noch stärker differenzierend als seine Vorgänger. Ab sofort gilt das neue Bewertungsschema mit der Höchstnote FFF+ (hervorragend). Für ein FFF+ sind mindestens 85 Prozent der maximal erreichbaren Punkte erforderlich. Mindeststandards für die bisherige Höchstnote FFF wurden zumeist übernommen und weiterentwickelt.
Franke und Bornberg hat zudem einige Kriterien überarbeitet und klarer gefasst. In den Bereichen Hilfsmittel, Psychotherapie, Behandlung bei Kinderwunsch sowie Augen-Operationen bei Fehlsichtigkeit greifen jetzt höhere Erstattungsgrenzen für die maximale Punktzahl. Insgesamt kommen 15 Untersuchungsbereiche mit 104 Detailkriterien zum Einsatz, die für alle Tarife gleichermaßen gelten.
Nach Durchlauf des Bewertungsverfahrens ergibt sich für jedes Produkt eine Gesamtwertung und damit die Zuordnung in die entsprechende Ratingklasse (sieben Klassen von FFF+/hervorragend bis F-/ungenügend). Für die Ratingklassen FF+, FFF und FFF+ gelten abgestufte Mindeststandards. Unabhängig von der Punktzahl stuft Franke und Bornberg ein Produkt eine Ratingklasse niedriger ein, falls der Mindeststandard der jeweils höheren Klasse nicht erreicht wird. Zu den Mindeststandards für die höchste Note FFF+ zählen unter anderem
- freie Arztwahl und Erstattung oberhalb der Höchstsätze der GOÄ (ambulant und stationär) ohne vorherige Genehmigung
- ambulante Psychotherapie mit mindestens 50 Sitzungen pro Jahr, stationäre Psychotherapie für mindestens 42 Tage
- 100 Prozent Erstattung bei Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer
- Erstattung Zahn nach GOZ oberhalb der Höchstsätze ohne vorherige Genehmigung, Zahnersatz zu mindestens 85 Prozent (ohne Prophylaxevorbehalt), unbegrenzte Anzahl Implantate
- Leistungsanspruch offener Hilfsmittelkatalog, Krankenfahrstühle und Prothesen ohne Summenbegrenzung
- Allianz
- Barmenia
- Bayerische Beamtenkrankenkasse / UKV
- DKV
- Hallesche
- Süddeutsche (SDK)
- Allianz
- ARAG
- AXA
- Barmenia
- Bayerische Beamtenkrankenkasse/UKV
- Continentale
- Debeka
- DKV
- Generali
- HanseMerkur
- Münchener Verein
- Nürnberger
- R+V
- SIGNAL IDUNA (Marke Deutscher Ring)
- Süddeutsche (SDK)
- uniVersa
- Württembergische
Diese Versicherer bieten die besten PKV-Tarife
Gerade mal 13 von 739 PKV-Tarifangeboten (2 Prozent) erreichen die Höchstnote FFF+ (hervorragend). Unter den Anbietern finden sich Branchengrößen ebenso wie kleinere Gesellschaften.
Insgesamt ergibt sich über alle untersuchten Tarifkombinationen die folgende Notenverteilung:
Die folgenden Unternehmen bieten mindestens eine Tarifkonstellation, die mit der Höchstnote FFF+ (hervorragend) ausgezeichnet wird (in alphabetischer Reihenfolge):
Einige Versicherer kommen der Höchstnote FFF+ sehr nahe, scheitern aber knapp, weil sie zum Beispiel für maximale Erstattung von Zahnleistungen eine jährliche Prophylaxe fordern oder Hilfsmittel nur in „angemessener Ausführung“ übernehmen. Trotzdem erfüllt deren Note FFF - sehr gut alle Forderungen an leistungsfähigen Schutz.
Die folgenden Unternehmen bieten mindestens eine Tarifkonstellation, die mit der Höchstnote FFF (sehr gut) ausgezeichnet wird (in alphabetischer Reihenfolge):
Wie nachhaltig ist die PKV?
Auf den ersten Blick spielt Nachhaltigkeit in den PKV-Tarifen derzeit keine Rolle. Dabei verfügen gerade Krankenversicherer mit ihrer Anlagestrategie über den entscheidenden Hebel, wenn sie Alterungsrückstellungen in zukunftsfähige Investitionen lenken.
Auf der Tarifseite ist Nachhaltigkeitsgebot Nummer eins die seriöse und auskömmliche Prämienkalkulation. Sie gewährleistet auch in Zukunft bezahlbaren Versicherungsschutz. Bei den Leistungen liefert Prävention interessante Ansätze für nachhaltige Gesundheit – zum Vorteil für Versicherte wie Versicherer.
Künstliche Intelligenz macht individuelle Schulungsangebote möglich und flankiert Therapien. Nicht zuletzt in der Regulierung können KI-Tools helfen, Prozesse schlanker zu gestalten und gleichzeitig Ressourcen zu sparen.
Fazit und Ausblick
Das PKV-Rating macht Spitzenleistungen transparent, aber auch das gesunde Mittelmaß. Nicht jede Leistung ist für jeden Kunden gleichermaßen attraktiv. Berater*innen müssen insbesondere bei preissensiblen Kunden sorgfältig prüfen, welche Features in welchem Umfang wichtig und welche eventuell verzichtbar sind.
Solidität und Zukunftsfähigkeit des Versicherers spielen in der PKV eine größere Rolle als in fast allen anderen Sparten. Denn wer einen PKV-Vertrag abschließt, entscheidet sich in der Regel für eine langjährige Geschäftsbeziehung, die oft erst mit dem Tod endet. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind wichtige Herausforderungen unserer Zeit. Beide Themen haben spannende Schnittmengen und sollen in kommenden PKV-Ratings von Franke und Bornberg ebenfalls berücksichtigt werden, sofern sich aus Analystensicht sinnvolle Gestaltungen abzeichnen.
Die aktuellen Bewertungsrichtlinien sowie alle Ergebnisse auf Tarifebene stellt Franke und Bornberg auf der Homepage kostenlos bereit.
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