DigiG fördert digitale Gesundheitsversorgung nur mäßig

Am 13. Juli 2023 wurde der Referentenentwurf für das Digitalgesetz (DigiG) vom Bundesministerium für Gesundheit veröffentlicht. Dieses wird ausschlaggebend für die künftige Entwicklung der digitalen Gesundheitsversorgung in Deutschland sein. Neben zentralen Vorhaben für das eRezept, die TI oder das Thema Interoperabilität enthält es neue Regelungen für Telemedizin und DiGA. Zum Teil stellen diese Weichen für eine digital unterstützte Versorgung. Doch mehrere Regelungen schaffen neue Herausforderungen, anstatt digitale Ansätze zu fördern.

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Close Up of a Female Chatting in a Video Call with Her Female FaClose Up of a Female Chatting in a Video Call with Her Female FaGorodenkoff – stock.adobe.com

Die im DigiG vorgesehene Aufhebung der 30-Prozent-Begrenzung für Telemedizin ist ein wichtiger Schritt, weil sie die Benachteiligung gegenüber der Versorgung vor Ort beendet und Telemedizin als qualitative medizinische Leistung anerkennt. Neben der Videosprechstunde sollten allerdings alle telemedizinischen Modelle einbezogen werden.

Auch die geplanten Schnittstellen sollten allen telemedizinischen Anbietern offen zur Verfügung stehen. Zudem unterbindet das Werbeverbot in § 9 HWG noch immer jegliche Information über Telemedizin – diese Benachteiligung gilt es künftig abzuschaffen.

Erschwerte Integration in die Versorgung

Die im DigiG enthaltenen Regelungen bauen neue Barrieren für DiGA auf, statt deren Verankerung in der Versorgung zu fördern: So ist unter anderem ein 14-tägiger “Probierzeitraum” für Patient*innen vorgesehen, bei dem jedoch gleichzeitig der Vergütungsanspruch für die Hersteller entfällt.

Dieser berücksichtigt weder den in Studien nachgewiesenen Wirkeintritt noch die vielfältigen Gründe für einen möglichen Abbruch der Nutzung. Er führt außerdem zu einer im Gesundheitssystem beispiellosen fehlenden Vergütung einer erbrachten Leistung. Die Einführung einer verpflichtenden Erhebung des “Nutzungserfolgs” als variabler Vergütungsbestandteil ist unausgereift und fördert Social-Media-Mechanismen, die reine App-Öffnungen statt medizinische Effekte honorieren.

Und die vorgesehene verpflichtende Leihgabe von Hardware durch DiGA-Hersteller führt zu neuen administrativen Aufwänden und Qualitätsmanagementpflichten. Zudem werden darin hygienische Aspekte nicht berücksichtigt. Dr. Anne Sophie Geier, Geschäftsführerin des Spitzenverbandes Digitale Gesundheitsversorgung e.V. (SVDGV) bemängelt:

Das Digitalgesetz schafft für DiGA unpraktikable Hürden ohne wissenschaftliches Fundament.

Was es stattdessen brauche, so Geier, seien ein patientenzentrierter Verordnungsprozess, mehr Aufklärung und größere Flexibilität bei der Einbindung von Leistungserbringern.

Der Bereich der digitalen Pflege enthält Weiterentwicklungen bei der Interoperabilität, weitere Lösungsansätze fehlen jedoch. Hier bedarf es neuer Impulse, beispielsweise eine digitale Erweiterung der Pflegebegutachtung, neue telepflegerische Leistungen und eine digitale Abwicklung
pflegeadministrativer Aufgaben.

“Digitale Ansätze können die Medizin und Pflege der Zukunft enorm verbessern”, so SVDGV-Geschäftsführerin. “Das ist jedoch nur möglich, wenn dafür jetzt die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden – dem DigiG gelingt das nur teilweise.”

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