Gesundheitsservices erfreuen sich immer größerer Beliebtheit im deutschen Versicherungsmarkt. Aus der privaten Krankenversicherung sind sie schon lange nicht mehr wegzudenken. In der Vollversicherung helfen sie Leistungsausgaben zu stabilisieren, Kundenzufriedenheit zu erhöhen und den angestrebten Imagewandel vom Kostenerstatter zum Gesundheitspartner zu vollziehen.
Ein Beitrag von Eva Germer, Senior-Consultant Assekurata Solutions GmbH
Auch in der betrieblichen Krankenversicherung erfreuen sich Gesundheitsservices zunehmender Beliebtheit. Aber auch in der Lebensversicherung positionieren sich erste Unternehmen mit diesen Dienstleistungen bei ihren Kunden. So können Gesundheitsservices neben einer fairen Leistungsregulierung auch hier als differenzierendes Element im Wettbewerb der Berufsunfähigkeitsversicherungen wirken.
Vor zwei Jahren haben wir Verbraucher zu dem neuen Engagement der Lebensversicherer befragt. Wenig überraschend hatten damals eine Vielzahl der Befragten Gesundheitsservices noch eindeutig der Krankenversicherung zugeschrieben. Allerdings ordnete ein hoher Anteil solche Leistungen sowohl der Berufsunfähigkeits- als auch der Krankenversicherung zu.
Bereits damals wurde also deutlich, dass sich hier ein hohes Potenzial für die Lebensversicherer verbirgt. Aus diesem Grund sind wir nun, zwei Jahre nach unserer Ersterhebung, der Frage nachgegangen, welche Lebensversicherer seitdem ihr Gesundheitsserviceangebot auf-/ausgebaut haben und wie sie dieses ihren (potenziellen) Kunden präsentieren.
Gestufte Online-Recherche aus Kundensicht
Als Basis haben wir uns an den Top-10-Versicherern nach gebuchten Bruttobeiträgen im Geschäftsjahr 2021 orientiert. Da die Proxalto Lebensversicherung AG sich als „Spezialist für traditionelle, garantiebasierte Lebensversicherungsverträge“ versteht, der kein Neugeschäft betreibt, haben wir sie in der Analyse nicht berücksichtigt. Entsprechend flossen die folgenden Lebensversicherer in die Bewertung ein: Allianz, Generali Deutschland, Nürnberger, Alte Leipziger, Axa, Swiss Life, R+V, Debeka, Continentale und Volkswohl-Bund.
Für die Analyse haben wir die Kundenbrille aufgesetzt und eine gestufte Online-Recherche auf Websites durchgeführt. Begonnen haben wir mit einer Google-Recherche, in der wir die Suchergebnisse zu dem jeweiligen Versicherungsnamen und die Stichworte „Berufsunfähigkeitsversicherung“ und „Gesundheitsservices“ kombiniert haben.
Da sich Google-Ergebnisse kommerziell beeinflussen lassen, haben wir im nächsten Schritt nach den beiden Stichwörtern auf der Website der einzelnen Berufsunfähigkeitsversicherer gesucht. Zudem haben wir geprüft, ob Gesundheitsservices in der Top-Menüführung erscheinen.
Informationen beziehungsweise Angebote, die in passwortgeschützten Kundenportalen oder Apps zugänglich sind, bleiben in dieser Recherche unberücksichtigt.
Google-Suche nach Gesundheitsservices führt zu KV-Treffern
Bei immerhin sechs (Axa, Debeka, Continentale, Generali, Nürnberger, R+V) von zehn Versicherern liefert die Google-Suche auf der ersten Seite ein Ergebnis zu Berufsunfähigkeitsversicherung und Gesundheitsservice, was zunächst einmal ein guter Start ist.
Darüber hinaus führt die Verlinkung tatsächlich zu einem Gesundheitsserviceangebot der jeweiligen Versicherer – allerdings hat lediglich die Nürnberger eine Landingpage vorgeschaltete, die auch explizit Berufsunfähigkeitsversicherte adressiert. Bei allen anderen Gesellschaften richten sich die Dienstleistungen ausschließlich an die Krankenversicherten.
Suche auf Unternehmenshomepages
Die kombinierte Stichwortsuche auf den Unternehmenswebsites führt nur bei vier Versicherungen zu Ergebnissen. Allerdings laufen die Resultate bei drei Versicherern in Bezug auf die Berufsunfähigkeitskunden ins Leere. Bei der Nürnberger führt dies zu einer Landingpage für Gesundheitsservices, die sich sowohl an Berufsunfähigkeits- als auch an Krankenversicherungskunden richtet.
Für das Zweitmeinungsangebot BetterDoc wird dabei explizit aufgelistet, für welche Versicherungsprodukte der Service kostenlos ist. Die Suchergebnisse auf der Website der Allianz erzielen zwar keinen konkreten Treffer für Berufsunfähigkeitsversicherte – dafür wird allerdings ein Multikanal-Kontaktangebot farblich hervorgehoben und als Tipp markiert. Eine Gesellschaft (Continentale) bietet auf der Website keine Suchfunktionalität nach Stichwörtern.
Bestandteil in der Website-Menüführung
Mit Axa, Continentale, Debeka, Generali, Nürnberger und R+V führen sechs Versicherer im Top-Menü ihrer Internetpräsenz den Punkt Gesundheitsservice. Dies verdeutlicht den hohen Stellenwert dieser Dienstleistungen, welche sich aber aktuell vornehmlich an Krankenversicherungskunden richten.
Dabei ist die Zielgruppe für die Serviceangebote nicht immer auf den ersten Blick klar erkennbar. Vielmehr bedarf es häufig einen Blick in „das Kleingedruckte“. Gleiches gilt für Zugangsvoraussetzungen – dies ist beispielsweise in der privaten Krankenversicherung häufig für Beihilfeversicherte von Interesse.
Serviceangebote auch für Nichtkunden
Einen besonderen Weg gehen dabei Generali und Nürnberger, die eine App mit Gesundheitsservices bereitstellen, welche auch Nichtkunden nutzen können. Während die Zielsetzung des Angebots für Kunden insbesondere in der Kundenbindung und möglicherweise in der Gewinnung von Gesundheitsdaten liegt, ist diese für Nichtkunden im spekulativen Raum zu sehen.
Auf Basis der Services und Leistungen könnten die Angebote zur Generierung von Aufmerksamkeit rund um den Themenkomplex Gesundheit und im nächsten Schritt von Vertrauen in die jeweilige Versicherungsmarke dienen. Des Weiteren können je nach Gestaltung der Zugangs-/ Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen auch Kontakte zu den Vertrieben der Häuser hergestellt werden.
Da die Services auch für junge und gesunde Kunden Orientierung im Falle einer Gesundheitsfrage bieten, könnte so ein attraktives Zielgruppenkollektiv angezogen werden So bietet die Generali mit ihrer Mobile Health App beispielsweise kostenlosen Zugang zu Serviceleistungen, die in Kooperationen mit Partnern schnell Orientierung beziehungsweise Unterstützung bieten sollen.
Dazu zählen beispielsweise Thieme und XUND mit deren Unterstützung eine medizinische Bibliothek mit ausführlichen Informationen zu Krankheiten von A-Z zur Verfügung gestellt wird. Von XUND wurde zudem ein Symptom- und Krankheits-Checker in die Generali-App integriert.
Die Nürnberger positioniert ihre App Coach:N. als Gesundheitsplattform, die Coachings rund um Fitness, Gesundheit und Ernährung bietet. Zusätzlich können über Aktivitäten wie Schritte sammeln oder Teilnahme an Trainings über ein Bonusprogramm jährlich bis zu 100 Euro Erstattung von dem Coach:N.-Kooperationspartner Humanoo generiert werden. Einen Zugangscode zur App erhalten Einkommensschutzkunden oder Interessierte, die sich dazu einem Vermittler beraten lassen.
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die Lebensversicherungen ihre Gesundheitsservices noch recht spärlich auf ihren Internetseiten präsentieren. Auch wenn erste Unternehmen sich auf den Weg gemacht haben. Optimierungspotenzial gibt es für die Suchfunktionalitäten auf den Versicherungswebsites.
Je präziser diese relevante Inhalte ausweisen, desto höher ist die Chance, Kunden auch tatsächlich mit dem Angebot zu erreichen. Eine Suchoptimierung bei Google ist die Kür – allein aus Servicegesichtspunkten sollte eine solche Funktion auf der eigenen Website aber Pflicht sein. In diesem Zusammenhang bietet dann eine Landing Page, die mit einem entsprechenden Link oder QR-Code für die Kundenkommunikation genutzt werden kann, einen guten Startpunkt zur Orientierung.
Verbesserungsbedarf besteht definitiv in der deutlichen Kommunikation der Zugangsvoraussetzung. Diese sollten ganz zu Beginn explizit und verständlich (ohne den Blick ins Kleingedruckte) erläutert werden. Heute ist oftmals unklar, welche Services welchen Versicherten kostenlos zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus wäre die Benennung von konkreten Ansprechpartnern bei Rückfragen aus Kundensicht hilfreich. Dabei bietet sich eine Differenzierung nach versichertem Leistungsumfang und Informationen zum Serviceangebot an. Das heißt es sollte jeweils ein Kontaktes auf Seiten des Versicherers sowie auf Seite des Kooperationspartners angegeben sein.
Im Idealfall werden auch Abkürzungen vermieden, die in der Regel nicht laienverständlich sind. Sollen die Nutzungsraten von Gesundheitsservices erhöht werden, müssen diese auf der Website schnell auffindbar, präzise erläutert und möglichst mit einer digitalen Anmeldestrecke versehen sein. Denn nur dann entfalten die Dienstleistungen auch den avisierten Mehrwert.