Ob beruflich oder privat: Das Risiko, in rechtliche Auseinandersetzungen zu geraten, ist oft höher als gedacht. Die Nachfrage nach Firmenrechtsschutz ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Die rund 165.000 in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte erwirtschaften aktuell einen jährlichen Nettoumsatz von rund 17 Mrd. Euro. Verglichen mit Privatpersonen sind Unternehmer dem Risiko eines Rechtsstreits besonders ausgesetzt. Zudem sind die Kosten meist höher als im Privaten, wo laut einer Studie pro Rechtsstreit im Schnitt bereits 2.500 Euro anfallen.
„Unternehmer haben es tagtäglich mit einem Berg von Regelungen, Gesetzen oder Verordnungen zu tun, bei denen es zu Missverständnissen oder Verstößen kommen kann. Im Internet lauern mit Blick auf Abmahnungen zusätzliche Fallstricke“, sagt Payam Rezvanian, Mitglied der Geschäftsleitung beim Insurtech Finanzchef24. Bei einer betrieblichen Rechtsschutzversicherung übernehmen Versicherer im Ernstfall Rechtsberatungs-, Gerichts- und Verfahrenskosten.
Fast jeder hat heutzutage eine Haftpflichtversicherung, Firmenrechtsschutz kommt jedoch oft zu kurz. Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade viele Selbstständige dabei und damit am falschen Ende sparen. Eine bedarfsgerechte Rechtsschutzversicherung kann bei überschaubaren Prämien im Ernstfall viel Geld sparen – und vor allem die Geschäftsexistenz sichern, was vielen gar nicht bewusst ist.
Firmenrechtsschutz-Versicherungen sichern grundsätzlich Risiken ab, die aus der gewerblichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers oder seiner Mitarbeiter resultieren. Die Kosten im Falle eines Rechtsstreites können sehr hoch ausfallen. Immerhin richten sich diese Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten nach Höhe des Streitwerts und Art des Verfahrens. In der ersten Instanz können diese bei rund 75 Prozent liegen. Diese Kosten werden gern unterschätzt. Nicht jeder Unternehmer oder Selbstständige benötige einen vollumfänglichen Rechtsschutz, aber Absicherungen für den steuer-, verkehrs- oder immobilienrechtlichen Bereich seien in unterschiedlichen Ausprägungen für jedes Unternehmen sinnvoll. Oftmals reichen laut Finanzchef24 ein Grundschutz oder ein mittleres Paket aus.
Tipp: Deckungssummen prüfen, Kosten optimieren
Eine vermeintlich günstige Police kann sich manchmal als unzureichend entpuppen. Die Höhe der Deckungssumme sollte den potenziellen Risiken der einzelnen Firma sowie der eigenen Branche entsprechen. Die Deckungssummen beginnen bei etwa 500.000 Euro und reichen bis zu fünf Millionen Euro oder darüber. Bei einem Solo-Selbstständigen mit niedrigem Umsatz können drei Millionen Euro ausreichen. Mediationen sind beispielsweise in den meisten Tarifen abgedeckt. Bei kleineren Basistarifen können jedoch Begrenzungen der Summe hinterlegt sein. Kosten beeinflussende Faktoren sind: Laufzeit des Vertrags, die Höhe der Selbstbeteiligung und der Versicherungsumfang. Längere Laufzeiten verringern die Prämie. Selbstständige sollten in der Regel mit drei Monaten Wartezeit rechnen.
Alles was Recht ist: mögliche Bausteine für KMU
Verkehrsrechtsschutz, der als Baustein ergänzend abgeschlossen wird, ist interessant für Selbstständige und Unternehmen, die viel zu Fuß, mit dem Rad oder dem Auto unterwegs sind. Im Falle eines Unfalls oder Streitigkeiten um Strafzettel für Firmenfahrzeuge, Abstandsmessung oder Führerscheinentzug gibt es hier Unterstützung. Eine betriebliche Verkehrsrechtsschutzversicherung wird allgemein für Handwerksbetriebe mit Fuhrpark als sehr empfehlenswert erachtet.
Der Arbeitsrechtsschutz ist relevant für die Tätigkeit als Arbeitgeber – Streitigkeiten um Abmahnungen, Kündigungen und dergleichen sind hierüber abgesichert. Beispiel: Ein Unternehmer entlässt eine seiner Mitarbeiterinnen fristlos, da sie sich seiner Meinung nach wiederholt Kundengelder auf ihr eigenes Konto überwiesen hat. Die Mitarbeiterin bestreitet die Vorwürfe und klagt auf Wiedereinstellung. Die Prozesskosten des darauffolgenden Rechtsstreits werden, unabhängig von dessen Ausgang, vom Gewerberechtsschutz getragen.
Steuerrechtsschutz betrifft jedes Unternehmen. Immerhin müssen sie eine Steuererklärung an das Finanzamt abgeben. Wenn zum Beispiel die Höhe der Abschreibungsbeträge infrage gestellt wird und die Firma aufgefordert wird, Steuern nachzuzahlen und innerbehördliche Widerspruchsverfahren erfolglos bleiben, kann der Rechtsweg beschritten werden. Hier hilft der Rechtsschutz.
Immobilienrechtsschutz ist für jeden Unternehmer sinnvoll, der Räumlichkeiten besitzt, angemietet oder vermietet hat. Sobald es hier zu Streitigkeiten mit Nachbarn, Vermietern oder Mietern kommt, hilft dieser Baustein weiter.
Rezvanian: „Wichtig ist, den individuell sinnvollen Schutz auszutarieren. Denn die meisten Risiken lassen sich effizient und kostenbewusst absichern – wenn sie richtig identifiziert werden und die Absicherung an mögliche Veränderungen angepasst wird. Dafür empfiehlt sich eine regelmäßige Neubewertung und unabhängige Beratung.“
Themen:
LESEN SIE AUCH
Auf diese Versicherungen sollten Selbständige nicht verzichten
Immer mehr Menschen wagen den Schritt in die Selbständigkeit. Im ersten Schritt sollte eine Haftpflichtversicherung und eine Firmenrechtsschutzversicherung abgeschlossen werden. Was noch benötigt wird, hängt vom Bedarf ab.
Franke und Bornberg mit Erst-Rating für gewerbliche Rechtsschutzversicherungen
Das neue Rating zielt ab auf Rechtsschutz-Leistungen für KMU. Die Analyse zeigt, dass einige wenige Gesellschaften den Leistungsumfang gezielt auf gewerbliche Risiken abstimmen oder erweitern. Insgesamt erhielten 5 von 101 untersuchten Tarifkonfigurationen die beste Ratingnote FFF+.
Anteil digitaler Vertragsabschlüsse nimmt weiter zu
Insbesondere Rechtsschutz- und Schaden-/Unfallversicherungen werden wesentlich häufiger als in früheren Jahren digital bei Maklern oder Vertretern abgeschlossen. Der Vertrieb nutzt digitale Tools für die Kommunikation und Interaktion mit den Kunden.
Französischer Digital-Makler +Simple startet auf dem deutschen Markt
Homeoffice wird immer öfter zum Cyber-Angriffsziel
Softfair mit Update für PHV-Modul
Aon-Marktprognose 2025: „Bürokratie bremst den Fortschritt aus“
Das Beratungsunternehmen Aon hat seine Marktprognose für den deutschen Versicherungsmarkt 2025 veröffentlicht. Der Bericht zeigt: Unternehmen müssen sich zunehmend mit komplexen und global vernetzten Risiken auseinandersetzen. Politische Unsicherheiten, hohe Kosten und der Klimawandel setzen Unternehmen unter Druck.
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.
Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün
Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.
Lebensversicherung: Überschussbeteiligung 2025 steigt weiter – doch nicht in der Breite
Die Überschussbeteiligungen deutscher Lebensversicherer steigen weiter, wenn auch weniger stark als im Vorjahr. Eine Analyse von MORGEN & MORGEN zeigt, dass fast alle Versicherer mindestens zwei Prozent bieten, während jeder fünfte Anbieter drei Prozent oder mehr gewährt. Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating, bewertet die Entwicklung als kundenfreundlich, betont aber auch die individuelle Strategie der Versicherer.
Lebensversicherung führt Beschwerde-Statistik an
Der Versicherungsombudsmann e. V. hat seinen Tätigkeitsbericht zur Streitbeilegung vorgelegt. Insgesamt 21.548 Beschwerden wurden im Jahr 2024 bearbeitet. Dabei fällt auf: Beschwerden über Versicherungsvermittler sind mit 334 Fällen gering und zeigen kaum Veränderungen zu den Vorjahren.
Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken
Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.