Das Risiko für eine neue globale Finanzkrise ist derzeit gering

Mit der historisch beispiellosen Zinswende vieler Notenbanken zur Eindämmung der explodierenden Inflationsraten im letzten Jahr und den deutlich gestiegenen Zinsen wurde ein neues Zinsregime eingeläutet. Jetzt zeigt sich, dass die vielschichtigen Wirkungskanäle der Zinswende auch einzelne Finanzinstitute in Schwierigkeiten bringen können.

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Ein Beitrag von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL

Nach den Null- und Negativzinsen gewöhnen sich Kapitalmärkte, die Finanzbranche, Unternehmen und ganze Volkswirtschaften nun an ein neues Regime mit steigenden beziehungsweise stark erhöhten Teuerungsraten und anziehenden Zinsen.

Der erste Anpassungsprozess fand 2022 in Form erheblicher Kursverluste in nahezu allen Anlageklassen statt. Mit etwas Verspätung und noch immer im Gang folgte die Preisanpassung an den Immobilienmärkten.

Jetzt zeigt sich, dass die vielschichtigen Wirkungskanäle der Zinswende auch einzelne Finanzinstitute in Schwierigkeiten bringen können, besonders wenn sie sich stark durch große Einlagen von vergleichsweise wenigen institutionellen Anlegern refinanzieren und auf der Investitionsseite ebenfalls wenig diversifiziert sind und hohe unrealisierte Verluste aufweisen.

Aufgrund des speziellen Geschäftsmodells der Silicon-Valley-Bank muss grundsätzlich nicht mit einer Welle ähnlicher Fälle gerechnet werden. Allerdings dürfte es gerade unter US-Regionalbanken einige mit relativ hohen unrealisierten Verlusten geben – beispielsweise aus Investments in US-Staatsanleihen.

Auch wenn deren Refinanzierung zumeist stärker von kleinteiligeren und damit besser diversifizierten Einlagen abhängt, ist die größte Gefahr ein allgemeiner Vertrauensverlust in das Bankensystem und daraus resultierend massive Abhebungen von Einlagen.

Ein solcher Bank-Run könnte schnell auf andere Regionen und Volkswirtschaften überspringen. Umso wichtiger ist ein beherztes Eingreifen aller relevanten Akteure. Dazu gehören – wie in den letzten Tagen auch geschehen – Regierungen, Regulierungsbehörden und Notenbanken sowohl in den USA als auch weltweit, um Ansteckungseffekte zu verhindern und das Vertrauen in die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems zu erhalten. So wurde unter anderem:

  • für die deutsche Zweigstelle der SVB, die kein Einlagengeschäft betreibt, ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot durch die Bafin ausgesprochen und der britische Ableger wurde an die HSBC-Bank verkauft.
  • Die US-Notenbank Fed stellt Banken in großem Ausmaß Liquidität zur Verfügung und auch die Bundesbank sowie die EZB haben Krisenstäbe zur Beobachtung der Situation und eingerichtet.
  • Die US-Regierung hat eine Garantie für alle Einlagen bei geschlossenen Banken ausgesprochen.
  • Moody´s, eine der größten Rating-Agenturen weltweit, unterstrich, dass etwa ein Drittel der von europäischen Banken gehaltenen Anleihen eine Laufzeit von weniger als 2 Jahren aufweisen und daher künftig größere und stetigere Mittelzuflüsse zur Stabilität der Lage beitragen.
  • Auch wenn das Risiko besteht, ist die Wahrscheinlichkeit für eine neue globale Finanzkrise daher derzeit gering. Fraglich ist allerdings, ob die Notenbanken vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen ihren weiteren Zinserhöhungszyklus anpassen werden, denn ihr bisheriger Fokus auf die Inflationsbekämpfung ist nicht weniger notwendig geworden, wie die in dieser Woche zur Veröffentlichung anstehenden Februar-Inflationsdaten in den USA unterstreichen dürften.

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