Die hohe Inflation und die gestiegenen Bauzinsen sorgen für eine Trendwende am Immobilienmarkt. Besonders in den teuren Großstädten sinken die Preise. Auch in einigen ostdeutschen Regionen ist der Immobilienboom bereits vorbei.
In 12 von 50 untersuchten Kreisen sinken die Kaufpreise von Eigentumswohnungen innerhalb eines Jahres. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von immowelt, für die die Angebotspreise von Bestandswohnungen (75 Quadratmeter, 3 Zimmer, 1. Stock, Baujahr 1990er-Jahre) in 50 Stadt- und Landkreisen Ostdeutschlands im Oktober 2022 mit dem Vorjahr verglichen wurden.
Durch die gestiegenen Bauzinsen müssen Käufer je nach Kaufsumme mit Mehrkosten von mehreren hundert Euro im Monat rechnen. Die Nachfrage nach Immobilien geht folglich in vielen Regionen zurück, das Angebot an Kaufimmobilien steigt zeitgleich. Zum Vergleich: Anfang des Jahres bekamen Käufer für ein 10-jähriges Darlehen noch einen Zins von rund einem Prozent. Aktuell liegen die Zinsen bereits deutlich über der 4-Prozent-Marke – aufgrund der anhaltenden Anhebungen des Leitzinses ist die Tendenz weiter steigend.
Starker Rückgang in Jena und leichter Anstieg in Berlin
Die Verschlechterung der Finanzierungskondition und die verringerte Nachfrage haben dazu geführt, dass die Kaufpreise in vielen Städten gesunken sind. Jena verzeichnet mit -12 Prozent den stärksten Rückgang aller Stadtkreise. Das kann am hohen Preisniveau in der thüringischen Studentenstadt liegen. Je höher der Kaufpreis ist, desto stärker wirken sich die gestiegenen Zinsen aus. Vor einem Jahr lag der Quadratmeterpreis bei 4.090 Euro – der dritthöchste Wert der kompletten Analyse. Inzwischen werden Wohnungen noch für 3.604 Euro angeboten.
Am teuersten ist der Wohnungskauf in Potsdam. Doch auch in der brandenburgischen Landeshauptstadt sind die Preise gesunken: um 4 Prozent auf aktuell 5.297 Euro. Kleinere Preiskorrekturen, aber auch günstigere Preise, lassen sich in Leipzig (2.598 Euro) und Halle (2.595 Euro) beobachten. In den benachbarten Städten sinken die Preise um je 2 Prozent.
Viele Städte verbuchen allerdings nach wie vor Anstiege. In Berlin (5.124 Euro) hat sich die Preiskurve im vergangenen Jahr zwar verlangsamt, im Jahresvergleich steht dennoch ein Plus von 3 Prozent zu Buche. Ein Grund für den Anstieg ist, dass die Nachfrage in der Hauptstadt zwar zurückgegangen ist, aufgrund der hohen Attraktivität gerade für Investoren das Angebot aber nach wie vor übersteigt.
Neben Berlin steigen die Preise auch in Dresden (2.941 Euro; +4 Prozent) und Erfurt (3.212 Euro; +5 Prozent) vorerst weiter. Besonders Magdeburg (2.072 Euro; +10 Prozent) ist im Kommen und schließt allmählich zu anderen ostdeutschen Großstädten auf: Die Ansiedlung großer Firmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen sorgen zusammen mit den bislang niedrigen Wohnungspreisen für eine hohe Nachfrage.
Noch größere Anstiege lassen sich nur in den günstigsten Städten der Analyse beobachten. In Gera verteuern sich Bestandswohnungen zwar um 18 Prozent, mit Quadratmeterpreisen von 1.333 Euro ist Wohneigentum aber nach wie vor günstig und trotz erschwerter Finanzierungskonditionen für viele Menschen leistbar. Gleiches gilt auch für Chemnitz (1.618 Euro) und Eisenach (1.760 Euro), wo das Plus jeweils 14 Prozent beträgt.
Stärkster Anstieg und Rückgang auf dem Land
Auch in den ländlichen Regionen ist die Entwicklung stark unterschiedlich. Im Erzgebirgskreis sinken die Angebotspreise um 14 Prozent – der stärkste Rückgang der Analyse. Das Minus hängt vermutlich weniger mit den steigenden Zinsen zusammen, da das Preisniveau mit aktuell 1.046 Euro pro Quadratmeter sehr niedrig ist. Vielmehr liegt es an der seit Jahren konstant zurückgehenden Bevölkerungszahl, wodurch die Nachfrage sinkt.
Gleiches gilt auch für die sächsischen Landkreise Bautzen (1.475 Euro; -5 Prozent) und Meißen (1.784 Euro; -4 Prozent). In den Landkreisen Oder-Spree (2.404 Euro) und Rostock (2.623 Euro) stagnieren die Einwohnerzahlen. Die Preise scheinen in der Vergangenheit etwas überbewertet gewesen zu sein, sodass sie nun um jeweils 9 Prozent nachgegeben haben.
In vielen Landkreisen zeigt die Preiskurve hingegen weiter nach oben. Rund um Berlin ist die Nachfrage nach wie vor hoch. Die Möglichkeit von Homeoffice und die im Vergleich zur Hauptstadt niedrigen Preise machen das Leben im Umland attraktiv. Im Landkreis Barnim (2.554 Euro) kostet Wohneigentum in der Folge 27 Prozent mehr – unter anderem das größte Plus aller Kreise. Potsdam-Mittelmark (3.301 Euro) verteuert sich um 19 Prozent und Teltow-Fläming (2.710 Euro) um 15 Prozent.
Neben den brandenburgischen Kreisen rund um Berlin wird auch in einigen sehr günstigen Regionen Wohnraum teurer, da sich nach wie vor viele Menschen Wohneigentum leisten können. Im Landkreis Leipzig (1.675 Euro) sind Bestandswohnungen aktuell 27 Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Aufgrund der niedrigen Preise könnten viele Käufer aus dem deutlich teureren Leipzig ausweichen.
Auch im thüringischen Ilm-Kreis (1.797 Euro; +23 Prozent) und den sachsen-anhaltinischen Kreisen Anhalt-Bitterfeld (1.334 Euro; +22 Prozent) und Salzlandkreis (1.092 Euro; +21 Prozent) erhöht sich das Preisniveau deutlich, aber auf niedrigem Level.
Berechnungsgrundlage
Datenbasis für die Berechnung der Kaufpreise waren auf immowelt.de inserierte Angebote in 50 ausgewählten Stadt- und Landkreisen aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin. Die mittels hedonischer Verfahren errechneten Werte geben die Quadratmeterpreise von Bestandswohnungen (75 Quadratmeter, 3 Zimmer, 1. Stock, Baujahr 1990er-Jahre) wieder. Es handelt sich um Angebots-, keine Abschlusspreise.
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