War die betriebliche Altersversorgung (bAV) in der Vergangenheit meist mit lebenslangen Leistungen assoziiert, gilt dies künftig nicht mehr unbedingt. Nur neun Prozent der bAV-Verantwortlichen halten dies weiterhin für zwingend, wie eine Umfrage auf der jährlichen WTW bAV-Konferenz zeigt.
Die überwiegende Mehrheit (77 Prozent) der bAV-Verantwortlichen spricht sich dafür aus, Mitarbeitenden die Wahl zwischen einmaligen Kapitalleistungen, befristeten Ratenzahlungen und einer lebenslangen Rente einzuräumen, vorausgesetzt, die damit für das Unternehmen verbundenen Risiken lassen sich eingrenzen. Dr. Thomas Jasper, Leiter des Geschäftsbereich Retirement Kontinentaleuropa bei WTW.
Die Frage ist nicht, ob bAV per se eine lebenslange Leistung beinhalten muss, sondern was am besten für Unternehmen und Mitarbeitende passt.
Mitarbeitende wertschätzen die bAV am stärksten, wenn sie ihren Versorgungsbedarf trifft, so Jasper. Dies lasse sich gewährleisten, indem sie aus Rente, Ratenzahlungen oder Kapitalleistungen das für sich passende wählen können. Unternehmen prüften hingegen – gerade im aktuell angespannten wirtschaftlichen Umfeld – genau, ob und wie sie die mit lebenslangen Leistungen verknüpften Langlebigkeits- und Zinsrisiken tragen möchten. Es gelte also, eine Lösung zu finden, die auch für das jeweilige Unternehmen passe, führt der der bAV-Experte weiter aus. In der Praxis sei dies entweder unternehmensintern oder durch über den Kapitalmarkt finanzierte Gestaltungsoptionen gut umzusetzen.
Zielführend, muss aber vermittelt werden
Auch garantierte Zinsversprechen halten nicht mehr alle Unternehmen in der bAV für zwingend notwendig. Nur gut ein Fünftel (21 Prozent) der Unternehmensvertreter stuften sie als höchste Priorität der Mitarbeitenden ein. Genauso viele halten dagegen, dass Mitarbeitende Rendite und Inflationsschutz für wichtig hielten.
Bislang haben Mitarbeitende beim Stichwort ‚Sicherzeit‘ meist an traditionelle Zinsgarantien gedacht und noch nicht so sehr an Inflationsschutz und auskömmliche Renditen, erklärt Hanne Borst, die bei WTW ab Oktober den Geschäftsbereich Retirement in Deutschland leitet. Heute dürften aber Pensionspläne, deren Wertentwicklung an den Kapitalmarkt gekoppelt ist, dem Bedürfnis nach einer werthaltigen bAV eher gerecht werden. Allerdings erschließe sich das nicht auf den ersten Blick. Hier liege eine weitere Herausforderung – denn Mitarbeitende können nur wertschätzen, was sie auch verstehen.
bAV: relevant auch bei Neueinstellungen
Knapp ein Drittel der befragten bAV-Verantwortlichen (29 Prozent) betont, dass die bAV gerade für die Mitarbeitergewinnung eine wesentliche Rolle spielt. Ein Drittel bestätigen die Bedeutung für die Mitarbeiterbindung (32 Prozent), 36 Prozent sehen sie für beides als relevant an. Nur für vier Prozent spielt die bAV hier eine untergeordnete Rolle.
Diese Zahlen überraschen nicht: Während Unternehmen über große Schwierigkeiten bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung klagen, zählt die bAV zu den beliebtesten Benefits aus Mitarbeitersicht. Borst resümiert, dass es sich lohne, wenn Unternehmen zeitgemäße Pensionspläne entwickeln und sie ihren Mitarbeitenden und Bewerbern ansprechend vermitteln - sei es per App, im Beratungsgespräch oder in bewährter Broschürenform. In dem aktuell hart umkämpften Arbeitgebermarkt könne dies den Ausschlag für die Entscheidung zugunsten eines Arbeitgebers bedeuten.
Über die Konferenz
Zur jährlichen bAV-Konferenz von WTW am 27. September 2022 – dieses Jahr unter dem Motto „Krisen | Umbruch | Aufbruch – Neuorientierung für die bAV“ – hatten sich rund 170 Teilnehmende, überwiegend bAV-Verantwortliche aus großen und mittleren Unternehmen, angemeldet. WTW veranstaltete diese Konferenz 2022 zum 16. Mal. An der Umfrage während der Konferenz hatten knapp 60 Personen teilgenommen.
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