Das Geschäftsklima im Mittelstand zeigt sich KfW-ifo-Mittelstandsbarometer für Juni 2022 praktisch unverändert gegenüber dem Vormonat, der entsprechende Index steigt um 0,1 Zähler auf -5,7 Saldenpunkte. Die Lageurteile steigen nach einem kleinen Rücksetzer im März zum dritten Mal in Folge, und zwar um 1,7 Zähler auf jetzt 12,8 Saldenpunkte.
Damit beurteilen die mittelständischen Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage trotz zahlreicher Widrigkeiten sogar noch besser als im Juni 2021, als die Impfkampagne und sinkende Infektionszahlen das deutsche Wachstum beflügelten.
Die Geschäftserwartungen auf Sicht von sechs Monaten werden dagegen immer pessimistischer und sinken im Juni um 1,2 Zähler auf -22,1 Zähler. Damit liegen sie weit unter der Nulllinie, die den langfristigen Durchschnitt anzeigt. Insbesondere die im Winter drohende Energiekrise aufgrund von ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland bereitet vielen Unternehmen Sorgen.
Beim Blick auf das mittelständische Geschäftsklima im Juni sind erhebliche Branchenunterschiede festzustellen. Das deutlichste Plus verzeichnet das Baugewerbe, dessen Klima um 4,3 Zähler auf -3,8 Saldenpunkte ansteigt. Hier hat es im März und April einen Stimmungseinbruch gegeben, der unter anderem mit einer zeitgleichen Verschärfung der Materialknappheit zu erklären sein dürfte. Laut der aktuellen ifo-Umfrage bessern sich diese Engpässe derzeit.
Einen regelrechten Absturz verzeichnet dagegen der Einzelhandel, dessen Klima um 11,8 Zähler auf nur noch -17,8 Saldenpunkte fällt. Insbesondere die geschmälerte Kaufkraft des Konsumenten wegen der stark gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise schlägt hier auf die Stimmung. Trotz des Entlastungspakets der Bundesregierung hat das Konsumklima laut der GfK-Verbraucherbefragung im Juni sogar ein neues Allzeittief erreicht.
Aber auch im verarbeitenden Gewerbe sind die Probleme derzeit groß: Insbesondere wegen zusätzlichen Materialengpässen durch den Krieg in der Ukraine und den Lockdowns in China sowie der akuten Gefahr von ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland hat sich die Stimmung hier ebenfalls seit März schlagartig eingetrübt. Im Juni gibt das Geschäftsklima der mittelständischen Industrie erneut nach (-0,8 Zähler auf -10,5 Saldenpunkte).
Schlechter als im Mittelstand entwickelt sich im Juni die Stimmung unter den Großunternehmen. Sie verzeichnen einen erheblichen Rückgang des Geschäftsklimas um 5,4 Zähler auf weit unterdurchschnittliche -16,4 Saldenpunkte. Sowohl die Erwartungen als auch die Lage trüben sich hier deutlich ein, nachdem sich die kurzzeitige Stimmungsaufhellung im Mai offenbar als Eintagsfliege entpuppt hat.
Trotz aller Widrigkeiten habe die deutsche Wirtschaft und insbesondere der Mittelstand ein recht zufriedenstellendes Frühjahr erlebt, so Chefvolkswirtin der KfW Dr. Fritzi Köhler-Geib. Den insgesamt soliden Urteilen zur aktuellen Geschäftslage stehen seit dem russischen Überfall auf die Ukraine allerdings sehr düstere Geschäftserwartungen gegenüber. Vor allem der deutlich wahrscheinlicher gewordene Lieferstopp von russischem Gas sei ein handfester Grund für Rezessionssorgen, die von den inflationsbedingten Kaufkraftverlusten und der rapiden Straffung der Finanzierungsbedingungen durch die globale Zinswende der Notenbanken noch verstärkt werden. Jetzt gelte es, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen aufrechtzuerhalten, denn nur mit Investitionen können die akuten Herausforderungen wie die seit Kriegsausbruch noch dringendere Energiewende, gemeistert werden, konstatiert die Köhler-Geib.
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