In den letzten zehn Jahren hat sich die Einkommensstruktur in Deutschland spürbar verändert. Laut einem aktuellen Bericht des Statistischen Bundesamtes ist die Niedriglohnquote gesunken, und das Lohngefälle zwischen Gering- und Besserverdienenden hat sich verringert. Besonders in den östlichen Bundesländern sind die Löhne im unteren und mittleren Segment überdurchschnittlich gestiegen, wodurch sich die Einkommensunterschiede zwischen Ost und West weiter angenähert haben. Dennoch bestehen weiterhin regionale Unterschiede.
Rückgang der Niedriglohnquote – Besonders starke Entwicklung im Osten
Zwischen 2014 und 2024 ist die Niedriglohnquote in Deutschland spürbar gesunken. Bundesweit verringerte sich der Anteil der Beschäftigten mit Niedriglöhnen von 21 % auf 16 %. Besonders deutlich war die Entwicklung in Ostdeutschland, wo sich die Quote nahezu halbiert hat – von 35 % im Jahr 2014 auf 18 % im Jahr 2024. In den westlichen Bundesländern fiel der Rückgang mit einer Reduktion von 19 % auf 16 % hingegen moderater aus.
Diese Entwicklung zeigt, dass sich die Löhne im Osten schneller an das Westniveau angenähert haben. Dennoch bleibt der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten dort weiterhin etwas höher.
Mindestlohn als entscheidender Einflussfaktor
Ein wesentlicher Treiber für diese Entwicklung war die schrittweise Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Besonders die Anhebung von 9,82 Euro auf 12,00 Euro im Jahr 2022 hatte spürbare Auswirkungen. In diesem Zeitraum sank die Niedriglohnquote bundesweit besonders stark. Insbesondere in Ostdeutschland führte dies zu überproportionalen Lohnzuwächsen, wodurch die regionalen Einkommensunterschiede weiter verringert wurden.
Bruttostundenlöhne steigen in allen Einkommensgruppen
Die Löhne sind in den vergangenen zehn Jahren in allen Einkommensgruppen gestiegen, besonders im unteren Bereich. Die niedrigsten Stundenlöhne erhöhten sich bundesweit von 8,34 Euro (2014) auf 13,00 Euro (2024). In Westdeutschland stiegen sie von 8,59 Euro auf 13,00 Euro, im Osten von 7,09 Euro auf 12,87 Euro.
Auch die mittleren Einkommen verzeichneten deutliche Zuwächse: Der Medianlohn kletterte bundesweit von 15,00 Euro auf 20,68 Euro. In den westlichen Bundesländern stieg er auf 21,02 Euro, im Osten von 12,00 Euro auf 18,56 Euro.
Die höchsten Einkommen legten ebenfalls zu, wenn auch langsamer. Während das obere Einkommenssegment 2014 durchschnittlich 29,03 Euro pro Stunde verdiente, lag dieser Wert 2024 bei 39,05 Euro. In Westdeutschland erreichte er 40,03 Euro, im Osten 32,13 Euro.
Stärkere Angleichung im Osten, aber Westniveau bleibt höher
Die Zahlen zeigen, dass die Lohnsteigerungen in den östlichen Bundesländern überproportional hoch waren. Während die niedrigsten Löhne dort um rund 5,78 Euro pro Stunde gestiegen sind, betrug der Zuwachs im Westen etwa 4,41 Euro. Auch die mittleren Einkommen haben im Osten stärker zugelegt als im Westen.
Besonders auffällig ist, dass sich das Lohngefälle zwischen niedrigen und mittleren Einkommen im Osten stärker verringert hat als im Westen. Während 2014 das mittlere Einkommen noch rund 1,69-mal höher war als das untere Einkommen, beträgt dieser Faktor 2024 nur noch 1,44. Im Westen sank dieser Wert von 1,80 auf 1,62.
Positiver Trend mit anhaltenden regionalen Unterschieden
Die letzten zehn Jahre zeigen eine klare Verbesserung der Lohnstruktur in Deutschland. Die Niedriglohnquote ist gesunken, und das Lohngefälle hat sich spürbar verringert. Besonders in Ostdeutschland profitieren Beschäftigte von steigenden Löhnen, wodurch sich das Einkommensniveau weiter an das Westniveau angenähert hat.
Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung war der gesetzliche Mindestlohn, dessen Anhebung insbesondere zwischen 2022 und 2023 deutliche Effekte auf die unteren Lohngruppen hatte. Trotz der positiven Entwicklung bleibt das allgemeine Lohnniveau im Westen weiterhin höher als im Osten. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob sich dieser Annäherungsprozess weiter fortsetzt.
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