Gesundheitsservices sind mittlerweile aus der Krankenversicherung nicht mehr wegzudenken. In den vergangenen Jahren haben sowohl private als auch gesetzliche Krankenversicherer ihr Angebot dahingehend kontinuierlich ausgebaut. Neben dem allgemeinen Kostendruck befeuern zusätzlich die voranschreitende Digitalisierung und die Kundenorientierung den Wandel vom Kostenerstatter zum Gesundheitsdienstleister.
Ein Beitrag der Assekurata Solutions GmbH
Im Fokus stehen dabei zunehmend digitale Gesundheitsservices – ob zur Behandlungsunterstützung bei bestimmten Krankheitsbildern oder als Präventionsangebot. Vor diesem Hintergrund haben wir im Februar 2022 unsere Kundenbefragung zur Bekanntheit und Inanspruchnahme von Gesundheitsservices unter Privatversicherten wiederholt und um die Perspektive von gesetzlich Versicherten erweitert. Insgesamt nahmen diesmal 630 Personen an der Befragung teil (Vorbefragung: November 2020; n=500). Diese unterteilten sich in 319 privat und 311 gesetzlich Versicherte.
Bekanntheitsgrad von Gesundheitsservices in der PKV im Vorjahresvergleich leicht rückläufig
Knapp eineinhalb Jahre nach der Erstbefragung ist der Bekanntheitsgrad dieser Services in der privaten Krankenversicherung (PKV) nahezu unverändert. Weiterhin gibt über die Hälfte (53,6 Prozent) der befragten PKV-Kunden an, die Gesundheitsservices ihrer Versicherung nicht zu kennen. Damit ist der Anteil gegenüber der Vorbefragung um 3,6 Prozentpunkte gestiegen. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kennt mit 49,5 Prozent nur knapp die Hälfte der Befragten das Gesundheitsangebot ihrer Krankenkasse.
Die geringe Bekanntheit spiegelt sich auch in der Nutzung der Gesundheitsservices wider. So haben laut unserer Befragung 33,8 Prozent der PKV-Kunden Gesundheitsservices ihrer Versicherung bislang in Anspruch genommen. In der Vorbefragung waren es noch 37,6 Prozent gewesen. Als häufigsten Grund für die Nichtnutzung der Services nennen 71 Prozent der Befragten keinen Bedarf beziehungsweise keine Notwendigkeit. Weitere Gründe sind zu wenig Informationen oder kein passendes Angebot.
In der GKV hat immerhin bereits die Hälfte der Befragten (50,6 Prozent) Gesundheitsservices in Anspruch genommen. Aber auch hier ist der häufigste Ablehnungsgrund mit 71 Prozent kein Bedarf. Dies deckt sich mit unseren Kundenbefragungsergebnissen im Rahmen der Unternehmensratings privater Krankenversicherer. Hier liegt die Bekanntheit einzelner Services in der Regel sogar noch weit unter 50 Prozent. Betrachtet man in diesem Zusammenhang nur die chronisch Kranken, also Versicherte, die aufgrund ihrer Erkrankung regelmäßig eine ärztliche Behandlung benötigen, steigt die Akzeptanz der Gesundheitsservices signifikant auf 46,6 Prozent (PKV) beziehungsweise 59,1 Prozent (GKV) an.
Eigenrecherche zeigt wachsendes Interesse an Gesundheitsservices
Wie auch in der Vorjahresbefragung wollten wir wissen, über welche Kanäle die Versicherten von den Services ihres Versicherers erfahren haben. Hier zeigt sich, dass die PKV zumindest nach dem Empfinden ihrer Kundschaft wesentlich aktiver auf ihre Services aufmerksam macht als die GKV.
Während unter den GKV-Versicherten lediglich 46 Prozent über ein Informationsschreiben des Versicherers oder einen Hinweis auf der Leistungsabrechnung von den Gesundheitsservices in Kenntnis gesetzt wurden, sind es unter den PKV-Versicherten 64 Prozent. Allerdings liegt der Wert um zwölf Prozentpunkte unter der Vorjahresbefragung. Wichtig zu berücksichtigen ist an dieser Stelle zum einen die volatile Datenqualität bei privaten Krankenversicherern, die unter anderem auf das Einreichungsverhalten der Kunden zurückzuführen ist. Beispielsweise reichen einige Kunden Rechnungen nicht ein, wenn der Betrag noch innerhalb des Selbstbehalts liegt, sodass die Versicherer keine Informationen erhalten.
Ferner werden Leistungsabrechnungen mit mehreren Diagnosen regelmäßig von Versichererseite nur lückenhaft erfasst, weil diese häufig technisch noch nicht entsprechend aufgestellt sind, um beliebig viele Diagnoseschlüssel zu erfassen. Darüber hinaus unterliegt die Auswertung der Krankheitsdaten auch strengen datenschutzrechtlichen Grenzen, was eine Selektion für die Kundenansprache oder Marketingaktivitäten deutlich erschwert.
In der Konsequenz führt das dazu, dass Versicherer häufig sehr breit und unspezifisch anschreiben. Verwunderlich ist daher auch nicht, dass Versicherte oft keinen Bedarf für eine Nutzung der Angebote sehen. Dabei sind die Kunden durchaus affin gegenüber gesundheitsunterstützenden Maßnahmen. So haben nach eigener Aussage 60 Prozent der GKV- und 44 Prozent der PKV-Kunden hierzu proaktiv Informationen eingeholt. Gegenüber der Vorbefragung steigt der Anteil der PKV-Kunden damit um zwölf Prozentpunkte.
Die zunehmende Digitalisierung ermöglicht vor allem immer mehr E-Health-Angebote, sodass wir in unserer diesjährigen Befragung auch gezielt die digitalen Serviceangebote unter die Lupe genommen haben. Gerade die PKV befindet sich in einem angespannten Marktumfeld mit einem hohen Innovationsdruck – insbesondere, was digitale Gesundheitsservices anbelangt.
Bereits heute stellen die Versicherer auf ihren Internetseiten oder den Gesundheitsportalen zahlreiche Gesundheitsinformationen bereit. Darüber hinaus verfügen viele über Gesundheitstelefone oder eine Ärztehotline. Allerdings stellt sich auch hier die Frage, wie intensiv die Versicherten diese Angebote nutzen.
Kundenportale der Versicherer werden am häufigsten genutzt
Am meisten nutzen sowohl PKV- als auch GKV-Kunden das Kundenportal beziehungsweise die Kunden-App. Fast die Hälfte aller privat und rund 43 Prozent aller gesetzlich Versicherten reichen über diesen digitalen Service beispielsweise Rechnungen ein. Anders sieht es bei den anderen abgefragten Dienstleistungen wie beispielsweise Gesundheits-Apps, Live-Chat oder Symptom-Checker aus.
Weit über die Hälfte der befragten PKV-Kunden weiß nicht einmal, dass ihre Versicherung diese Services bereitstellt. Beim Symptom-Checker sind es sogar drei Viertel der Befragten. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dieser Service, wie auch der Live-Chat oder die Videoberatung, noch relativ neu am Markt ist und insbesondere in den vergangenen zwei Corona-Jahren durch den Lockdown an Bedeutung gewonnen hat.
In der GKV zeigt sich ein ähnliches Bild, auch wenn die einzelnen Services in Summe bekannter sind. In beiden Systemen liegt die Nutzung der Serviceangebote jedoch im einstelligen beziehungsweise unteren zweistelligen Bereich. Unter den zahlreichen Apps für den Gesundheitsbereich befinden sich auch Medizinprodukte mit einer CE-Kennzeichnung, welche vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als digitale Gesundheitsanwendung – kurz DiGA – zugelassen sind. Diese können Ärzte als App auf Rezept verordnen und mit den Krankenkassen abrechnen.
Auch einige private Krankenversicherer erstatten bereits heute die Kosten. DiGAs werden beispielsweise zur Erkennung, Überwachung und unterstützenden Behandlung von Krankheiten eingesetzt. Ein typischer Anwendungsbereich ist beispielsweise die Behandlung von chronischen Erkrankungen, wie Diabetes oder chronische Lungenerkrankungen. Hier steht Patienten eine Kombination aus Informationen, Tagebüchern und einem telemedizinischen Monitoring zur Verfügung. Darüber hinaus können DiGAs zur digitalen Therapie eingesetzt werden und Patienten beispielsweise aktivieren, Bewegungsübungen durchzuführen.
„App auf Rezept“ ist bei Verbrauchern noch nicht angekommen
Allerdings spielt das Thema DiGA bei Verbrauchern derzeit scheinbar kaum eine Rolle. So wissen nur 26 Prozent der PKV- und knapp 30 Prozent der GKV-Kunden von der Möglichkeit, sich Gesundheits-Apps auf Rezept verschreiben zu lassen. Von diesen hat auch nur ein einstelliger Prozentanteil schon einmal eine ebensolche Gesundheits-App beantragt. Selbst unter den Chronikern, die theoretisch die ideale Zielgruppe für die langfristigen digitale Unterstützungsleistungen der DiGA sind, ist die Bekanntheit mit 27,9 Prozent bei PKV- und 30,9 Prozent bei GKV-Kunden nur marginal stärker ausgeprägt.
Die Befragungsergebnisse zeigen, dass allgemeine Gesundheitsservices und digitale Anwendungen heute sowohl in der PKV als auch in der GKV noch nicht vollumfänglich bekannt und die Nutzungsakzeptanz unverändert ausbaufähig ist. Gleichzeitig belegen Studien, dass das Gesundheitsbewusstsein und die Eigenverantwortlichkeit über das individuelle Gesundheitsverhalten insbesondere während der Corona-Pandemie gesellschaftlich zugenommen haben. Mit den Sorgen um die eigene Gesundheit steigt auch das Informationsbedürfnis rund um Gesundheitsthemen. Eigentlich eine ideale Ausgangsbasis für das angestrebte Ziel der Versicherer, sich mit Gesundheitsservices hin zum Kümmerer um die gesundheitlichen Belange ihrer Versicherten zu transformieren.
Die Herausforderung besteht jedoch weiterhin darin, bedarfsgerechte Dienstleistungen anzubieten, die den Bedürfnissen des jeweiligen Kundenbestands entsprechen. Ausgangsbasis hierfür ist eine fundierte Analyse des Bestands, in welcher die Strukturen und häufigsten Diagnosen zu identifizieren sind. Je mehr Kenntnis hierüber vorliegt, desto zielgerichteter können gesundheitsfördernde Maßnahmen ergriffen werden. Ausschlaggebend ist hierbei allerdings nicht die Angebotsbreite, sondern vielmehr die konsequente Ausrichtung auf den Bedarf im Bestand.
Wie unsere Befragungsergebnisse zeigen, stellt allerdings die Vermarktung ebendieser Angebote innerhalb der Versicherten eine große Baustelle dar. Ein großer Teil der Kunden weiß gar nichts von den Services ihres Versicherers. Hier müssen die Gesellschaften noch deutlich zulegen.