Die Pandemie hat es gezeigt: Das duale Gesundheitssystem in Deutschland funktioniert auch in der Krise. Ob gesetzlich oder privat versichert, jeder Bürger kann auf eine funktionierende Gesundheitsversorgung zurückgreifen. Neben der privaten Vollversicherung sind gerade in Pandemiezeiten die Zusatzversicherungen weiter eine elementare Absicherungsmöglichkeit.
Ein Gespräch über die Rolle und Perspektiven der privaten Zusatzversicherung mit Dr. Roland Schäfer, Vorstandsmitglied der ARAG Krankenversicherungs-AG.
Herr Dr. Schäfer, sind Sie ein Fan des dualen Systems?
Dr. Roland Schäfer: Ja sicher! Es bietet seit Jahrzehnten – übrigens auch im internationalen Vergleich – unseren Bürgern eine Gesundheitsversorgung auf hohem beziehungsweise höchstem Niveau und hat sich auch in Pandemiezeiten hervorragend bewährt. Die gesetzlichen und privaten Krankenversicherer sind wichtige Akteure mit verschiedenen Rollen, aber einem gemeinsamen Ziel: eine sich permanent weiterentwickelnde sehr gute Gesundheitsversorgung in Deutschland. Es ist ein grundsätzlicher Fehler der politischen Debatte, stets die Unterschiede zu betonen, statt die Synergieeffekte zu würdigen.
Und trotzdem hat die ARAG Krankenversicherungs-AG unlängst ihr Angebot an Krankenvollversicherungen ausgebaut.
Das ist richtig. Mit ARAG MedExtra und ARAG MedBest haben wir zwei neue Vollversicherungsprodukte aufgelegt, die hervorragend im Markt ankommen. Das sehe ich aber nicht als Widerspruch zum Gesagten. Eine Stärkung der Vollversicherung bedeutet dabei keine Abkehr vom Angebot an Krankenzusatzversicherungen, bei dem sich die ARAG Krankenversicherungs-AG seit vielen Jahren mit leistungsstarken Tarifen weit vorne positioniert.
Die private Krankenversicherung erfüllt zwei Aufgaben: Sie bietet mit der Vollversicherung eine besonders leistungsstarke, nachhaltige Alternative zur gesetzlichen Krankenversicherung. Parallel ermöglicht sie der großen Zahl an gesetzlich Versicherten, sich mittels Zusatzversicherungen individuell, bedarfsgerecht und umfassend abzusichern.
Womit wir schon beim Thema wären: Wie sehen Sie die Zukunft der privaten Krankenzusatzversicherung?
Sehr positiv. Die private Krankenzusatzversicherung ist ein weiterwachsender, unverzichtbarer Bestandteil des dualen Versorgungssystems in Deutschland. Fast 30 Millionen aktive Zusatzversicherungen in Deutschland verdeutlichen sehr gut, dass diese von den Bürgern gerne angenommen wird.
Welche Trends sehen Sie in Bezug auf das Geschäftsfeld Krankenzusatzversicherung?
Allgemein ist bei nahezu allen Produkten zu beobachten, dass das Leistungsspektrum im Sinne der Kunden weiter ausgebaut wird. Interessant ist, dass diese Differenzierung in noch hochwertigere Produkte nicht zwingend mit einem Preisanstieg einhergeht. Dies ist Ausdruck des bereits sehr intensiv geführten Wettbewerbs.
Doch wird es hier auf Dauer intelligenter Lösungen bedürfen, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Für Gewinnerunternehmen werden Smart Pricing und wertschaffende Partnerschaften eine zunehmende Rolle spielen. Ein anderer Trend betrifft die Einfachheit hinsichtlich des gesamten Prozesses vom Kundenzugang bis zur Leistungsabwicklung. Tarifierung, Angebot, Antrag, aber auch die Antragsannahme werden zunehmend elektronisch am Point of Sale oder bei Klärungsbedarf taggleich durchgeführt. Leistungsprozesse werden beim Versicherer mehrheitlich vollelektronisch abgewickelt und zumindest mittelfristig werden Papierrechnungen dem direkten, autorisierten Datenaustausch zwischen Leistungserbringern und Versicherern weichen.
Besonders wichtig sind nach wie vor die Zahn- und die Krankenhauszusatzversicherung. Welche Entwicklungen gibt es hier?
Durch den Trend zu immer leistungsstärkeren Versicherungen entsteht unweigerlich ein zunehmender Preisdruck. Dieser zeigt sich besonders deutlich bei der Zahnzusatzversicherung, dem immer noch absatzstärksten Produkt in der Zusatzversicherung. Eine Erweiterung der tariflichen Leistung oder eine Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses scheinen nach herkömmlicher Betrachtung zunächst recht begrenzt. Ein neuartiges Produktdesign beziehungsweise Pricing, wie beispielsweise bei den „After-the-Event-Policen“, oder Kooperationen mit Leistungserbringern, wie beispielsweise Zahnärztenetzwerken, werden hier neue Entwicklungspotenziale schaffen.
Bei der stationären Zusatzversicherung setzt sich der Trend in Richtung Hybridisierung fort. Ein Weg, den auch die ARAG Krankenversicherungs-AG mit ihren neuen Tarifen ARAG MedKlinik S und ARAG MedKlinik L gegangen ist: Beide Tariflinien gibt es als Ein- und Zweibettzimmertarif inklusive Chefarztbehandlung. Sie verfügen jeweils über einen identischen, sehr hohen Leistungsumfang, der durch familiennahe Services und professionelle Hilfe bei der Arzt- und Kliniksuche ergänzt wird.
MedKlinik S ist nach Art der Schadenversicherung ohne Alterungsrückstellungen kalkuliert, um gerade jüngeren Kunden ein kostengünstiges Angebot ohne Leistungsverzicht unterbreiten zu können. Ab Alter 45 erfolgt eine automatische Umstellung auf MedKlinik L nach Art der Lebensversicherung, um den Beitragsanstieg im Alter wirksam zu begrenzen. Aber auch schon vorher ist es jederzeit möglich, von der Tarifvariante S zu L zu wechseln. Beide Varianten werden hervorragend von ihrer jeweiligen Zielgruppe angenommen.
Sehen Sie neben den erwähnten rein produktbezogenen Entwicklungen weitere Strömungen und Trends?
Ich erwarte für die kommenden Jahre vor allem eine weitere Stärkung der betrieblichen Krankenversicherung und auch der betrieblichen Pflegeversicherung. Die Gesundheitsvorsorge geht damit den Weg, den die Altersvorsorge bereits gegangen ist, indem sich der Arbeitgeber in die Finanzierung der Kosten der Gesundheitsvorsorge einbringt. Die Arbeitgeber können sich so beispielsweise im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitnehmer profilieren und die Mitarbeiter verbessern ihre Gesundheitsvorsorge. Eine typische Win-win-Situation.
Im Vergleich zu anderen Ländern hat dieses Geschäftsfeld noch großes Wachstumspotenzial. Als Erfolgsfaktoren für eine betriebliche Krankenversicherung und eine betriebliche Pflegeversicherung sehe ich neben leistungsstarken Produkten, die die Ansprüche sowohl der Arbeitnehmer wie auch die der Arbeitgeber berücksichtigen, vor allem eine schlanke Verwaltung, die den Arbeitgeber möglichst stark entlastet. Von großer Bedeutung sind zudem innovative und einen konkreten Mehrwert stiftende Serviceleistungen, die nicht nur – aber zunehmend – digital in Anspruch genommen werden können.
Herr Dr. Schäfer, wir danken für das Gespräch.