Ukraine-Konflikt führt zu steigenden Insolvenzen
Der Welthandel und die Weltwirtschaft erhalten durch den Ukraine-Konflikt einen erheblichen Dämpfer und Insolvenzen steigen, insbesondere in Europa. Der weltweit führende Kreditversicherer Euler Hermes rechnet in seiner aktuellen Studie nur noch mit einem Wachstum des Welthandelsvolumens um +4 Prozent für 2022 und damit mit konfliktbedingten Einbußen um mindestens zwei Prozentpunkten (pp).
Beim globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) gehen die Volkswirte von einem Zuwachs um +3,3 Prozent für 2022 aus (-0,8 pp weniger als vor Beginn des Konflikts) und um +2,8 Prozent für 2023. Für Deutschland hat der Kreditversicherer seine Prognose beim BIP-Wachstum ebenfalls um -1,4 pp auf +1,8 Prozent gesenkt. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen könnten die Insolvenzen in Europa mit +23 Prozent im Jahr 2022 deutlich stärker steigen als ursprünglich erwartet. Auch in Deutschland erwartet der Kreditversicherer mit +4 Prozent eine Trendwende bei den Pleiten. Ludovic Subran, Chefvolkswirt von Allianz und Euler Hermes, sagt:
Bei einer weiteren Eskalation des Konflikts droht 2023 eine Rezession für die gesamte Weltwirtschaft, für die Eurozone und auch für Deutschland.
Russland stürzt in Rezession: Schockwellen in Zentral- und Osteuropa deutlich spürbar
Die aktuellen Sanktionen treffen Russlands Wirtschaft hart und das Land fällt mit -8 Prozent beim BIP in eine starke Rezession. Bei einer weiteren Eskalation dürfte die Wirtschaftsleistung sogar um -16 Prozent schrumpfen. Für den Welthandel insgesamt ist Russland zwar nicht systemrelevant, in einigen Bereichen dürften die jüngsten Entwicklungen dennoch spürbare Schockwellen auslösen. Subran erklärt:
Insbesondere die stark abhängigen Exporteure in Zentral- und Osteuropa könnten herbe Einbußen erleiden. Zudem geraten Lieferketten in einigen Branchen erneut unter großen Druck, insbesondere in der Halbleiter- und Automobilindustrie. Benötigte Metalle, spezielle Gase und Kabel sind knapp und könnten zu unterbrochenen Lieferketten führen.
Schifffahrt: Umwege von Containerschiffen setzen Lieferketten aus Fernost unter Druck
Containerschiffe vermeiden zudem konfliktbedingt aktuell das Schwarze Meer und nehmen weniger direkte und deutlich zeitaufwändigere und kostspieligere Routen in Kauf. Milo Bogaerts, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sagt:
Die Umleitung von Frachtschiffen hat zusammen mit den hohen Energiepreisen Auswirkungen auf Frachtraten und Lieferzeiten – und damit auch auf die Lieferketten aus Fernost. Hinzu kommen die strikten Covid-Maßnahmen in China, die zu Produktionsunterbrechungen und teilweise zu vorübergehenden Schließungen von einzelnen Häfen führen.
Eine Stabilisierung der angespannten Situation in der Logistik liege dadurch aktuell auf Eis und bringt viele Unsicherheiten mit sich, so der CEO.
Weltwirtschaft ausgebremst: Risiko von Zahlungsausfällen und Insolvenzen steigt
Durch die ausgebremste Weltwirtschaft steigt vielerorts das Risiko von Zahlungsausfällen und auch Insolvenzen dürften wieder merklich ansteigen, insbesondere in Europa. Bogaerts betont:
In Deutschland sind die Insolvenzen immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau – aber die verlangsamte Konjunktur dürfte 2022 wahrscheinlich eine Trendwende auslösen, mit höheren Risiken in den sensibelsten Sektoren wie Energie, Transport und Automobilzulieferer. Wir gehen derzeit von etwa 4 Prozent mehr Insolvenzen aus als im Jahr 2021.
Der potenzielle Anstieg der Insolvenzen in Europa habe sich durch den Konflikt in diesem Jahr um 7 Prozentpunkte auf +23 Prozent erhöht und werde im kommenden Jahr um 4 Prozentpunkte auf +17 Prozent steigen, sofern keine entsprechenden Gegenmaßnahmen implementiert werden, so Bogarts.
Zahlreiche weitere Risiken stellen Unternehmen aktuell vor große Herausforderungen: Insbesondere die Entwicklung der Energiepreise, die zu einer deutlich höheren Inflationsrate führen als ursprünglich erwartet. Die Euler Hermes Experten haben die Prognose durch den Konflikt in der Ukraine für Deutschland um 2,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert: Sie erwarten für die Bundesrepublik im Jahr 2022 nun eine Teuerung um 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – bei einer weiteren deutlichen Eskalation des Ukraine-Konflikts sogar um +7 Prozent.
Aber auch weitere potenzielle (geo-)politische Risiken sollten Unternehmen im Auge behalten. Die Spannungen im Handelskonflikt zwischen den USA und China bergen zahlreiche Unsicherheiten. Zudem stehen in Frankreich und Brasilien Wahlen an, die zahlreiche Veränderungen mit sich bringen könnten.
Gewinner gibt es in der aktuellen Situation nur wenige. Lediglich Rohstofflieferanten in Mittelost sowie in einigen lateinamerikanischen Staaten könnten von den Bemühungen einiger europäischer Staaten profitieren, sich unabhängiger von russischen Gas- und Öl-Lieferungen zu machen.
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