Am 26. September 2021 ist Bundestagswahl. Was die Parteien erreichen wollen, beschreiben sie in ihren Wahlprogrammen. Im Fokus stehen der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit und Digitalisierung, die Lehren aus der Pandemie, soziale Gerechtigkeit, Steuern und Bildung. Uns interessiert: Was planen CDU/CSU, Grüne, SPD, FDP, Linke und AfD zum Thema Steuern?
Staatshilfen, Schulden, Investitionen, Entlastungen. Welchen Weg schlägt Deutschland nach der Bundestagswahl ein? Die Steuerpolitik spielt für diese Frage eine entscheidende Rolle. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland an der Spitze bei der Belastung durch Steuern und Abgaben. Sollen Unternehmen und Bürger entlastet werden, um die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum zu schaffen, oder soll der Staat durch Aufnahme von Krediten und einem hohen Steueraufkommen selbst investieren?
Neben dieser volkswirtschaftlichen Grundsatzfrage interessiert uns, welche Angebote die Parteien an Sparer und Kleinanleger machen. Welche Ideen haben sie, um auf die Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung, das sinkende Versorgungsniveau und die wachsende Rentenlücke zu reagieren? Immer mehr Bürger werden auf eine zusätzliche Altersversorgung angewiesen sein.
Dabei stellen die anhaltend niedrigen Zinsen für viele Sparer ein Problem bei der Vermögensbildung dar. Sparbücher, Tagesgeldkonten oder Lebensversicherungen bringen keine oder sehr geringe Rendite. Sind die Parteien daher bereit, die private Vermögensbildung besser zu fördern?
Wollen sie die in Deutschland ohnehin gering ausgeprägte Geldanlage am Kapitalmarkt durch steuerrechtliche Änderungen fördern und so für Kleinanleger attraktiver machen?
Aus den Wahlprogrammen
Das Thema Steuern spielt in den Wahlprogrammen aller Parteien eine zentrale Rolle. SPD, Grüne und Linke setzen auf Steuererhöhungen, um beispielsweise Haushaltslöcher in Folge der Pandemiebekämpfung zu stopfen. Alle drei Parteien sprechen sich für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes aus und wollen eine Vermögensteuer einführen. Die Linke fordert zusätzlich noch eine Vermögensabgabe für „Superreiche“.
CDU/CSU und FDP setzen auf steuerliche Entlastungen und erhoffen sich davon wirtschaftliches Wachstum. Sie lehnen Steuererhöhungen generell ab und erteilen einer Vermögensteuer explizit eine Absage. Außerdem wollen sie, dass der Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer erst bei höheren Einkommen greift als bisher.
SPD, Grüne und Linke wollen an den bestehenden Belastungen von Kapitalerträgen durch den Solidaritätszuschlag festhalten. CDU/CSU wollen den Solidaritätszuschlag auch auf Kapitalerträge schrittweise abschaffen. AfD und FDP wollen die Abschaffung sofort umsetzen. Grüne und Linke wollen die Abgeltungsteuer abschaffen.
Unter der Überschrift „Vermögensbildung für jeden“ wollen CDU/CSU den Sparer-Pauschbetrag erhöhen und planen darüber hinaus, die vermögenswirksamen Leistungen durch die Erhöhung der Einkommenshöchstbeträge und eine Steuerbefreiung der daraus entstandenen Gewinne nach einer nicht näher benannten Mindesthaltedauer zu stärken.
Auch die FDP fordert eine deutliche Erhöhung und regelmäßige Anpassung des Sparer-Pauschbetrags sowie eine Spekulationsfrist von drei Jahren für private Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren.
Für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, möglichst im europäischen Kontext, sprechen sich CDU/CSU, Grüne, SPD und Linke aus. Die FDP lehnt das ab.
FDP, SPD, Grüne und Linke wollen die nach ihren Angaben missbräuchliche Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Immobilieninvestoren mittels „Share Deals“ verhindern. Zur Förderung von Wohneigentum wollen CDU/CSU und FDP natürlichen Personen Freibeträge von der Grunderwerbsteuer für den Ersterwerb von selbst genutztem Wohnraum einräumen.
CDU/CSU planen hier 250.000 Euro pro Erwachsenen plus 100.000 Euro pro Kind. Die FDP will einen pauschalen Freibetrag von 500.000 Euro gewähren. Dieser Freibetrag soll wieder auffüllbar sein, damit er bei einem Verkauf für einen neuen Erwerb wieder zur Verfügung steht.
Die AfD will den Erwerb von Wohneigentum unter anderem durch die Abschaffung der Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Immobilien zur Eigennutzung erleichtern.
Gegen Steuerhinterziehung und aggressive Steuergestaltungen wollen SPD, Grüne und Linke die EU-weite Anzeigepflicht für Steuergestaltungen um eine nationale Anzeigepflicht ergänzen.
Bewertung
Die Vorschläge der Parteien unterscheiden sich stark. Die größten inhaltlichen Übereinstimmungen beobachten wir bei CDU/CSU und FDP einerseits und bei SPD, Grünen und Linken andererseits. Wobei die Linke durch einige extreme Forderungen auffällt. Gleiches gilt für die AfD, die kein eigenes Steuerkonzept vorlegt, sondern sich dem Steuerreformkonzept von Prof. Paul Kirchhof anschließt, mit dem CDU/CSU im Jahr 2005 Wahlkampf gemacht haben.
Unabhängig vom Ergebnis der Wahl dürfte die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer in der nächsten Legislaturperiode wieder auf der Tagesordnung stehen. Ebenso werden uns wohl die Abgeltungsteuer und „Share Deals“ begleiten.
Mit Blick auf die steuerliche Förderung von privater Vermögensbildung sind die Wahlprogramme aller Parteien enttäuschend. SPD, Grüne und Linke beschäftigen sich in ihren Programmen überhaupt nicht mit diesem Thema. Die wenigen Vorschläge von CDU/CSU und FDP sind in Ansätzen positiv, aber nicht ehrgeizig.
Attraktive Angebote für Sparer und Kleinanleger konnten wir in keinem der Programme finden.
Forderung an den Koalitionsvertrag
Wir fordern, den privaten Vermögensaufbau steuerlich attraktiver zu machen. Die nächste Bundesregierung sollte für Verbraucher zusätzliche Anreize schaffen, damit sich Sparen im Niedrigzinsumfeld lohnt.
Weitere steuerliche Belastungen wie eine Finanztransaktionssteuer sind kontraproduktiv. Sie würde die Rendite von in Deutschland und der EU gehandelten Aktien nachhaltig schmälern und zu Ausweichbewegungen der Anleger führen. Das schadet dem ohnehin schon zu geringen Aktienbesitz in Deutschland. Eine Finanztransaktionssteuer würde den Vermögensaufbau und die private Altersvorsorge schwächen. Wir lehnen sie daher ab.
Die Abgeltungsteuer muss erhalten bleiben. Sie ist einfach, fair und verhindert weitere Wettbewerbsverzerrungen gegenüber Lebensversicherungen. Leider lässt sich gegen die Abgeltungsteuer leicht Stimmung machen. Doch bevor man sie leichtfertig abschafft, sollten Kritiker bedenken, dass diese Steuer nicht nur mit einem Milliardenaufwand eingeführt worden ist, sie stellt auch eine deutliche Erleichterung für die Finanzverwaltung dar, weil die Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht veranlagt werden müssen.
Die BVI-Forderungen
- Sparer-Pauschbetrag auf 1.000 Euro erhöhen und an die künftige Inflation und Lohnentwicklung koppeln
- die Möglichkeit schaffen, den nicht verbrauchten Teil des Sparer-Pauschbetrags in Folgejahre mitzunehmen
- Solidaritätszuschlag auf Kapitalerträge sofort komplett abschaffen
- das bewährte System der Abgeltungsteuer erhalten
Themen:
LESEN SIE AUCH
Diesen Parteien vertrauen Finanzberater
Im Durchschnitt erhält die CDU/CSU (rund 47 Prozent) die meisten Beraterstimmen, gefolgt von der FDP (24 Prozent). SPD, die Grünen, AfD und BSW landen mit je 6 Prozent bis 7 Prozent deutlich dahinter. Die Linke spielt mit 1 Prozent keine Rolle. Und der Rechtsruck bei der Europawahl 2024 kam nicht unerwartet.
Nach der Wahl: Steuerschock für Immobilienbesitzer?
AfW-Wahlprüfsteine: Letzte Aktualisierungen
Im BVI-Check: Wahlprogramme & Nachhaltigkeit
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt: Fahrradversicherung oft unverzichtbar
Fahrräder sind in Deutschland ein beliebtes Fortbewegungsmittel – sowohl im Alltag als auch in der Freizeit. Doch mit der steigenden Zahl an hochwertigen Modellen, insbesondere E-Bikes, wächst auch das Risiko von Diebstählen. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik wurden allein 2023 über 260.000 Fahrräder als gestohlen gemeldet, die tatsächliche Zahl dürfte jedoch weit höher liegen.
Insolvenzverfahren über ELEMENT eröffnet: Versicherungsschutz läuft aus
Das Insolvenzverfahren über die ELEMENT Insurance AG ist eröffnet. Die bestehenden Versicherungsverträge enden größtenteils zum 1. April 2025. Versicherten wird dringend geraten, schnell eine neue Absicherung zu suchen.
Aon-Marktprognose 2025: „Bürokratie bremst den Fortschritt aus“
Das Beratungsunternehmen Aon hat seine Marktprognose für den deutschen Versicherungsmarkt 2025 veröffentlicht. Der Bericht zeigt: Unternehmen müssen sich zunehmend mit komplexen und global vernetzten Risiken auseinandersetzen. Politische Unsicherheiten, hohe Kosten und der Klimawandel setzen Unternehmen unter Druck.
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.