Das OLG Nürnberg hatte am 03.02.2021 in seinem Beschluss festgestellt, dass Drainagerohre nicht imstande sind einen Leitungswasserschaden im Sinne der Wohngebäudeversicherung auszulösen (OLG Nürnberg v. 03.02.2021 – 8 U 3471/20).
Der Kläger wollte den beklagten Versicherer auf Ersatzleistung aus einer Wohngebäudeversicherung in Anspruch nehmen. Dem Vertrag liegen die VGB 2008 zugrunde. Geltend gemacht wurde ein Wasserschaden, der durch einen Wasseraustritt außerhalb des versicherten Gebäudes ausgelöst wurde.
Durch den Regen kam es zu einer Ansammlung des Regenwassers in den Drainagerohren, wodurch ein Rückstau ausgelöst wurde. Daraufhin lief aus einem mit dem Abwasserrohr verbundenen Drainagerohr das Wasser in den Erdboden und gelang so in das Gebäude.
Das Drainagesystem verläuft um das Haus herum. Obwohl für die Drainagerohre eine Rohrbruchversicherung bestand, wies das OLG die Klage ab.
Versicherungsfall: Leitungswasserschaden
In Ziffer 6.1 der VGB 2008 ist das versicherte Leitungswasser-Risiko beschrieben:
„Wasser aus Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung oder mit dem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen der Wasserversorgung bestimmungswidrig ausgetreten“
Zu klären war, ob das Wasseraustreten aus dem Drainagesystem als Austritt aus einem Zu- oder Ableitungsrohr der Wasserversorgung zu klassifizieren ist.
Die Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnis verstehen muss.
Zwar ist Wasser aus der Drainage ausgetreten und diese ist auch an die vom Gebäude wegführende Abwasserleitung angeschlossen. Aber ihr bestimmungsgemäßer Zweck ist nicht die Gebäudeversorgung mit Wasser oder die Ableitung von solchem.
Der bauliche Zweck ist die Entwässerung des Bodens. Als eine „sonstige Einrichtung“ im Sinne der Versicherungsbedingung kommt nur eine Anlage in Betracht, die ihrerseits der Wasserversorgung dient (siehe auch: OLG Hamm, Beschluss v. 18.11.2016, Az.: 20 U 148/16).
Sofern das Regenwasser noch nicht in die Abwasserleitung gemündet hat, ist es Regenwasser und kein Leitungswasser. Tritt das Wasser aus einer Beschädigung des geschlossenen Drainagesystems aus, liegt mithin kein Austritt von Leitungswasser, sondern Regenwasser vor.
Gegen eine Verständnismöglichkeit als Leitungswasseraustritt spricht auch der Versicherungsfall der Rohrbruchversicherung. Die Versicherungspflicht wird primär auf das Sachschadensrisiko der Rohre begrenzt.
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer muss erkennen, dass nur die Kosten der Rohrbruchbeseitigung selbst gedeckt werden. Eine Deckungspflicht für die Folgen eines Wasserschadens ist davon jedoch nicht erfasst.
Es liegt damit im Ergebnis kein versichertes Risiko vor.
Fazit und Hinweis für die Praxis: Insbesondere in der Wohngebäudeversicherung ist die Handhabung von Rechtsbegriffen stark an die tatsächlich vorzufindende Baustruktur gebunden. Im Falle eines Wasserschadens, ist maßgeblich, wo das Wasser ausgetreten ist. Der Versicherungsschutz ist dabei stark Objekt-orientiert.
Bei Schadensfällen im Sachversicherungsrecht sollte immer der jeweilige Einzelfall juristisch überprüft werden. Anhand bereits ergangener Rechtsprechung sollte überprüft werden, ob der eingetretene Schaden von der Versicherung, beziehungsweise den Versicherungsbedingungen gedeckt ist.
Entsprechend sollte eine Strategie zur Rechtsverfolgung geplant werden, um die Ansprüche aus der Versicherung zu verfolgen. Damit die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht vereitelt werden, sollte zwingend ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden.
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Weitere Informationen und Rechtsprechungen finden Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst.