Auch nach mehr als einem Jahr Pandemie sieht BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler keine Systemkrise auf die deutschen Banken zukommen. Zur Vorsicht mahnte der BaFin-Präsident dennoch.
In seiner Rede zur Jahrespressekonferenz der Behörde, die in diesem Jahr als aufgrund der Pandemie als Videokonferenz stattfand, betonte er, dass eine Entwarnung derzeit nur für das System, also die Branche als Ganzes, ausgesprochen werden könne. Institute, die bereits vor der Krise auf wackligen Beinen standen, würden die Pandemie möglicherweise nicht überstehen.
Es sei jedoch nicht Aufgabe der BaFin, solche Marktaustritte um jeden Preis zu verhindern, machte Röseler deutlich. Das Schicksal einer Bank liege in den Händen ihrer Manager. Wenn der Ernstfall eintrete, sorge die BaFin mit dafür, dass die Insolvenz ordentlich vonstattengehe oder das Institut abgewickelt werde.
Kostensenkung als Teil der Wettbewerbsfähigkeit
Röseler wies darauf hin, dass sich die Cost-Income-Ratio, eine wichtige Kennzahl für die Effizienz der Institute, in den vergangenen 15 Jahren fast durchgängig verschlechtert habe. Das liege nicht nur an sinkenden Erträgen, sondern auch an steigenden operativen Kosten.
Der Exekutivdirektor Bankenaufsicht sagte:
„Wenn deutsche Institute dauerhaft wettbewerbsfähig sein wollen, müssen sie ihre Kosten noch viel rigoroser senken als bisher. Die Digitalisierung stellt die Geschäftsmodelle der traditionellen Institute auf eine harte Probe. Die Pandemie wirkt hier wie ein Beschleuniger.“
BaFin passt ihre Aufsicht an neue Realität an
Röseler vertritt die Auffassung, dass sich die Behörde noch mehr mit den Geschäftsmodellen der Institute beschäftigen und noch intensiver hinter deren Fassade schauen sollte.
Die klassischen Kennziffern wie die Eigenkapitalquote und Liquiditätskennziffern allein reichen nicht aus, um alle Risiken zu erkennen. Das war schon bei Wirecard so – und später auch bei der Greensill Bank.
Der Fall Wirecard habe die Arbeit der BaFin geprägt. Sehr genau und sehr umfassend habe die Bafin analysiert, welche Schlussfolgerungen daraus für bestimmte Arbeitsweise gezogen werden müssten.
Stärkung der Bilanzkontrolle durch Fokusaufsicht und Taskforce
Mit Blick auf die Neuaufstellung der Behörde betonte Röseler, dass die BaFin schlagkräftiger werde. So solle noch in diesem Monat der Pilot der künftigen Fokusaufsicht starten.
Die Taskforce als ein weiteres zentrales Teilprojekt des Modernisierungsvorhabens solle Mitte August an den Start gehen und Hand in Hand mit der Fokusaufsicht arbeiten. Auch von der geplanten Stärkung der Bilanzkontrolle verspricht sich Röseler einen Zugewinn an Schlagkraft.
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