Die Pensionsverpflichtungen der heutigen DAX-Unternehmen sind 2020 um 1,8 Prozent auf 409 Milliarden Euro gesunken (2019: 416 Milliarden Euro). Auch die Pensionsvermögen liegen niedriger als im Vorjahr: Sie sanken um 3,9 Prozent auf 266 Milliarden Euro (2019: 277 Milliarden Euro).
Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass Unternehmen mit hohen Pensionsverpflichtungen und -vermögen den DAX verlassen haben, während Unternehmen mit geringeren Pensionsverpflichtungen und -vermögen nachrückten.
Hierdurch wurden Effekte, die aus den Rahmenbedingungen an den Kapitalmärkten beeinflusst wurden, überkompensiert: Der noch weiter gesunkene Rechnungszins (0,80 Prozent; -31 Basispunkte) ließ den Umfang der Pensionsverpflichtungen weiter ansteigen, während gute Erträge (+3,8 Prozent) die Pensionsvermögen vergrößerten.
Der spezifische Ausfinanzierungsgrad blieb dennoch nahezu stabil. Er sank 2020 im Vergleich zum Vorjahr um einen Prozentpunkt auf 65 Prozent. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „DAX-Pensionswerke 2020“ der Unternehmensberatung Willis Towers Watson.
Dr. Heinke Conrads, Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei Willis Towers Watson, äußert sich dazu wie folgt: „Angesichts eines von der Corona-Krise deutlich geprägten volatilen Aktienjahres sowie des verschärften Zinsdrucks hätte man durchaus einen stärkeren Rückgang des Ausfinanzierungsgrads erwarten können. Tatsächlich wurden die Pensionswerke aber sehr stabil gemanagt.
Dies bestätigt den Erfahrungswert, dass viele große Unternehmen ihre Pensionswerke wetterfest aufgestellt haben und klug managen, so dass sie auch bei schwierigeren externen Rahmenbedingungen stabil laufen. Dass die Pensionsvermögen 2020 in Summe dennoch niedriger sind als 2019 ist im Wesentlichen auf die Änderungen im Index zurückzuführen.“
Volatiler Einfluss der Aktienmärkte auf Pensionsvermögen
Nachdem an den Aktienmärkten zu Beginn der Corona-Krise deutliche Kursverluste in Höhe von etwa 30 Prozent zu verzeichnen waren, erholten sich die Kurse auf Basis der umfangreichen fiskalischen und geldpolitischen Veränderungen rasch wieder, so dass das Kalenderjahr mit leichten Kursgewinnen zu Ende ging. Dies schlägt sich auch in den Erträgen auf die Pensionsvermögen nieder, die 9,9 Milliarden Euro betrugen.
Dies ist weniger als im Vorjahr (30,2 Milliarden Euro), was aber mit Blick auf das gute Aktienjahr 2019, in dem zudem Erträge auf wesentlich höhere Pensionsvermögen erwirtschaftet wurden, nicht erstaunt.
Tatsächlich konnten die DAX-Unternehmen ihre eigene Renditeerwartung für ihre Pensionsvermögen 2020 (3,4 Milliarden Euro) deutlich übertreffen. Darüber hinaus haben viele Unternehmen – wie in den Vorjahren auch schon – ihre Pensionsvermögen durch zusätzliche Dotierungen ausgebaut. So wurden insgesamt rund 7,8 Mrd. Euro (Vorjahr 7,6 Milliarden Euro) zusätzlich für die Pensionszahlungen reserviert.
„Offenbar konnten die Unternehmen 2020 ihre Pensionsanlagen in Summe gut durch die Kapitalmarktturbulenzen steuern und vom Aufschwung an den Kapitalmärkten profitieren. Dass sie darüber hinaus über Jahre hinweg die spezifische Finanzierungsbasis ihrer bAV freiwillig durch zusätzliche Dotierungen ausbauen, verdeutlicht einmal mehr, welchen Stellenwert die bAV als Instrument zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung genießt.“
Die spezifischen Pensionsvermögen werden unwiderruflich vom restlichen Unternehmensvermögen reserviert und ausschließlich für die Zahlung der künftigen Betriebsrenten reserviert. Unternehmen in Deutschland können wählen, ob sie ihre Pensionsverpflichtungen (ganz oder teilweise) mit spezifischem Pensionsvermögen bedecken oder Bilanzrückstellungen bilden.
Diese Entscheidung hängt häufig mit der jeweiligen Geschäftsstrategie zusammen. Die zukünftigen Betriebsrentenansprüche werden von dieser Entscheidung nicht berührt.
Verschärftes Niedrigzinsumfeld befeuert Diskussion über Garantiemodelle
Der Rechnungszins fiel von dem letztjährigen Tiefstand weiter. Aktuell setzen die DAX-Unternehmen im Median einen Rechnungszins von 0,80 Prozent.
Das sind 31 Basispunkte weniger als im Vorjahr (2019: 1,11 Prozent). Eine Zinswende ist angesichts der Kapitalmarkt-Stützungsmaßnahmen der Notenbanken vorerst nicht zu erwarten.
Hanne Borst, Leiterin Actuarial Consulting bei Willis Towers Watson, berichtet:
„Kurz zusammengefasst bedeutet das: Auskömmliche Renditen für die bAV lassen sich mit den herkömmlichen Garantiemodellen nicht mehr erzielen. Das Sozialpartnermodell ist eine mögliche Alternative. Zudem erarbeiten Versicherer und Unternehmen neue Modelle, die reduzierte Garantien und damit höhere Renditechancen beinhalten.“
Allerdings bevorzugen zwei Drittel aller Mitarbeiter (66 Prozent) Garantien in der bAV gegenüber hohen Ertragschancen.
Borst führt weiter aus: „Im aktuellen Zinsumfeld lassen sich mit den herkömmlichen Garantiemodellen garantiert nur niedrige Erträge erwirtschaften. Es gilt also, Mitarbeitern das Für und Wider von Garantiemodellen nahezubringen, damit sie gute Entscheidungen für ihre Altersvorsorge treffen können. Hier besteht noch viel Handlungsbedarf.“
Immerhin: Jüngere Mitarbeiter sind offener für eine neue Balance von Sicherheit und Renditechancen. Von den unter 25-Jährigen, die im Niedrigzinsumfeld großgeworden sind, präferiert nur die Hälfte (51 Prozent) Garantien, während es bei den über 55-Jährigen, die auf eine lange Hochzinsphase zurückblicken, 74 Prozent sind, wie der Global Benefits Attitudes Survey von Willis Towers Watson zeigt.
Digitalisierungsschub in der bAV
Spätestens als im Frühjahr 2020 auch bAV-Administrationstätigkeiten zum großen Teil von jetzt auf gleich ins Home-Office verlegt wurden, zeigte sich, dass eine weitere Digitalisierung unverzichtbar ist. Zwar wurden die Grundfunktionen durch die Aktivierung der Notfallmaßnahmen nicht wesentlich beeinträchtigt. Dennoch sehen 60 Prozent der für eine Studie von Willis Towers Watson befragten Unternehmen die Pandemie als Antriebsfeder für die weitere Digitalisierung in der bAV.
Aktuarin Hanne Borst berichtet: „Dies ist durchaus sinnvoll, lässt sich somit doch nicht nur in der Verwaltung, sondern beispielsweise auch im Bereich der versicherungsmathematischen Gutachten eine höhere Prozesseffizienz und -qualität erzielen.“
Heinke Conrads ergänzt: „Last but not least lassen sich auf dieser Basis digitale Informations- und Administrationsportale entwickeln, die weit mehr können, als ‚nur‘ Informationen zu liefern: Vom User her gedacht können bAV-Portale Mitarbeiter begeistern und den Administrationsaufwand für HR wesentlich vereinfachen.“
Unternehmen setzen weiterhin auf bAV als personalpolitisches Instrument
Angesichts eines verstärkten Fachkräftemangels setzen viele Unternehmen (nicht nur im DAX) auf eine gute bAV als Instrument zur Mitarbeitergewinnung und -bindung.
Unternehmensberaterin Conrads weiß und betont: „Dieses Argument hören wir immer wieder in Gesprächen mit Unternehmen und dies zeigt sich auch Jahr für Jahr wieder bei den Preisträgern des Deutschen bAV-Preises. Hier entsteht eine Win-Win-Situation: Mitarbeiter wünschen sich Unterstützung bei der Altersversorgung und Arbeitgeber können Steuervorteile und Skaleneffekte nutzen, um ihren Mitarbeitern Wege zu einer guten Altersversorgung zu eröffnen. Unternehmen, die sich hier engagieren, haben es leichter, Mitarbeiter zu gewinnen und sie auch langfristig im Unternehmen zu halten.“
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