Die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA hat Mitte November 2020 im Rahmen eines Konsultationsverfahrens den Marktteilnehmern die Möglichkeit eingeräumt, durch Beantwortung eines Online-Fragebogens an der für das Jahr 2021 anstehenden Evaluierung der IDD mitzuwirken.
Auch die Versicherungsvermittler haben so die Möglichkeit, noch bis Ende Januar 2021 (zum EIOPA-Fragebogen) ihre Erfahrungen mit den IDD-Reglungen einzubringen. Das DIVA hat in diesem Kontext im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater 826 Verbandsmitglieder (Vermögensberater als Versicherungsvermittler nach §34d GewO) befragt.
Die detaillierten Ergebnisse der Befragung sind auf den Websites des BDV (IDD-Umfrage 12/20) und des DIVA (IDD-Umfrage 12/20) abrufbar.
Beratungsqualität auf hohem Niveau
Das DIVA weist anhand von Verbraucherbefragungen (Assekurata und YouGov), der Stornoquote in der Lebensversicherung und den Beschwerdestatistiken der BaFin und des Versicherungsombudsmannes nach, dass es keinerlei Indizien für Missstände in der Versicherungsvermittlung gibt und die Beratungsqualität auch schon vor Inkrafttreten der IDD auf hohem Niveau war. Dazu Prof. Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des DIVA:
"Die IDD hatte ganz klar das Ziel, die Beratungsqualität der Vermittler zugunsten der Verbraucher zu verbessern. Für den deutschen Markt wäre dies nicht notwendig gewesen: Die Qualität war und ist bereits hoch, das zeigen die langfristigen Trends bei allen Erhebungen."
Kritisch sieht Heuser die Rolle der Verbraucherzentralen:
"Die Verbraucherzentralen finden meistens viel Gehör. Sie bleiben aber - abgesehen von Einzelfällen - den Nachweis von systematischen Missständen schuldig. Außerdem sind sie Wettbewerber der Vermittler, da sie selbst in Sachen Versicherungen gegen Honorar beraten."
Resonanz auf IDD-Regelungen ist ambivalent
Die Befragung der Vermögensberater zeigt kein einheitliches Bild, aber eine klare Tendenz: Die auf den Verbraucherschutz gerichteten Regelungen der IDD, also die Weiterbildungsverpflichtung, die Geeignetheitsprüfung, der Kosten- und Renditeausweis und die Produktinformationsblätter werden nach Einschätzung der Vermögensberater nur von einem kleineren Teil der Verbraucher positiv gesehen.
Die meisten Verbraucher erkennen keinen Nutzen oder interessieren sich dafür nicht. Auf der anderen Seite werden die Vermittler erheblich administrativ belastet.
Dazu Heuser: "Insbesondere kleinere Vermittler leiden unter der Regulierung. Fast alle geben an, dass sich die Kosten in den letzten Jahren massiv erhöht und die Umsätze eher nach unten bewegt haben.
Die DIHK-Statistik weist entsprechend auch seit Jahren einen stetigen, durchaus signifikanten Rückgang der Vermittlerzahlen aus. Das ist eine äußerst bedenkliche Folge der Regulierung."
Als Konsequenz fordert Heuser, bei Überprüfung der IDD nicht nach zu schärfen, sondern Regulierung abzubauen.
Professionelle Privatkunden fühlen sich gegängelt
Über 90 Prozent der Verbraucher würden ohne Beratung die falschen oder gar keine Versicherungsentscheidungen treffen. Und allenfalls bei sehr einfachen Versicherungsprodukten würde rund ein Drittel der Verbraucher den eigenen Bedarf richtig einschätzen. So die Ergebnisse der Vermittlerbefragung.
Bei professionellen Privatkunden, die ausreichend kompetent und kundig sind, konstatieren die Befragten eine Gängelung. "Insbesondere beim Kosten- und Renditeausweis und bei der Geeignetheitsprüfung sollten für solche Kunden bei Neufassung der IDD Ausnahmeregelungen gelten. Wer kompetent ist, braucht keine engmaschige Regulierung", sagt Heuser.
Geht es um die Digitalisierung der Beratung, ist das Urteil eindeutig: 90 Prozent der befragten Vermögensberater geben an, dass die Regulierung die Beratung und Vermittlung deutlich komplexer macht und dadurch auch die Digitalisierung massiv bremst.
Dies hat sich ganz besonders in der Corona-Zeit gezeigt. Gerade die dabei gemachten Erfahrungen sollten genau analysiert und in die Evaluierung der IDD mit einbezogen werden. Auch hier gilt: Weniger Regulierung wäre notwendig, um effektive Digitalisierung zu ermöglichen.
Zum DIVA - Deutsches Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung
Das DIVA ist das Forschungsinstitut des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV) und zugleich Hochschulinstitut der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW). Wesentlicher inhaltlicher Forschungsfokus sind die namensgebenden Gebiete der Vermögensbildung und der Altersvorsorge. Hierzu veröffentlicht das Institut zweimal jährlich den Deutschen Geldanlage-Index und den Deutschen Altersvorsorge-Index. Sie basieren auf den DIVA-Tandemumfragen, repräsentativen Doppelbefragungen von Endverbrauchern einerseits und zertifizierten Finanzanlagenvermittlern gemäß § 34f GewO als Experten andererseits.
Themen:
LESEN SIE AUCH
KI – eine Chance für die Versicherungswirtschaft
Künstliche Intelligenz als technologischer Entwicklungsschritt, eröffnet der Versicherungswirtschaft viele Chancen. Dafür bedarf es aber geeigneter Regulierungen sowie technologieoffener Kontrollmechanismen. Aktuarinnen und Aktuare können einen wichtigen Beitrag leisten, um KI in der Branche zu etablieren.
Schadenfall: Wie unterscheiden sich die Bedürfnisse der Versicherten?
Ein neues Whitepaper geht der Frage nach, welche Rolle die Digitalität im Falle einer Schadenmeldung für Kund*innen spielt und ob sich ein Wandel der Kundenanforderungen über die verschiedenen Generationen hinweg feststellen lässt.
App „V-Quiz“ für IDD Stunden
Die Züricher Zaigen GmbH führte die Quiz-App für IDD Stunden bereits 2018 im D-A-CH-Raum ein und bietet den Service mit über 8.000 verfügbaren Fragen jetzt auch auf dem Desktop an.
bAV-Verwaltung: Digital geht vor Papier
Pflege: Ein Thema, das (fast) jeden betrifft
Verlieren Deutschlands Makler den Spaß am Beruf?
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.
Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün
Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.
Lebensversicherung: Überschussbeteiligung 2025 steigt weiter – doch nicht in der Breite
Die Überschussbeteiligungen deutscher Lebensversicherer steigen weiter, wenn auch weniger stark als im Vorjahr. Eine Analyse von MORGEN & MORGEN zeigt, dass fast alle Versicherer mindestens zwei Prozent bieten, während jeder fünfte Anbieter drei Prozent oder mehr gewährt. Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating, bewertet die Entwicklung als kundenfreundlich, betont aber auch die individuelle Strategie der Versicherer.
Lebensversicherung führt Beschwerde-Statistik an
Der Versicherungsombudsmann e. V. hat seinen Tätigkeitsbericht zur Streitbeilegung vorgelegt. Insgesamt 21.548 Beschwerden wurden im Jahr 2024 bearbeitet. Dabei fällt auf: Beschwerden über Versicherungsvermittler sind mit 334 Fällen gering und zeigen kaum Veränderungen zu den Vorjahren.
Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken
Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.
Versicherer fordern Rechtsrahmen für automatisierte Binnenschifffahrt
Automatisierte Binnenschiffe könnten schon heute einsatzbereit sein – doch es fehlt an klaren gesetzlichen Vorgaben. Der GDV fordert die Bundesregierung und internationale Flusskommissionen auf, Standards zu schaffen, um die Technologie voranzutreiben.