Nachhaltigkeit wird in Versicherungsunternehmen und Banken punktuell bereits gelebt, aber die Verankerung ist nicht über alle Dimensionen hinweg – ökologische, ethisch-soziale und ökonomische – gleich ausgeprägt.
Das zeigt eine aktuelle Studie, die emotion banking, das Mindful Finance Institute, die Bankenforen und die Versicherungsforen Leipzig gemeinsam in Deutschland, Österreich und Südtirol online durchgeführt haben. Analog zu den ESG-Dimensionen (Environment, Social und Governance) hat die Studie ökologische, ethisch-soziale und ökonomische Verantwortungsbereiche untersucht.
Nachhaltiges Wirtschaften ist nicht mehr optional, sondern wird von Politik und Gesellschaft zunehmend eingefordert.
Jens Ringel, Geschäftsführer der Bankenforen und der Versicherungsforen Leipzig, sagt:
„Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr, sondern trägt in wirtschaftlich turbulenten Zeiten zum Unternehmenserfolg und zum Vertrauen der Bevölkerung in die Finanzwirtschaft bei.“
So sind das Erfüllen der regulatorischen Auflagen und das Vermeiden von Reputationsrisiken bezogen auf die Gesamtheit der Befragten die wesentlichen Motivationen für nachhaltige Aktivitäten (jeweils über 73 Prozent Zustimmung), dicht gefolgt von der Übernahme von Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft.
Hier zeigen sich aber Unterschiede im Vergleich zwischen Banken und der Gruppe der Versicherer, für die die Regulatorik deutlich präsenter ist.
Aufholbedarf bei Ökologischer Dimension
Bestehende Aktivitäten konzentrieren sich derzeit vor allem auf die soziale und die ökonomische Dimension. In puncto Klimaschutz und Ressourcenschonung existiert der größte Aufholbedarf.
Dr. Christian Rauscher, Geschäftsführer von emotion banking, dazu:
„Für uns zeigt sich ein Bild, dass praktisch alle Institute erste Maßnahmen gestartet haben. Und da greift man häufig zu Naheliegendem wie beispielsweise Förderung der betrieblichen Gesundheit oder Vertrieb nachhaltiger Fonds. Aber nun sollte die zweite Stufe gezündet werden, denn es gibt große Chancen für das Geschäftsmodell und die Marktpositionierung, die man nicht übersehen sollte. Da schmerzt es, dass zwar über drei Viertel der Befragten angeben, unternehmensintern auf Umweltschutz und einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen zu achten, jedoch die Maßnahmen selten überprüft und gesteuert werden. Jene, die warten, bis alles durch Regulatorik vorgeschrieben ist, werden nur Aufwand buchen.“
Selten verbindliche Handlungsrichtlinien und Ziele im Bankensektor
Um gerichtete Aktivitäten hervorzurufen, sind für die Umsetzung von nachhaltigkeitsbezogenen Maßnahmen normative, strategische und kulturelle Rahmen hilfreich.
Drei Elemente zur Ausgestaltung einer nachhaltigen Organisation wurden im Rahmen der Studie abgefragt. Dabei fiel auf, dass innerhalb des Bankensektors bislang kaum verbindliche Handlungsrichtlinien für Klimaschutz und Nachhaltigkeit existieren: Nur 23 Prozent haben dies angegeben. Versicherungsunternehmen sind hier besser aufgestellt (42 Prozent). 65 Prozent der Versicherer verfügen überdies über einen Nachhaltigkeitsbeauftragten oder eine ähnliche Rolle, bei Banken sind es 45 Prozent.
Die Umsetzung der regulatorisch geforderten Nachhaltigkeitsmaßnahmen wird bei den Befragten vor allem mit Aufwand und Kosten verbunden. Nur jeder Fünfte erwartet einen positiven Beitrag auf die Ertragslage im eigenen Unternehmen.
Eine proaktive Beschäftigung mit dem Thema und insbesondere die Suche nach Chancen aus der Nachhaltigkeit für das eigene Geschäftsmodell sind hier wesentliche Handlungsfelder, um Nachhaltigkeit nicht nur als Erfüllung der Pflicht zu verstehen, sondern langfristig zu leben und in Unternehmensstrategie und -kultur zu übersetzen.
Dr. Christian Rauscher fasst zusammen:
„Das Shareholder-Value-Konzept als einziger Parameter guten Managements hat längst ausgedient. Wir müssen Verantwortung übernehmen, für unsere Mitarbeiter, für unsere Kundenbeziehungen, für unsere Produkte und Dienstleistungen, für unser Tun und Unterlassen. Dies sind tiefe Veränderungen in unserer Unternehmenskultur, die wir beherzt anpacken sollten.“
Themen:
LESEN SIE AUCH
Noch mehr Tiefgang bei CSR-Reports der Versicherer
Nachhaltigkeit in der ESG-Strategie verankert
Nürnberger unterzeichnet Principles for Responsible Investment
Versicherer erfüllen nicht finanzielle Berichtspflicht ordentlich
Das Ergebnis im ESG-Gesamtrating präsentiert sich mit einer starken Präsenz der Vier- und Fünf-Sternebewertungen. Von 46 analysierten Unternehmen erhalten 16 Versicherer fünf Sterne und 12 Gesellschaften vier Sterne. Am stärksten sind die Unternehmen im Bereich Governance aufgestellt.
MORGEN & MORGEN kündigt neues Nachhaltigkeits-Rating an
In dem neuen Analyseformat wird untersucht, inwieweit die Unternehmen bereits ihr Engagement zum Thema Nachhaltigkeit wirksam in ihre Unternehmensprozesse implementiert haben. Ein erstes Rating will M&M noch in diesem Jahr veröffentlichen.
Wie grün sind Versicherer?
Für ein nachhaltiges Unternehmen bringen Versicherer unterschiedliche Stärken ein. Ob mittelständischer Versicherer oder internationaler Konzern – jeder erzielt in einer anderen Disziplin Spitzenleistungen. So die ersten Erkenntnisse aus den ESG-Unternehmensratings von Franke und Bornberg, denen sich Barmenia, Generali und Zurich gestellt haben.
Aon-Marktprognose 2025: „Bürokratie bremst den Fortschritt aus“
Das Beratungsunternehmen Aon hat seine Marktprognose für den deutschen Versicherungsmarkt 2025 veröffentlicht. Der Bericht zeigt: Unternehmen müssen sich zunehmend mit komplexen und global vernetzten Risiken auseinandersetzen. Politische Unsicherheiten, hohe Kosten und der Klimawandel setzen Unternehmen unter Druck.
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.
Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün
Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.
Lebensversicherung: Überschussbeteiligung 2025 steigt weiter – doch nicht in der Breite
Die Überschussbeteiligungen deutscher Lebensversicherer steigen weiter, wenn auch weniger stark als im Vorjahr. Eine Analyse von MORGEN & MORGEN zeigt, dass fast alle Versicherer mindestens zwei Prozent bieten, während jeder fünfte Anbieter drei Prozent oder mehr gewährt. Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating, bewertet die Entwicklung als kundenfreundlich, betont aber auch die individuelle Strategie der Versicherer.
Lebensversicherung führt Beschwerde-Statistik an
Der Versicherungsombudsmann e. V. hat seinen Tätigkeitsbericht zur Streitbeilegung vorgelegt. Insgesamt 21.548 Beschwerden wurden im Jahr 2024 bearbeitet. Dabei fällt auf: Beschwerden über Versicherungsvermittler sind mit 334 Fällen gering und zeigen kaum Veränderungen zu den Vorjahren.
Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken
Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.