Bessere Aussichten in der Lebensversicherungsbranche. Laut Assekurata tragen hierzu die hohen Solvenzquoten, solide Neugeschäftsbeiträge und insbesondere die veränderten Modalitäten bei der Bildung der Zinszusatzreserve (ZZR) bei.
Seit der Einführung der ZZR im Jahr 2011, mit dem Ziel, die langfristige Erfüllbarkeit der Garantieversprechen zu sichern, hat die Lebensversicherungsbranche bereits rund 65 Milliarden Euro zugeführt. Hierdurch konnten die Unternehmen die durchschnittliche Garantiezinsanforderung zum 31.12.2018 von nominell 2,75 Prozent auf effektiv 1,90 Prozent (nach ZZR) senken.
Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata, dazu:
„Vor dem Hintergrund der beachtlichen Wirkung der ZZR sollte allerdings nicht außen vor bleiben, dass ihre Finanzierung in den vergangenen Jahren einen großen Kraftakt für die deutschen Lebensversicherer bedeutete. Ohne massive Auflösungen von Bewertungsreserven aus der Kapitalanlage wäre dies vielfach nicht möglich gewesen.“
Planungssicherheit mit unterschiedlichen Auswirkungen
Auch wenn die ZZR-Korridormethode Planungssicherheit schafft, wirkt sie sich für die Anbieter unterschiedlich aus. Im Zuge dies er Entwicklungen stellte sich bereits seit einigen Jahren die Frage, wie lange einzelne Lebensversicherer unter den schwierigen Zins und Garantiebedingungen überhaupt noch bilanziell durchhalten können, zumal die ZZR-Zuführungen methodisch bedingt selbst bei steigenden Zinsen am Kapitalmarkt weiterhin neue Rekordbeträge abgefordert hätten.
Mit der Einführung der sogenannten Korridormethode hat der Gesetzgeber im Oktober 2018 in Sachen ZZR-Methodik neue Fakten geschaffen und den Unternehmen zugleich eine valide Planungsperspektive verschafft Trotz der geänderten Modalitäten werden die meisten Versicherer aber in den kommenden Jahren weitere Zuführungen zur ZZR leisten müssen.
Lars Heermann sagt:
„Für 2019 rechnen wir in Anbetracht des abermals gesunkenen Zinsniveaus derzeit mit einer Netto-Zuführung von neun Milliarden Euro. Insgesamt wird die Branche bei anhaltendem Niedrigzins bis zum Jahr 2024 einen ZZR-Bestand von knapp 100 Mrd. € aufbauen, gegenüber mehr als 150 Mrd. € nach bisheriger Methodik.“
Assekurata geht ferner davon aus, dass auf Branchenebene ab 2025 per Saldo ein ZZR-Abbau zu erkennen sein wird.
Zwischen den einzelnen Lebensversicherern bestehen hier allerdings große bestandsindividuelle Unterschiede. Während einige Anbieter, insbesondere solche mit hohen Beständen der älteren Rechnungszinsgeneration 3,50 Prozent und 4,00 Prozent, ihren ZZR-Bedarf bereits weitgehend ausfinanziert haben, werden andere noch über viele Jahre der ZZR zusätzliche Mittel zuführen müssen.
Dies betrifft insbesondere Lebensversicherer, die nach der Jahrtausendwende große Neugeschäftsvolumina bei Rentenversicherungen mit Garantiezins ab 3,25 Prozent abwärts vereinnahmen konnten, welche im Niedrigzinsumfeld nicht zuletzt aufgrund ihrer langen Laufzeiten einen beträchtlichen ZZR-Aufbau nach sich ziehen. Dies wird entsprechend auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Höhe des Rohüberschusses und die Überschussbeteiligung der Versicherten ab.
Lars Heermann ergänzt
„Ein großer Vorteil der Korridormethode ist der Aspekt, dass die ZZR nunmehr größtenteils aus laufenden Erträgen finanziert werden kann und die Bewertungsreserven geschont werden. im Gegenzug wird dadurch aber auch das Umschlagsvolumen an Kapitalanlagen geringer. Bei kleinen und mittelgroßen Anbietern könnte dies die Flexibilität im Asset Management limitieren, falls bestimmte Investitionen aufgrund eines zu geringen Anlagevolumens nun schwerer möglich sind.“
Zudem nehmen einige Gesellschaften zur Reserveschonung Rückversicherungslösungen in Anspruch
Garantiefinanzierung weiter beobachten
Mit Blick auf die Kapitalanlagerenditen geht Assekurata davon aus, dass sich die Nettoverzinsung sukzessive der laufenden Durchschnittsverzinsung annähern wird, da die außerordentlichen Erträge aus der Auflösung von Bewertungsreserven an Relevanz verlieren. Zugleich wird auch die laufende Durchschnittsverzinsung durch den abschmelzenden Portfoliozins weiter sinken.
Verglichen mit 2011 hat sich die laufende Durchschnittsverzinsung aus den Kapitalanlagen marktweit um rund einen Prozentpunkt verringert und rangiert derzeit nahe der Drei-Prozent-Marke.
Lars Heermann dazu:
„Da das Zinsniveau voraussichtlich niedrig bleibt und die Kapitalanlagen von Lebensversichern typischerweise eine geringere Laufzeit aufweisen als die Leistungsversprechen an die Kunden, sollte die Garantiefinanzierung auch künftig im Auge behalten werden.“
Weitere Branchenthemen
Neben diesen Aspekten äußert sich Assekurata im Marktausblick zu weiteren Branchenthemen: die Kostensituation, ein möglicher Provisionsdeckel, Produktinformationsblätter sowie das Wachstumsumfeld der Lebensversicherer.
Letzteres sehen die Asssekurata-Analysten zumindest kurzfristig verbessert und prognostizieren für das Neugeschäft 2019 nach APE (Annual Premium Equivalent) im Vorjahresvergleich eine zehnprozentige Erhöhung (2018: +4, 1 Prozent).
Als Hauptbelastungsfaktor sieht Assekurata weiterhin das äußerst schwierige Zinsumfeld, das sich im laufenden Jahr nochmals verschärft hat, wodurch zugleich der Druck auf die Produkt- und Kostenstrukturen hoch bleibt.
Mit Blick auf Solvency II weisen per Ende 2018 viele Anbieter hohe Solvenzquoten auf, auch im europäischen Vergleich. Allerdings leiden die Solvenzquoten ebenfalls stark unter dem jüngsten Zinsverfall. Perspektivisch sollten hier auch mögliche regulatorische Änderungen durch den „Solvency-11-Review" unter Beobachtung bleiben, insbesondere bei schwach kapitalisierten Anbietern, deren Quoten ohne Erleichterungsmaßnahmen die 100-Prozent-Hürde heute noch nicht oder nur knapp übertreffen.
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