In Stellungnahmen zum Referentenentwurf eines Gesetzes des Bundesfinanzministeriums zur Deckelung von Abschlussprovisionen bei Lebensversicherungen äußerten sich neben dem Bundesverband Finanzdienstleistung AfW auch der Bund der Versicherten e. V. (BdV), der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sowie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisch.
Stellungnahme des AfW
Der AfW beruft sich auf zwei Gutachten, die einen Provisionsdeckel als klar verfassungswidrig einstufen: Mit einem klaren ‚Nein’ beantwortete der Staatsrechtswissenschaftler und ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, in seinem vorgelegten Rechtsgutachten die Frage der verfassungsrechtlichen Legitimation für diesen Schritt. In einem weiteren Rechtsgutachten erfolgte durch Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski eine europarechtliche Betrachtung der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer gesetzlichen Einkommensbegrenzung.
Der Provisionsdeckel würde gegen die Berufsausübungs- und Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Der AfW äußerst in seiner Stellungnahme sein Befremden darüber, mit welcher Nonchalance fast exakt 70 Jahre nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes und in Kenntnis eines äußerst kritischen Verfassungsgutachtens zur Durchsetzung des Provisionsdeckels rechtswidrige Grundrechtseingriffe durchgesetzt werden sollen.
Der AfW lehnt den Provisionsdeckel in seiner Stellungnahme auch aus weiteren rechtlichen wie tatsächlichen Erwägungen ab. Es wird dargestellt, warum die Umsetzung der Pläne mittelstandsschädlich und gegen die Interessen der Verbraucher wäre.
Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW, dazu:
„Die staatliche Reduzierung und Begrenzung der Vergütung des Berufsstandes der Versicherungsmakler - auch Provisionsdeckel genannt – wird aus überzeugenden Gründen so nicht kommen. Es ist zwar zu befürchten, dass der Spuk an dieser Stelle noch nicht vorbei ist – entgegen allen überzeugenden Argumenten, die wir und unsere Mitstreiter unter anderem vom Votum-Verband und der BFV Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler vorgebracht haben. Wir rechnen damit, dass der Gesetzesentwurf ohne wesentliche Änderungen das Bundeskabinett passieren und den Bundestag erreichen wird. Dort muss dann der eigentliche Gesetzgeber – die Abgeordneten – entscheiden. Wir sind weiter davon überzeugt und werden alles dafür tun, dass letztlich die gewählten Volksvertreter sich dem Grundgesetz verpflichtet fühlen und nicht mehrheitlich einem solchen verfassungswidrigen Gesetz zustimmen werden.“
Stellungnahme des BVK
Der BVK bewertete in der Stellungnahmen den Provisionsdeckel als verbraucherfeindlich und ist der Meinung, dass dieser Arbeitsplätze vernichtet
Michael H. Heinz, BVK-Präsident, dazu:
„In dieser Stellungnahme haben wir zum wiederholten Male ausführlich unsere grundsätzliche Kritik und Bedenken an der Einführung eines Provisionsdeckels vorgetragen. Neben unseren schon bekannten Gegenargumenten, dass ein solcher Eingriff in die Berufsfreiheit der Versicherungskaufleute weder ordnungspolitisch sinnvoll, noch angemessen und erforderlich ist, erläutern wir dem Ministerium auch, warum sich ein Provisionsdeckel auch wirtschaftspolitisch schädlich auswirken kann. Schließlich befindet sich die gesamte Vermittlerbranche in einer anspruchsvollen Umbruchphase, die durch die zunehmende Regulierung, aber auch durch die Digitalisierung und Demografie hervorgerufen wird.“
Deswegen sieht der BVK eine Begrenzung der Einnahmen der Vermittlerbetriebe als „Mittelstandsvernichtungsprogramm“ an. Letztlich würde ein Provisionsdeckel dem Verbraucher sogar schaden, weil dann die Vermittler ihrem sozialpolitischen Auftrag zur Absicherung schwerer nachkommen könnten.
Michael H. Heinz weiter:
„Die Bundesregierung muss sich daher fragen lassen, ob sie es sich angesichts schlechter Konjunkturaussichten und dem damit einhergehenden drohenden Wegfall von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen leisten kann, ein Gesetz zu beschließen, dass sozialpolitisch offenkundig kontraproduktiv wäre.“
Stellungnahme des BdV
Der BdV fordert, wie das Bundesfinanzministerium und die Aufsichtsbehörde BaFin, einen Provisionsdeckel, um Fehlanreizen im Vertrieb und exzessiven Vergütungen der Vermittler entgegenzuwirken. So unterstreicht er, dass das Bundesfinanzministerium den richtigen Weg geht, wenn es fordert, dass die tatsächlich gezahlten Provisionen und Abschlusskosten auch vollständig kalkulatorisch abgebildet werden müssen. Er kritisiert in seiner Stellungnahme allerdings den vorgeschlagenen Provisionsdeckel als zu hoch.
Auch fehlen im Gesetzentwurf wirkungsvolle Schritte zur Beschränkung der Kosten. Laut dem BdV sollten neben den Abschlusskosten auch die Verwaltungskosten gedeckelt werden, denn sonst deklarieren die Versicherer nur die Provisionen um und umgehen einen Provisionsdeckel.
Axel Kleinlein, Sprecher des BdV-Vorstands, dazu:
„Der vom Ministerium vorgeschlagene Provisionsdeckel wirkt so, als würde man auf der Autobahn ein Tempolimit von 250 Stundenkilometern einführen und zusätzlich 400 Stundenkilometer für all diejenigen erlauben, die von sich behaupten, gut zu fahren. Ein solches Tempolimit führt nicht zu Fahrsicherheit und Umweltschutz, sondern erlaubt weiterhin exzessive Raserei. Genauso ermöglicht der vorgeschlagene Provisionsdeckel auch weiterhin Exzesse im Vertrieb der kapitalbildenden Lebensversicherungen.“
Nach Ansicht des BdV führt der Gesetzesentwurf sogar zu noch höheren Provisionen und Abschlusskosten als sie nach bisheriger Rechtslage schon mit 2,5 Prozent der Beitragssumme erlaubt wären. Der Verbraucherschutzverein fordert daher die Beschränkung der Abschlusskosten auf 1,5 Prozent der Beitragssumme und der Verwaltungskosten auf 5 Prozent des Beitrags.
Stellungnahme des vzbv
Laut vzbv führen hohe Provisionen zu Fehlanreizen beim Verkauf solcher Produkte, weswegen er den Vorstoß begrüßt, aber weiterhin Handlungsbedarf sieht. Für Lebensversicherungen fordert der vzbv nach wie vor ein konsequentes Provisionsverbot. Seiner Meinung nach wird der Provisionsdeckel bei Lebensversicherungen nicht dafür sorgen, dass Verbraucher hinsichtlich Beitrag und Laufzeit bedarfsgerecht beraten werden.
Der vorgeschlagene Deckel könnte Fehlanreize beim Verkauf von Restschuldversicherungen reduzieren. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, dass die Anknüpfung an die Darlehenssumme neue Fehlanreize setzt. Es sollte daher evaluiert werden, ob Verbraucher dadurch zu einer höheren Kreditaufnahme bewegt werden. Um Fehlberatungen bei Restschuldversicherungen insgesamt zu unterbinden, muss der Verkauf zeitlich von der Kreditvergabe entkoppelt werden. Die Prämie für die Restschuldversicherung muss als laufender, monatlicher Beitrag ausgestaltet sein und darf nicht über den Kredit finanziert werden.
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