Am 12. und 13. März 2019 diskutierten über 60 Experten der Branche bei der Fachkonferenz „Zukunftsmarkt Arbeitskraftabsicherung“ der Versicherungsforen Leipzig über das Problemfeld.
Die Branche hat in Bezug auf die Berufsunfähigkeitsversicherung ein ernstes Imageproblem: So glauben einer aktuellen Endkundenbefragung der Versicherungsforen Leipzig rund 20 Prozent der befragten BU-Kunden, dass ihr Versicherer im Leistungsfall nicht zahlen wird.
Bei Befragten ohne BU-Versicherung, aber mit einem generellen Interesse daran, sind es sogar rund 40 Prozent.
Zudem sind die hohen Preise für viele Berufsgruppen immer wieder Thema, weswegen einige Versicherer versuchen, diesem Problem zu begegnen und entwickeln zunehmend Produkte wie Grundfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherungen.
Passende Alternativlösungen bieten
Katrin Lang von der Swiss Re betonte in ihrem Vortrag, dass die Alternativen zur BU immer noch den Beigeschmack einer Notlösung haben und als schlechtere Alternative präsentiert werden. Vor allem die Kundengruppe der körperlich Tätigen benötige eine Alternative, da hier die Preise für eine Berufsunfähigkeitsversicherung deutlich über der Zahlungsbereitschaft der Kunden liege. Deswegen sollte das Ziel daher sein: weg vom „Alleskönner“ BU hin zu passenden Alternativlösungen für bestimmte Zielgruppen.
BU für Handwerker
Ausgehend von der Idee, dass die klassische BU für Handwerker nicht zu teuer, sondern das Lohnniveau zu niedrig ist, entwickelte der Münchener Verein eine BU, die sich auf die speziellen Bedürfnisse der Zielgruppe fokussiert, die Dr. Martin Zsohar präsentierte. Unfälle und Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats sind für Handwerker die größten wahrgenommenen Risiken für eine Berufsunfähigkeit. Daher ist bei der Handwerker-BU die Rentenhöhe abhängig von der Ursache der Berufsunfähigkeit. Wenn diese als Folge eines Unfalls oder einer Einschränkung des Bewegungsapparates eintritt, wird die Rente komplett ausgezahlt. Bei Berufsunfähigkeit aufgrund von anderen Ursachen, wie psychischen Erkrankungen oder Krebs, beträgt die ausgezahlte Rente nur 50 Prozent. So gelinge es, die Prämien für Handwerker bezahlbarer zu machen.
Krankentagegeldversicherung mit weniger Beratungsaufwand
Nur 8 Prozent der Bevölkerung haben trotz des niedrigen Preises eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen. Martin Löbach (Gothaer Versicherungsbank) führt dies zum einen darauf zurück, dass eine kurzfristige Arbeitsunfähigkeit nicht im Fokus des Kunden und ihm der Lohnausfall nicht bewusst ist. Zum anderen hat das Produkt – auch aufgrund einer Gesundheitsprüfung – einen hohen Beratungsaufwand bei sehr geringer Provision und ist somit auch für den Vertrieb nicht interessant.
Mit einer neuen Krankentagegeldversicherung, die auf die Gesundheitsprüfung der BU oder Grundfähigkeitsversicherung aufbaut, versucht die Gothaer dem zu begegnen. Um die Vermittler zu unterstützen, wurde zudem ein Beratungstool etabliert, das alle drei Produkte verständlich und aufeinander aufbauend erklärt.
Psychische Erkrankungen bleiben großes Thema
Psychische Erkrankungen stellen in Deutschland nach wie vor den häufigsten Grund für eine Berufsunfähigkeit dar. Dr. Magnus Kobel YAS.life stellte dazu eine App vor, mit der Versicherer die Prävention von psychischen Erkrankungen bei Kunden angehen können. Die Nutzer der App stecken sich selbst Gesundheitsziele (zum Beispiel in den Bereichen Achtsamkeit, Ernährung …), die sie durch verschiedene Aktivitäten erreichen können.
Farina Schurzfeld präsentierte mit dem Online-Therapieangebot Selfapy eine Lösung für Kunden, bei denen bereits psychische Erkrankungen vorliegen. Selfapy bietet einen zwölfwöchigen Online-Kurs für verschiedene psychische Erkrankungen. Die Kunden werden dabei regelmäßig mit persönlichen Psychologengesprächen begleitet.
Wie sich Prävention und Unterstützung im Leistungsfall aufgrund psychischer Erkrankungen verbessern lassen, diskutierten die Veranstaltungsteilnehmer auch an einer Station des World Cafés.
Zudem gab es Stationen zu den Fragen, wie der Antragsprozess kundenorientierter gestaltet werden könnte und wie sich die digitale Customer Experience in der Leistungsprüfung verbessern lässt.
Vereinfachung des Antragsprozesses
Justus Lücke (Versicherungsforen Leipzig), Florian Bontrup (Docyet) und Christian Mähringer (MC Exceed) präsentierten in einem Ideenpitch einen Ansatz, wie der Antragsprozess der Berufsunfähigkeitsversicherung und anderer Versicherungen mit Gesundheitsprüfungen vereinfacht werden kann. Auf Basis der Abrechnungsdaten der Krankenkassen sollen relevante Vorerkrankungen des Kunden geprüft werden.
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