IKK-Vorstand Hermes: Kassenpatienten sollen Behandlung beim Facharzt auch privat versichern
Ralf Hermes, Chef der IKK-Innovationskasse mit rund 300.000 Versicherten, ist bekannt dafür, das System der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland in Frage zu stellen und äußert sich regelmäßig mit kritischen Statements und Reformvorschlägen, um der finanziellen Schieflage der GKV etwas entgegenzusetzen.
Hermes mahnt immer wieder, dass steigende Gesundheitsausgaben und Personalkosten das System GKV an seine Grenzen gebracht haben. Leistungskürzungen sind deshalb für ihn alternativlos und keinesfalls ein Tabu. Sparpotenzial bieten zum Beispiel die Leistungen für Homöopathie und die zahnärztlichen Versorgung. Letztere könnte seiner Auffassung nach komplett aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen werden. Nur für Zahnprobleme, deren Ursache ein Unfall oder eine Krankheit ist, würde die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten übernehmen. Gefördert werden sollte dafür mehr Prävention für eine bessere Zahngesundheit. Außerdem sollten Härtefallregelungen für Senioren vorgesehen werden.
Eine weiterer knallharter Vorschlag aufgrund des erwarteten milliardenschweren Defizits in der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein radikaler Einschnitt bei den Krankenkassen selbst. Es gäbe zu viele Krankenkassen, die Hälfte wäre durchaus ausreichend, war Ende Dezember 2023 in den Medien zu lesen.
Ganz aktuell berichtet "Bild" von einer weiteren Idee mit Zündstoff. Demnach schlägt Ralf Hermes vor, dass sich Kassenpatienten freiwillig private krankenversichern, um sich von einem Facharzt oder einer Fachärztin behandeln lassen zu können. Laut "Bild" sollten Versicherte freiwillig aus der gesetzlichen Versicherung (GKV) ausscheiden, um die private Zusatzversicherung für Facharzttermine abzuschließen. Versicherte sollten für die Versorgung beim Facharzt einen Selbstbehalt von 2.000 Euro vereinbaren. Bis zu dieser Grenze würde die gesetzliche Krankenkasse dann keine Behandlungskosten übernehmen und erst wieder teure Behandlungen, die 2.000 Euro übersteigen, bezahlen. Alles, was unter 2.000 Euro liegt, wäre über die privaten Krankenversicherung abgedeckt. Um das System attraktiver zu gestalten, sollte ein GKV-Bonus für Facharzttermine berücksichtigt werden. Hermes erklärt es das so: "Der Versicherte wählt eine fachärztliche Versorgung bis zu einem Selbstbehalt von 2.000 Euro. Dafür bekommt er von der Versicherung als Belohnung eine Auszahlung von zum Beispiel 600 Euro." Mit diesem Betrag könnte dann eine private Zusatzversicherung für Facharzttermine abgeschlossen werden und Versicherte würden beim Facharzt wie Privatpatienten behandelt.
Dieses Modell würde eine Kostenersparnis ermöglichen und die Patientenversorgung verbessern und gleichzeitig die Zahl unnötiger Facharztbesuche reduzieren. Ein weiterer Effekt des Finanzierungsmodells wäre, dass gesetzlich Versicherte als Privatpatient beim HNO-Arzt, Orthopäden, Internisten, Frauen- oder Hautarzt durch das Kostenbewusstsein auch "mehr Verantwortung übernehmen". Der Kassen-Chef kritisiert im "Bild"-Beitrag auch: "Wir können uns dieses Flatrate-Modell nicht mehr leisten." Das Bundesgesundheitsministerium reagierte prompt und wies den Vorschlag zurück. Diese Vorgehensweise stünde nicht zur Debatte.
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