In vielen Jobs kam es mit Corona und blieb als lieb gewonnene New-Work-Errungenschaft – das Homeoffice. Für Arbeitnehmende geht die Heimarbeit mit mehr Flexibilität, Zeitersparnis durch wegfallende Pendelzeiten und einer verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben einher. Und Unternehmen? Sie haben ortsungebundenes Arbeiten als effektive Waffe im War of Talents erkannt.
Wie eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung zeigt, verfünffachten sich die Stellenanzeigen mit Remote-Work-Option in den vergangen fünf Jahren auf knapp 18 Prozent. Dabei profitieren vor allem IT-Fachleute und anderes Personal mit komplexen Expertentätigkeiten von diesem Trend und den Steuervorteilen, die etwa ein Arbeitszimmer im eigenen Zuhause mit sich bringt. „Wer 2023 daheim gearbeitet hat und sein Büro beim Finanzamt geltend machen will, muss für die Steuererklärung oder in der Gewinnermittlung allerdings einiges beachten. Es gelten strenge Auflagen“, betont Prof. Dr. Christoph Juhn, Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule und geschäftsführender Partner der Kanzlei JUHN Partner.
Homeoffice vs. Arbeitszimmer
Das deutsche Arbeitsrecht mag streng genommen lediglich Telearbeitsplätze kennen, doch macht es steuerlich betrachtet einen Unterschied, ob man daheim ein Arbeitszimmer nutzt oder aus dem Homeoffice arbeitet. „Spätestens seit Corona bezeichnet der umgangssprachliche Begriff Homeoffice aber auch die berufliche Tätigkeit, die in den eigenen vier Wänden ausgeübt wird“, weiß der Steuerexperte. Das hat dann mit dem steuerrechtlich definierten häuslichen Arbeitszimmer zu Hause nichts mehr zu tun. Vielmehr handle es sich dabei um das sogenannte mobile Arbeiten im Allgemeinen. Entsprechend kritisch prüfen die Sachbearbeiter im Finanzamt gemachte Angaben zu Werbungskosten oder, bei einer selbstständigen Tätigkeit, zu Betriebsausgaben.
„Um ein häusliches Arbeitszimmer bei der Steuer geltend zu machen, reicht beispielsweise eine Ecke im Schlafzimmer, die zweimal pro Woche genutzt wird, nicht aus“, betont Prof. Dr. Juhn. „Bei dem Büro muss es sich um einen ausreichend großen, separaten Raum handeln, der nicht nur vom Rest der Wohnung abgetrennt ist, sondern im Idealfall nur über die klassischen Einrichtungsgegenstände wie Stuhl, Regale oder Schreibtisch verfügt. Ist das Zimmer noch mit einer Schlafcouch oder einem Bügelbrett ausgestattet, ist die Gefahr groß, dass das Finanzamt die Einordnung als Homeoffice nicht akzeptiert. Die Kulanzgrenze für die private Nutzung setzt das Finanzamt nämlich auf 10 Prozent fest.“
Ab dem Steuerjahr 2023 gilt zudem: Das Arbeitszimmer muss den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bilden, sodass mehr als die Hälfte der Arbeitszeit hier verbracht wird. „Der zeitliche Umfang stellt allerdings nur einen Faktor dar“, so der Profi. „Grundsätzlich kann der Tätigkeitsmittelpunkt auch bei Mitarbeitern im Außendienst, bei Lehrern oder Richtern im häuslichen Arbeitszimmer liegen, wenn der Großteil der inhaltlichen und qualitativen Arbeit im Büro daheim liegt.“
Mobile Working, Homeoffice-Pauschale und andere Kosten
Ist das Büro zu Hause nicht der Mittelpunkt der Tätigkeit, gibt es dennoch eine Möglichkeit, steuerlich zu profitieren. Unabhängig davon, ob Beschäftigte über ein eigenes häusliches Arbeitszimmer verfügen, können sie für jeden Tag, an dem überwiegend von zu Hause gearbeitet wird, wobei die reguläre erste Tätigkeitsstätte, also das Büro im Betrieb, nicht aufgesucht werden darf, ab 2023 eine Tagespauschale von 6 Euro ansetzen, maximal jedoch 1.260 Euro im Jahr, was 210 Tagen entspricht. Wichtig dabei, so Prof. Dr. Juhn, sei jedoch, dass die Homeoffice-Pauschale nicht genutzt werden kann, wenn gleichzeitig die Kosten fürs Arbeitszimmer abgesetzt werden. Zudem lassen sich weitere berufliche Ausgaben beim Finanzamt als Werbungskosten geltend machen, allen voran Telefon- und Internetkosten.
„In der Regel existiert hier ohne Einzelnachweise eine Begrenzung auf 20 Prozent der Gesamtkosten, höchstens aber 20 Euro monatlich. Bei separater Inrechnungstellung der Internetkosten können diese zusätzlich berücksichtigt werden“, verrät der Steuerexperte.
Daneben reduzieren auch Arbeitsmittel wie Regale, Schreibtisch oder Bürostuhl die Abgabenlast an den Fiskus: „Einrichtungsgegenstände lassen sich als geringwertige Wirtschaftsgüter sofort abschreiben, wenn der Nettokaufpreis 800 Euro nicht übersteigt“, fügt der Profi hinzu. Bei größeren Anschaffungen, etwa einem Bürostuhl für 1.200 Euro, lassen sich die Kosten gemäß AfA-Tabelle über 13 Jahre verteilt abschreiben. „In diesem Fall ergibt sich eine jährliche Abschreibung von 92 Euro“, so Prof. Dr. Juhn. Alternativ kann man aber auch einen Sammelposten bilden und die Abschreibung im Laufe von 5 Jahren gleichmäßig vornehmen; hier liegt die Kostenobergrenze jedoch bei 1.000 Euro. Dabei sei es wichtig, den Kaufbeleg des Bürostuhls aufzubewahren, falls das Finanzamt Nachweise verlangt.
Allerdings enthält die Homeoffice-Pauschale einen Haken: Sie wird mit der Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer, dem sogenannten Arbeitnehmerpauschbetrag, verrechnet. Die pauschalen Abzugsmöglichkeiten bei Homeoffice und Werbungskosten bleiben also gedeckelt.
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