Photo credit: depositphotos.com
Offshore-Finanzvermögen, also im Ausland gehaltene Bankkonten und Wertpapierdepots, gemessen an der globalen Wirtschaftsleistung seit 2001 nahezu konstant. Die Schweiz verliert als Offshore-Finanzplatz an Bedeutung, wohingegen Länder in Asien gewinnen. Der DIW empfiehlt den automatischen Datenaustausch auszuweiten und um Immobilienvermögen zu ergänzen.
Trotz internationaler Reformen und Datenaustauschprogrammen haben die globalen Offshore-Finanzvermögen in den vergangenen Jahren nicht an Bedeutung verloren: Im Jahr 2021 machten sie etwa zehn Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus, ähnlich viel wie schon in den vorherigen Jahren seit 2001. Damit lagen die globalen Offshore-Finanzvermögen zuletzt bei etwa 14 Billionen US-Dollar, wie aus Berechnungen der Abteilung Makroökonomie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Forschungsinstituts EU Tax Observatory hervorgeht.
Bei offshore gehaltenen Finanzvermögen handelt es sich um Bankkonten und Wertpapierdepots mit Aktien oder Anleihen, die Privathaushalte außerhalb des Landes halten, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Hat eine in Deutschland gemeldete Person beispielsweise Guthaben auf einem Bankkonto in der Schweiz, zählt dieses Guthaben zu den deutschen Offshore-Finanzvermögen, die im Jahr 2019 bei schätzungsweise 400 Milliarden Euro lagen.
© DIW Berlin
„Dass sich die weltweiten Offshore-Finanzvermögen gemessen an der Wirtschaftsleistung zuletzt kaum verändert haben, obwohl die steuerliche Transparenz deutlich gestiegen ist, deutet darauf hin, dass Steuerhinterziehung nicht oder nicht mehr das Hauptmotiv ist“, erklärt Sarah Godar, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Makroökonomie im DIW Berlin.
Nicht zuletzt die Enthüllungen um die sogenannten Panama-Papers im Jahr 2016 haben dazu geführt, dass immer mehr Länder – mittlerweile über 100 – automatisiert Informationen über die von Anleger*innen im Ausland gehalten Finanzvermögen austauschen, um Steuerhinterziehung zu vermeiden.
Offshore-Finanzgeschäfte sind aber nicht per se illegal: Beispielsweise in der Vermögensverwaltung kann es auch darum gehen, dass bestimmte Finanzdienstleistungen im Inland nicht oder nur deutlich teurer verfügbar sind.
Zunehmend aus Ländern mit mittleren und niedrigen Einkommen
Ob die Offshore-Finanzvermögen ohne Reformen und internationalen Datenaustausch heute höher lägen, ist unklar. Dahingehend tiefere Analysen sind allein schon mangels Daten schwierig. Bei den Erkenntnissen der Studienautor*innen handelt es sich um Schätzungen auf Basis internationaler Investitionsstatistiken und beobachteter Diskrepanzen globaler Vermögen und Verbindlichkeiten.
Was daraus aber hervorgeht: Während traditionelle Offshore-Finanzplätze wie die Schweiz an Bedeutung verlieren (dort lagen 2021 nur noch gut 20 statt wie im Jahr 2001 knapp 40 Prozent der globalen Offshore-Vermögen), werden vor allem asiatische Länder wie Hongkong und Singapur (heute gut 40 Prozent Anteil statt etwa 20 Prozent im Jahr 2001) als Offshore-Plätze beliebter.
Und: Ein zunehmender Teil der Offshore-Finanzvermögen kommt aus Haushalten in Ländern mit mittleren und niedrigen Einkommen. Deren Anteil ist von 2014 bis 2021 um acht Prozentpunkte auf rund 30 Prozent gestiegen.
Nicht zuletzt deshalb sollte die Politik nach Ansicht der Studienautor*innen darauf hinwirken, dass auch ärmere Länder zeitnah Zugang zum automatischen Informationsaustausch erhalten, um Steuerhinterziehung und andere kriminelle Aktivitäten effektiv bekämpfen zu können. Darüber hinaus empfehlen sie, Immobilien in den Informationsaustausch einzubeziehen, um Ausweichreaktionen und damit eine Umgehung der steuerlichen Transparenzregeln zu verhindern.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Multi-Asset-Strategien: Warum Anleihen wieder an Attraktivität gewinnen
Globale Anleihen könnten langfristig attraktive Renditen liefern – eine Entwicklung, die sich auf Multi-Asset-Portfolios auswirken dürfte. Laut Vanguard-Analyst Lukas Brandl-Cheng sprechen mehrere Faktoren für eine stärkere Gewichtung von Anleihen.
Sechs Mythen der Dividendenstrategie: Worauf Anleger achten sollten
Die Dividendensaison im deutschen Leitindex DAX beginnt – ein guter Zeitpunkt, sich mit den häufigsten Irrtümern rund um Dividendenaktien auseinanderzusetzen. Benjardin Gärtner, Leiter Portfoliomanagement Aktien bei Union Investment, erläutert in seinem Gastbeitrag, welche Mythen Anleger kennen sollten.
Ärmere Haushalte sind auf Rentenvermögen angewiesen
Rentenansprüche machen ein Drittel des Vermögens der Deutschen aus und sind damit nach dem Immobilienvermögen der wichtigste Baustein im Vermögensportfolio. Bei der ärmeren Hälfte der Bevölkerung beläuft sich der Anteil sogar auf 70 Prozent. Rentenreformen sollten dies berücksichtigen.
Vermögensbildung: Worauf kommt es an?
Vermögensbildung ist ein fortwährender Prozess, der strategische Planung und Geduld erfordert. Durch das Verständnis der verschiedenen Anlageformen, das Meiden typischer Fehler und das Befolgen bewährter Prinzipien kann jeder ein stabiles Vermögen aufbauen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
BFH-Urteil zum freiwilligen Wehrdienst: Wann Kindergeld trotz Soldatendienst gezahlt wird
Der Bundesfinanzhof schafft Klarheit: Ein freiwilliger Wehrdienst allein begründet keinen Anspruch – doch wer ausbildungswillig ist und keinen Platz findet, kann profitieren. Was das Urteil für Familien bedeutet.
Geldanlage: Sicherheit vor Rendite – aber mit wachsender Risikobereitschaft
Für die meisten Deutschen steht Sicherheit bei der Geldanlage weiterhin an erster Stelle. Das zeigt eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der BarmeniaGothaer. Während klassische Sparformen dominieren, gewinnt das Interesse an renditestärkeren Alternativen wie Fonds und Aktien langsam an Bedeutung.
Insolvenzverfahren der P&R-Gruppe: Über 666 Millionen Euro an Gläubiger verteilt
In den Insolvenzverfahren der vier deutschen P&R-Containerverwaltungsgesellschaften wurde nunmehr die vierte Abschlagsverteilung vorgenommen. Insgesamt rund 122 Millionen Euro wurden an mehr als 54.000 Gläubiger ausgezahlt.

Steuerbonus aus der Nebenkostenabrechnung
Versteckte Steuerersparnis in der Betriebskostenabrechnung: Wer haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gezielt nutzt, kann jährlich mehrere hundert Euro direkt von der Steuer abziehen. Was § 35a EStG erlaubt, wie man eine Bescheinigung bei der Hausverwaltung anfordert – und worauf Mieter und Eigentümer jetzt achten sollten.