Immer mehr Banken haben in den letzten Jahren Verwahrentgelte eingeführt, die in Form von negativen Zinsen erhoben wurden. Hiervon betroffen waren insbesondere Giro- und Tagesgeldkonten. Mit der Zeit sanken die Freigrenzen, bis zu denen keine Entgelte erhoben wurden, immer weiter. Für viele Verbraucher*innen wurden die Verwahrentgelte dadurch zum Problem.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hält die Entgelte grundsätzlich für unzulässig und führt bundesweit mehrere Klageverfahren. Eines dieser Verfahren liegt nun beim Bundesgerichtshof (BGH). "Viele Verbraucher*innen nutzen Girokonten, um die Ausgaben ihres täglichen Lebens zu bestreiten. Diese Einlagen sollten nicht geschmälert werden. Verwahrentgelte sind deshalb besonders auf Girokonten problematisch“, so vzbv-Vorständin Ramona Pop.
Drei neue Urteile zu Verwahrentgelten
Seit der Einführung von Verwahrentgelten haben sich immer wieder Verbraucher*innen darüber bei den Verbraucherzentralen beschwert. Die Beschwerden wurden im Rahmen der Marktbeobachtung ausgewertet. Im Jahr 2021 hat der vzbv in mehreren Fällen Klagen gegen Kreditinstitute aufgrund von Verwahrentgelten erhoben. Im März und April 2023 fällten drei Gerichte ihre Urteile dazu.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf und das Landgericht München halten Verwahrentgelte für zulässig. Beide Gerichte begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Inhalt der Klausel in Bezug auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen rechtlich nicht geprüft werden könne. Bei der sogenannten unregelmäßigen Verwahrung der Einlagen handele es sich um eine Hauptleistung, die der Überprüfung nicht zugänglich sei.
In dem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf geht es darüber hinaus noch um einen Antrag des vzbv, den betroffenen Verbraucher*innen die vereinnahmten Verwahrentgelte zurückzuzahlen. Gegen das Urteil des LG München hat der vzbv Berufung und gegen das Urteil des OLG Düsseldorf Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt.
Das Oberlandesgericht Köln hingegen untersagte der Sparkasse KölnBonn eine Klausel zur Erhebung von Verwahrentgelten. Das Gericht in Köln erklärte die Klausel aus Transparenzgründen für unwirksam, da der verwendete Begriff „Einlagefazilität“ für Verbraucher*innen nicht verständlich sei. Mit der grundsätzlichen Wirksamkeit einer solchen Klausel setzte sich das Gericht nicht auseinander.
In weiteren Fällen hatte der vzbv erfolgreich gegen Verwahrentgelte geklagt. Wie etwa vor dem Landgericht Berlin gegen die Sparda-Bank Berlin, jüngst auch in einem weiteren Fall, in dem unter anderem Formulare über die Vereinbarung von Verwahrentgelten an die Kund*innen verschickt wurden, die diese unterzeichnen sollten. Auch klagte der vzbv erfolgreich vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth gegen die Raiffeisen – meine Bank eG. Sämtliche dieser Verfahren befinden sich momentan in der Berufungsinstanz.
Weg für BGH-Entscheidung frei
Durch die unterschiedliche Rechtsprechung bleibt für Verbraucher*innen eine Ungewissheit bestehen. „Der vzbv ist vor den meisten Landgerichten mit seiner Auffassung durchgedrungen, dass Verwahrentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute unzulässig sind. Nun besteht die Chance, dass der BGH hier ein Grundsatzurteil fällt und Verbraucher*innen Klarheit verschafft. Der Weg dafür ist geebnet“, so Pop.
Urteil des LG München vom 20.03.2023, Az. 22 O 2020/21 – nicht rechtskräftig
Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.03.2023, Az. 12 O 34/21 – nicht rechtskräftig
Urteil des OLG Köln vom 05.04.2023, Az. 21 O 238/21 – nicht rechtskräftig
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