Weniger als ein Zehntel (7 Prozent) der privaten Versicherungsnehmer fühlt sich sehr kompetent in Versicherungsfragen und ein Drittel (36 Prozent) schätzt sich als eher kompetent ein. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) geben ihre fehlende Kompetenz bei Versicherungen offen zu. Trotz zunehmender Medienvielfalt und Vergleichsportalen mit individuellen Produktanalysen ist die Versicherungskompetenz damit seit 2015 praktisch unverändert niedrig.
Dennoch gehen Kunden das Thema Absicherung und Vorsorge mit Eigeninitiative auf konstant hohem Niveau an. Drei Viertel (74 Prozent) haben den ersten Schritt zu einem Versicherungsabschluss selber gemacht (2015: 74 Prozent). Dies sind die Ergebnisse der Sirius Campus Trend-Untersuchung „Kundenmonitor Assekuranz“ mit über 10.000 Online-Interviews jährlich seit 2015.
Kunden wünschen sich fachkompetente und vertrauensvolle Beratung. Für fast alle Kunden (92 Prozent) ist eine fachkompetente Beratung vor dem Versicherungsabschluss wichtig. Praktisch ohne Veränderung seit 2015 (95 Prozent) haben die wenigsten Kunden Lust, sich in ihrer Freizeit die für sie relevanten Leistungen aus dem großen Angebotsspektrum herauszusuchen.
Wie auch in anderen Lebensbereichen delegieren Kunden ihre Fragen rund um Versicherungen lieber an Versicherungsvermittler. Bei der Auswahl eines Versicherungsvermittlers achten drei Viertel der Kunden (73 Prozent) auf ein persönliches Vertrauensverhältnis.
So beurteilen 90 Prozent der Kunden die Fachkompetenz ihrer beratenden Vertreter und Mitarbeiter von Versicherungsgesellschaften mit gut oder sehr gut. Trotz großer Investitionen in Online-Vertriebe ist das Niveau der eigenständigen Direktkunden, die meist ohne Beratung ihre Versicherungen online abschließen, seit Jahren bei rund einem Fünftel konstant niedrig.
„Natürlich kann man sich im Internet zu allen Fragen selber Antworten suchen. Aber so wie man bei einer Erkrankung einen Haus- oder Facharzt aufsucht, wollen die allermeisten Kunden bei den vielfältigen und komplexen Fragen rund um Absicherungen und Vorsorge mit einem Experten sprechen. Dafür suchen sie am liebsten Versicherungsvertreter auf,“ erläutert Dr. Oliver Gaedeke, Gründer und Geschäftsführer der Sirius Campus GmbH.
Kontaktbeschränkung: Weniger Beratung reduziert Absicherung bei Kunden
In 2021 realisierte ein Versicherungsvertreter durchschnittlich 15 Beratungen in der Woche und nahm sich dabei rund eine Stunde (61 Min.) Zeit für seine Kunden. Dabei wurden rund die Hälfte der Beratungen mit einem ganzheitlichen Ansatz geführt, um die gesamte finanzielle und Vorsorgesituation der Kunden zu berücksichtigen.
Vor der Pandemie in 2019 waren die Beratungsanzahl pro Woche (17), die Beratungsdauer (66 Min.) und der Anteil der ganzheitlichen Beratungen (54 Prozent) noch etwas höher. Nicht alle Kunden ließen sich über Video-Beratungen, die während der Pandemie als Alternative durch Versicherungsvertreter neu etabliert wurden, erreichen.
Diese Ergebnisse werden in der Sirius Campus Untersuchung „Erfolgsfaktoren im Ausschließlichkeitsvertrieb“ mit jährlich über 1.100 Telefoninterviews mit Versicherungsvertretern im Zeitraum Mai bis Juli ermittelt.
Die Beratungseinschränkungen haben sich nachteilig für Kunden ausgewirkt. Insbesondere die Vorsorgeabsicherungen mit privaten Renten- und Pflegeversicherungen oder die Einkommensabsicherung mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind aus Vertretersicht seit 2019 rückläufig.
Da nur ein Sechstel (16 Prozent) der Kunden – meist eher Wohlhabende – bereit sind, eine zusätzliche Gebühr für eine Versicherungsberatung zu bezahlen, muss von einem massiven Rückgang der Kundenberatung und einem Aufklaffen von Absicherungslücken bei Einführung kostenpflichtiger Beratungen ausgegangen werden.
„Es zeigt sich einmal mehr: Bei komplexen Themen wie bei Gesundheit, Vorsorge oder Absicherungen brauchen Menschen eine persönliche Beratung, um zu einer Entscheidung zu kommen. Da Beratungsgebühren in vielen Branchen vollkommen unbekannt und eingepreist sind, erwarten Kunden dies auch bei Versicherungen. Kostenpflichte Versicherungsberatungen werden die Beratungsanzahl und Vorsorgequalität in Deutschland reduzieren,“ gibt Dr. Gaedeke zu bedenken.
Themen:
LESEN SIE AUCH
So werden Lebensversicherungen versteuert
Einkommensabsicherung kaum vorhanden
Rosige Aussichten für die Versicherungsbranche
Die Verbraucher blicken wieder optimistischer in die Zukunft und davon kann auch die Versicherungsbranche profitieren. So liegen die Neuabschluss- und Wechsler-Potenziale je nach Sparte zwischen zwei und sieben Prozent. Die Zielgruppen sollten durchaus differenziert betrachtet werden.
Arbeitskraftabsicherung: Gen Z weiß um Notwendigkeit
Besonders die jungen Bundesbürger sind sich zwar zunehmend bewusst, wie entscheidend die Absicherung der eigenen Arbeitskraft ist, dennoch handeln sie kaum danach. Nicht nur fehlt es häufig an ausreichender Information, auch wird das persönliche Risiko unterschätzt.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.