Mit rechtskräftigem Urteil entschied das Sozialgericht Lüneburg, dass ein Versicherungsmakler nicht wegen seiner Zusammenarbeit mit einem Maklerpool rentenversicherungspflichtig ist.
Das Urteil (Aktenzeichen: S 4 BA 32/19 vom 2. November) ging zugunsten eines von Wirth Rechtsanwälte vertretenen Versicherungsmaklers aus, der über eine schriftliche Vereinbarung mit dem Maklerpool Fonds Finanz Maklerservice GmbH zusammenarbeitete.
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hatte per Bescheid eine Rentenversicherungspflicht des Maklers festgestellt, da er im Zusammenhang mit seiner selbständigen Tätigkeit keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigte sowie auf Dauer und im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig sei.
Vorliegend bestünde eine Anbindung an einen Maklerpool, womit die geschäftlichen Verbindungen des Maklerpools zu den einzelnen Gesellschaften, die Vertriebsunterstützung durch den Maklerpool, dessen Marktmacht und die ihm dadurch zukommenden Wettbewerbsvorteile genutzt würden, so die DRV. Es sei fraglich, ob ohne diese Anbindung der Makler überhaupt Einkünfte in nennenswertem Umfang erzielen könne.
Das Sozialgericht Lüneburg überzeugte die Argumentation der DRV nicht, sondern vielmehr die Argumentation – des von Wirth Rechtsanwälte vertretenen – klagenden Maklers, welcher sich auf die Vertragsgestaltung mit Fonds Finanz und die faktische Gestaltung der Zusammenarbeit sowie das konkrete Verhältnis von Makler – Versicherer – Pool – Kunde bezog.
Klare Vertragsgestaltung
Das Gericht stellte fest, dass der betroffene Makler nicht auf Dauer und im Wesentlichen für einen Auftraggeber, also den Pool, tätig ist. Insbesondere bestünde eine Bindung in dem Sinne, „dass er als Versicherungsvermittler nur oder weitgehend ausschließlich Produkte vertreiben kann, die ihm von der Fonds Finanz zur Verfügung gestellt werden, nicht, und zwar weder rechtlich noch faktisch“.
Das Gericht bezog sich auf die klare Vertragsgestaltung, die eindeutig von Handelsvertreterverträgen - wie sie zum Beispiel von Strukturvertrieben oder Ausschließlichkeitsorganisationen verwandt wird - abweicht. Es hob neben den Vorteilen einer Zusammenarbeit zwischen Makler und Pool - wie teilweise bessere Vermittlungsprovisionen, Übernahme der erforderlichen Korrespondenz und die Abrechnung der Vermittlungsprovision – hervor, dass dem Makler weder ein Organisations-, Vertriebs- oder Marketingkonzept vorgegeben sei.
Tätigkeitspflicht oder Vertriebsvorgaben sowie auch Weisungs- oder Direktionsrecht des Pools bei der Vermittlungstätigkeit bestünden eindeutig nicht.
Ebenfalls für relevant erachtete das Gericht, dass der Vermittler frei ist, einen von ihm vermittelten Vertrag über den einen Pool, aber auch über einen anderen Maklerpool oder auch direkt bei der Produktgesellschaft einzureichen.
Gegen eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Maklers von dem Pool sprach für das Gericht weiterhin, dass der Kläger die Übertragung der vermittelten Kundenverträge auf seine Direktanbindungen oder einen anderen Maklerpool verlangen kann.
Das Gericht äußert eindeutig: „Allein die tatsächliche Inanspruchnahme des Maklerpools der Fonds Finanz in einem frei bestimmten Umfang macht diese weder zur (alleinigen) Auftraggeberin des Klägers noch begründet dies eine wirtschaftliche, zur Versicherungspflicht führende Abhängigkeit des Vermittlers.“
Rechtsanwalt Norman Wirth begrüßt das Urteil ausdrücklich: „In Abgrenzung zu einem gegenteiligen und fachlich äußerst fragwürdigen Urteil des Bayerischen Landessozialgericht aus 2016 stellt das aktuelle Urteil richtigerweise klar, dass die einzelnen vom Makler aufgrund seiner Beratungs- und Vermittlungstätigkeit geworbenen Kunden und nicht der Maklerpool als seine Auftraggeber anzusehen sind.
Maklerpools und auch Maklerverbünde seien vielmehr Dienstleister mit hohem Mehrwert für die Maklerinnen und Makler und Garant für deren Unabhängigkeit, betont Norman Wirth abschließend.
Themen:
LESEN SIE AUCH
BFH: Verdienstausfallentschädigungen und Steuererstattungen sind steuerpflichtig
Geschädigte, die Verdienstausfallentschädigungen erhalten, müssen nicht nur diese Zahlungen, sondern auch die Erstattung der darauf entfallenden Steuerlast versteuern. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Rentenversicherungspflicht für Poolmakler?
Sind Versicherungsmakler, die mit einem Maklerpool zusammenarbeiten, rentenversicherungspflichtig? Zwei aktuelle Bescheide der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd widersprechen dem irritierenden Fehlurteil des LSG Bayern aus 2016, so die Kanzlei Wirth, die die aktuellen Bescheide durchsetzen konnte.
Rentenpräsidentin warnt vor Vertrauensverlust
Mit der nochmaligen Kürzung des Bundeszuschusses in dreistelliger Millionenhöhe bricht der Bund wiederholt feste Finanzierungszusagen gegenüber der Rentenversicherung. Die Konsolidierung des Bundeshaushalts hat hohe Priorität. Doch darf sie nicht zu Lasten der Rentenversicherung gehen.
CHARTA und blau direkt vereinbaren strategische Partnerschaft
Der Infrastrukturdienstleister und der Maklerverbund bündeln ihre Kräfte, um Makler*innen das Beste aus zwei Welten zu bieten. Aktuell wurde ein Fahrplan für die schrittweise Umsetzung vereinbart. Die wechselseitige Implementierung der Services soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Reitunterricht als Freizeitgestaltung: BFH schränkt Umsatzsteuerbefreiung deutlich ein
Der Bundesfinanzhof hat entschieden: Reitunterricht ist nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn er klar berufsbezogen ist. Freizeitangebote wie Ponyreiten oder Klassenfahrten gelten als steuerpflichtig.
BFH-Urteil: Steuerliche Folgen bei Grundstücksübertragungen mit Schuldübernahme
Wer ein Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf überträgt und dabei bestehende Schulden vom Erwerber übernehmen lässt, muss mit einer Einkommensteuerpflicht rechnen.
Verfassungsbeschwerde im Dieselstreit abgewiesen – Bundesverfassungsgericht bestätigt Revisionsurteil eines Hilfssenats
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines Autoherstellers gegen ein Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs in einem Dieselverfahren nicht zur Entscheidung angenommen – und stärkt damit die Rolle des VIa. Zivilsenats als Hilfssenat.
Millionenbetrug mit Schein-Beitritten zu Genossenschaft - BGH bestätigt Urteil
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung zweier Angeklagter wegen gewerbsmäßigen Betrugs durch das Landgericht Weiden i.d.OPf. bestätigt. Die Angeklagten hatten über eine Genossenschaft vermeintlich vermögenswirksame Leistungen angeboten, ohne die gesetzlichen Formvorschriften einzuhalten.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.