SVB: Ein Weckruf für Europas Bankenregulierung

Der Fall der US-amerikanischen Silicon Valley Bank legt eine gravierende Inkonsistenz in der heutigen Bankenregulierung offen. Ein SAFE-Team zeigt, wie sich dieser Fehler durch kleine regulatorische Änderungen beheben lässt und damit Bank Runs verhindert werden können.

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Silicon Valley looking down aerial view from above – Bird’sSilicon Valley looking down aerial view from above – Bird’sgokturk_06 – stock.adobe.com

Aus der Sicht von Finanzökonom*innen und Rechtswissenschaftler*innen am Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE hat ein schlechtes Risikomanagement bei der Silicon Valley Bank (SVB) mit hohen Anlagen in langfristigen US-Staatsanleihen das Zinsänderungsrisiko unterschätzt, und dadurch die Angst unter Einlegern vor Verlusten geschürt.

Der dann einsetzende Abzug von Einlagen befeuerte noch die Verlustrealisationen und damit auch den Abzug weiterer, ungeschützter Einlagen. Das Kernproblem des SVB-Falls ist den Wissenschaftler*innen zufolge nicht die langfristige Anlageentscheidung oder das schlechte Risikomanagement, sondern der Bank Run, der auf diese Entscheidungen folgte. SAFE-Direktor Florian Heider erklärt:

Der Fall der SVB ist ein Weckruf, da er auf eine blinde Stelle in der aktuell geltenden Bankenregulierung hinweist, die dringend repariert werden muss, auch um eine Wiederholung der SVB-Erfahrung in Europa zu verhindern.

Das Kernproblem ergibt sich aus der Tatsache, dass die heutige Regulierung drei Klassen von Bankverbindlichkeiten schafft, wobei nur für zwei eine klare Rollenzuweisung erfolgt: Haftungskapital (bestehend aus Eigenkapital und Bail-in-Fremdkapital), Depositen mit Einlagensicherung sowie Depositen ohne Einlagensicherung.

Diese dritte Klasse von Depositen ist die Ursache aller Probleme, denn sie begründet den Run auf die Bank in einer tatsächlichen oder vermeintlichen Krise – ein Aspekt, den SAFE-Wissenschaftler*innen in einer Analyse im Auftrag des Europäischen Parlaments ausgearbeitet haben.

Obergrenzen für bail-in-fähiges Kapital festlegen

Dass auch ungesicherte Einlagen abgezogen werden, sei an sich kein Knackpunkt. Wenn dieser Abzug von Mitteln allerdings schnell um sich greife, bevor Marktteilnehmer die Situation in Ruhe bewerten können, und daraus bei anderen Banken Panik entstehe, sei das ein Problem, erklärt Heider weiter.

Der Ausweg aus dieser Situation ist nach Ansicht des SAFE-Teams eine Abschaffung ungesicherter Depositen durch Ausdehnung der Einlagenversicherung auf alle Einlagen mit Ausnahme des Haftungskapitals einschließlich Bail-in-Schulden. „Mit einer Abschaffung ungesicherter Depositen kann die Gefahr von Bank Runs minimiert werden“, so Tobias Tröger, Leiter des Forschungsclusters „Law & Finance“ bei SAFE.

Diese Abschaffung kann erfolgen, indem zusätzlich zu einer regulatorischen Mindestanforderung für die Höhe des bail-in-fähigen Kapitals auch dessen Obergrenze festgelegt wird. „Wobei beide idealerweise übereinstimmen und der Puffer für die Verlustabsorbtion ausreichend dick ist. Dann gibt es keinen Anlass für einen Bank Run, gleichzeitig bleibt die Marktdisziplin erhalten und wird sogar gestärkt“, ergänzt Tröger.

Für die meisten Großbanken gilt, dass ihre Verbindlichkeiten zu einem erheblichen Teil aus den Bargeldreserven und Umsatzerlösen ihrer Unternehmenskunden bestehen. Diese kurzfristigen Gelder sind ein Stabilitätsrisiko für jede Bank, die befürchten muss, dass Einleger aus Angst vor Vermögensverlusten ihre Guthaben zu einer anderen Bank verlagern.

Die von SAFE vorgeschlagene Neuregulierung beendet das Run-Risiko und legt im Gegenzug nahe, den Bilanzanteil des Haftungskapitals unter Umständen weiter auszudehnen, jedenfalls neu auszutarieren. „Auf diese Weise könnte die Gefahr von panikbedingten Bank Runs weitestgehend ausgeschlossen werden“, erklären die Wissenschaftler*innen.

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