Die in den Institutssicherungssystemen des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), organisierten Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland sollten aufsichtsrechtlich mit Großbanken gleichgestellt werden.
Dies würde der tatsächlichen Markt- und Risikosituation ineinander eng verzahnter Verbünde besser gerecht, als die gegenwärtige Behandlung im Sinne unverbundener Einzelinstitute, argumentieren Ökonomen und Juristen um das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE in einer aktuellen Analyse im Auftrag des Europäischen Parlaments.
Die Analyse zeigt zwar, dass Kund*innen von den Vorteilen der Institutssicherung profitieren können, weil sie gut vor finanziellen Ausfällen in Krisenzeiten geschützt werden. Zugleich wird aber belegt, dass dieser Vorteil auch auf haushaltsbelastende staatliche Rettungsmaßnahmen bei den Landesbanken zurückzuführen ist. Die Wissenschaftler stellen fest, dass über Institutssicherungssysteme verbundene Bankennetzwerke wie Großbanken reguliert und innerhalb des einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus („Single Supervisory Mechanism“, SSM) der Überwachung durch die EZB stehen sollten, um staatliche Hilfen überflüssig zu machen und die Stabilität des Bankenmarktes insgesamt zu erhöhen.
„Fehlanreize unterbinden“
Man habe die Vor- und Nachteile der als Institutssicherung bezeichneten Einlagensicherung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken abgewogen. Dabei zeige sich ein Ungleichgewicht zugunsten dieser Netzwerke im Bankensystem , sagt Jan Pieter Krahnen, SAFE-Direktor und einer der Autoren der Analyse. Tobias Tröger, Leiter des SAFE-Clusters „Law & Finance“ und ebenfalls einer der Autoren, fügt hinzu, dass die Institutssicherungen, wie sie in Deutschland existieren, erheblich regulatorische Privilegien genießen. So könne eine Angleichung an das für Großbanken geltende Regime und eine zentrale Aufsicht durch die EZB Fehlanreize unterbinden.
Wie die Autoren in ihrer Analyse festhalten, bietet die Institutssicherung vor allem drei Vorteile, die die Position regionaler Banken im Markt stärken: Sie verfügt über leistungsfähige interne Warnsysteme, die in Problemlagen eine frühe Restrukturierung einzelner Mitgliedsbanken ermöglichen. Durch die Begrenzung der Geschäftstätigkeit auf ein festumrissenes Gebiet konzentrieren sich die Sparkassen und Genossenschaftsbanken nachhaltig auf Privatkund*innen und Firmen in ihren jeweiligen Regionen, und stärken dadurch das regionale Wachstum. Die untereinander vereinbarte Institutssicherung als Schutzschirm ermöglicht schließlich die Garantie aller Einlagen, unabhängig von der Höhe.
Nachteile der Institutssicherung wiegen schwer
Die Nachteile der Institutssicherung wiegen aber schwer: Die Schutzzusage hängt von der Zustimmung der Mitglieder im Einzelfall ab, woraus sich ein Risiko der Unterinvestition ergibt. Die Institutssicherung ist zudem nicht unbegrenzt, sondern reicht nur so weit, wie die Kapital- und Liquiditätsausstattung des gesamten Haftungsverbunds trägt.
Aufgrund ähnlicher Geschäftsmodelle ist die Diversifikation im Verbund gering. Im Falle einer Restrukturierung bleibt eine Beteiligung der Gläubiger einer Bank prinzipiell ausgeschlossen. Dadurch werden die Mitglieder der Institutssicherungssysteme dem Zugriff nationaler und europäischer Abwicklungsbehörden weitgehend entzogen.
Durch eine rechtliche Gleichstellung von großen Bankennetzwerken, die durch eine Institutssicherung haftungstechnisch verbunden sind, mit Großbanken kann nach Ansicht der Forscher eine Aufsicht der EZB über diese Netzwerke innerhalb des SSM erreicht werden. Das würde zur Vereinheitlichung der auch auf systemische Risiken abstellenden Aufsichtspraxis beitragen.
In der Analyse wird weiter betont, dass eine Integration in ein europäisches Einlagenrückversicherungssystem, wie derzeit auch in Brüssel diskutiert, die finanzielle Stabilität des gesamten Bankenmarktes verbessert, bestehenden Risiken entgegenwirkt und eine drohende Vergemeinschaftung von Risiken im Vorhinein unterbindet.
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