Der Entwurf der Europäischen Kommission für ein EU-Gesetz zur Regulierung von Instant-Payment-Diensten (IP) ist da. Obwohl das Thema allen bekannt war, kam der Entwurf nun früher als erwartet. Die Umsetzung und die frühzeitige Veröffentlichung zeigen der Finanzbranche, wie wichtig der Kommission eine EU-weite Präsenz im Zahlungsverkehr ist.
Von Paul Thomalla, Head of Industry and Regulatory Affairs, Finastra
Trotz zahlreicher Versuche, die Einführung von IP voranzutreiben – wie im Rahmen der PSD und ihrer Überarbeitung, der PSD2 – ist die Akzeptanz bei Verbrauchern und Unternehmen sehr schleppend. Durch die gesetzliche Vorgabe werden Banken jedoch keine andere Wahl haben, als das Senden und Empfangen von IP jederzeit und an allen Tagen zu ermöglichen.
Aber was genau wurde vorgeschlagen und warum und wann müssen Banken die Anforderungen erfüllen?
Die Hintergründe des Verordnungsentwurfs
Angesichts der Tatsache, dass nur zehn Prozent der Euro-Überweisungen über IP abgewickelt werden, hat die Kommission der Branche zu verstehen gegeben, dass es jetzt reicht. Sie erzwingt den Übergang von der Kür zur Pflicht und wandelt die Richtlinie in eine Verordnung um. Der bemerkenswert kurze und präzise Vorschlag zielt darauf ab, zwei Rechtsakte zu ändern, die SEPA-Verordnung von 2012 sowie die Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen von 2021.
Zahlungsdienstleister in allen 27 EU-Ländern sollen verpflichtet werden, das Senden und Empfangen von Sofortüberweisungen rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr zu einem Preis anzubieten, der nicht höher oder bestenfalls sogar niedriger ist als die Gebühren, die sie für Nicht-Sofortüberweisungen in Euro verlangen.
Aufgrund des fehlenden Zugangs zu Zentralbankgeld gilt dies noch nicht für Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute. Dies dürfte sich jedoch ändern, sobald die überarbeitete Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen veröffentlicht wird.
Kundenschnittstellen, die Überweisungsaufträge ermöglichen, müssen auch die Möglichkeit bieten, mehrere Euro-Sofortüberweisungsaufträge in einer Sammelzahlung einzureichen. Darüber hinaus werden Zahlungsdienstleister verpflichtet, vor der Autorisierung einer Zahlung zu prüfen, ob der Name des Zahlungsempfängers mit dessen Kontonummer (IBAN) übereinstimmt. Stimmen diese nicht überein, muss das dem Zahlenden mit dem Hinweis auf einen möglichen Betrugsversuch mitgeteilt werden, der dann entscheiden kann, ob er den Zahlungsauftrag ausführt oder nicht.
Schließlich müssen Zahlungsverkehrsdienstleister mindestens einmal täglich überprüfen, ob gegen einen ihrer Kunden EU-Sanktionen verhängt wurden. Versäumen sie dies, könnten sie sich gegenüber dem anderen beteiligten Zahlungsdienstleister schadensersatzpflichtig machen.
Warum ist das für Banken wichtig?
Die potenziellen Vorteile von IPs sind enorm. Sie erleichtern die rasche Freigabe von Geldern und machen den EU-weiten Zahlungsverkehrsraum allgegenwärtig. Sie ermöglichen es Verbrauchern und Unternehmen, Zahlungen sofort und jederzeit zu empfangen und zu tätigen, und lösen damit Probleme wie die Bezahlung von Mitarbeitern, wenn der Zahltag auf ein Wochenende fällt, oder die Auswirkungen verspäteter Zahlungen auf das Cash-Management von Unternehmen.
Die Banken werden in der Lage sein, neue Lösungen auf den Markt zu bringen, die mit den derzeitigen Zahlungswegen, zum Beispiel den bestehenden SEPA-Wegen, nicht möglich sind, während die neue Sanktionsprüfung Abhilfe schaffen soll für die hohe Ausfallrate von IPs aufgrund langwieriger und ineffizienter Prüfmethoden für Einzeltransaktionen.
Mit der Deckelung der Gebühren reagiert die Kommission auch auf die aktuelle Herausforderung, dass IP ein kostenverursachender Mehrwertdienst ist und somit die Gefahr bestünde, dass durch überteuerte Gebühren die Akzeptanz beeinträchtigt wird.
Die unmittelbaren Vorteile für Verbraucher und Unternehmen sind offensichtlich. Die Kommission hat aber auch eine längerfristige Strategie im Auge: Durch die Einführung von IP in der gesamten Eurozone fördert sie auch Open Finance.
Sobald die überarbeitete Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Kraft tritt, die in den Text der dritten Zahlungsdienstleisterrichtlinie (PSD3) der Europäischen Kommission aufgenommen werden könnte, werden Zahlungsverkehrs- und E-Geld-Institute direkten Zugang zu Zentralbankgeld haben und somit auch zur Einhaltung der IP-Verordnung verpflichtet sein.
In Zusammenhang mit Open Finance wird die Vision der Kommission klar. Sie zielt darauf ab, ein Umfeld zu schaffen, das den Wettbewerb in der Branche stärkt und die Einführung von mehr Anwendungsfällen für IP und Open Finance fördert. Die Förderung des offenen Zahlungsverkehrs ermöglicht das Wachstum von Open Banking und Open Finance, was letztlich zu besseren, personalisierten und integrierten Dienstleistungen für die Bankkunden führt.
Ab wann müssen die Banken die Regeln einhalten?
Es wird davon ausgegangen, dass der Verordnungsentwurf 2024 vom Parlament verabschiedet wird. Dies kann jedoch auch früher oder später eintreten, je nachdem, wie schnell eine Einigung erzielt wird. Der Entwurf sieht unterschiedliche Fristen für die einzelnen Anforderungen ab Inkrafttreten der Verordnung für Banken innerhalb und außerhalb der Eurozone vor:
- Ab dem Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes haben Banken innerhalb der Eurozone sechs Monate Zeit, um IPs zu empfangen und zwölf Monate, um sie zu versenden. Für Banken außerhalb der Eurozone beträgt diese Frist 30 beziehungsweise 36 Monate. Gleiches gilt für die Umsetzung von Sammelüberweisungen über Kundenschnittstellen.
- Um zu gewährleisten, dass die Gebühren nicht höher sind als bei Nicht-Sofortüberweisungen in Euro, haben die Banken in der Eurozone sechs Monate und außerhalb der Eurozone 30 Monate Zeit für die Umsetzung. Dies gilt auch für Zahlungsverkehrs- und E-Geld-Institute, sofern sie freiwillig IPs anbieten bevor sie gesetzlich dazu verpflichtet sind.
- Alle Banken müssen die Anforderungen der Sanktionsprüfung nach sechs Monaten erfüllen.
Was auf den ersten Blick relativ einfach klingt, ist für die Zahlungsverkehrsbranche ein gewaltiger Schritt und für die Banken eine große Herausforderung. Für Banken, die sich noch nicht auf die Einführung von IP sowie den damit verbundene neuen Prozessen zur Überprüfung von IBAN-Namen und Sanktionen vorbereitet haben, könnte dies einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand bedeuten. Aus diesem Grund ist Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung.
Wie Zusammenarbeit Banken bei der Compliance unterstützt
Compliance muss nicht teuer oder ein Störfaktor sein. Partnerschaften mit FinTechs können Banken dabei helfen, IP nahtlos umzusetzen und die für die Compliance erforderlichen Mehrwertdienste durch offene Technologie und Zugang zu einem größeren Ökosystem zu implementieren.
Die Straffung von Prüf- und Betrugspräventionsverfahren wird langfristig ebenfalls zu Kostensenkungen führen. Die Zeit für die Realisierung ist jedoch äußerst knapp, so dass die Banken jetzt handeln müssen.
Der Verordnungsentwurf der Kommission wurde erarbeitet, um Fakten zu schaffen. Er baut auf den bestehenden Zahlungswegen auf und zielt darauf ab, die notwendige Infrastruktur für schnelle, allgegenwärtige und digitale Sofortüberweisungen zu schaffen, die wiederum Open Finance fördern.
Wir sind jedoch überzeugt, dass Open Finance schon da ist, und wenn dieser infrastrukturelle Wandel richtig umgesetzt wird, wird er Banken, Unternehmen und Verbrauchern enorme Vorteile bringen.
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