Nachhaltige Kurssteigerungen sind wohl erst zu erwarten, wenn der Zinserhöhungszyklus der Notenbanken sein Ende findet. Auch wenn die aktuelle Krise hartnäckig ist, wird sie vorübergehen – so wie auch die Dotcom-Krise oder die Finanzkrise. Es braucht lediglich Zeit, denn früher oder später spiegeln die Aktienkurse die Fundamentaldaten der Unternehmen wider.
Fünf Fragen an Dominikus Wagner, Firmengründer sowie Fondsmanager des Wagner & Florack Unternehmerfonds
Herr Wagner, das vergangene Jahr lässt sich als „Annus Horribilis“ für Investoren zusammenfassen. Wird 2023 besser?
Anleger werden auch 2023 gute Nerven brauchen. Nachhaltige Kurssteigerungen sind möglicherweise erst zu erwarten, wenn der Markt davon ausgehen kann, dass die Notenbanken den Zinserhöhungszyklus beenden werden.
Und ob wir seit Anfang dieses Jahres bereits einen neuen Bullenmarkt erleben oder ob er sich wieder als Bärenmarktrallye herausstellt, ist reine Spekulation. Aber eine der vielen Bärenmarktrallyes wird sich irgendwann als Beginn eines neuen Aufschwungs entpuppen.
Die multiplen Krisen und die undurchsichtige Gemengelage bedeuten für langfristige Investoren jedoch nicht, dass man sich verunsichern lassen sollte. Unsere Portfoliofirmen entwickeln sich trotz des Gegenwindes aus Inflation und konjunktureller Abschwächung gut und verdienen dabei weiterhin gutes Geld, auch wenn die Aktienkursentwicklung etwas anderes suggeriert.
Zudem lösen sich die Lieferkettenstörungen langsam auf, der Höhepunkt der Inputkosten-Belastung ist überschritten. Der gewaltige Druck auf die Margen, auch durch ungünstige Wechselkurse befeuert, nimmt ab. Das dürfte sich auch in den kommenden Quartalsergebnissen widerspiegeln. Robuste „Gewinnmaschinen“ bremst auch keine Rezession, zumal in den Aktienkursen viele Risiken bereits weitestgehend berücksichtigt sind.
Welche Unternehmen erfüllen Ihre Anforderungen als langfristig orientierter Miteigentümer?
Firmen, die ein erwiesenermaßen robustes Geschäftsmodell haben, das auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten trägt. Wir bevorzugen Unternehmen mit kapitalleichten, einfachen Geschäftsmodellen, deren Produkte aus dem alltäglichen Leben nicht wegzudenken sind.
Dies sind zum einen nicht-zyklische Konsumgüter-Unternehmen wie Procter & Gamble, Nestlé, L’Oréal, Colgate-Palmolive, deren Produkte von Verbrauchern auch in Rezessionen stabil nachgefragt werden, und deren Margen dank hoher Preissetzungsmacht dauerhaft hoch sind – trotz eines Sturms aus Corona-Lockdowns, unterbrochenen Lieferketten und gestiegenen Energiepreisen.
Diese Firmen haben ihre Überlegenheit im Vergleich zu den Wettbewerbern erneut demonstrieren können und lieferten auch im vergangenen Jahr ein dynamisches Umsatzwachstum, kompensierten Kostensteigerungen mit ihrer hohen Preissetzungsmacht, steigerten ihre Effizienz und verbesserten den Preis-Mix ihres Angebots. Sie haben trotz der Krisen weiterhin viel Geld verdient.
Dies gilt auch für Portfoliofirmen wie Danaher, Hermès oder Sonova. Und das gilt aber auch und in besonderem Maße für unsere „Consumer-Tech“-Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen ebenso zum Alltag von Verbrauchern und Unternehmen gehören.
Dem verbreiteten Argument, dass steigende Zinsen der Feind für Technologieunternehmen sind, möchten wir in dieser Allgemeinheit widersprechen. Zumindest für Firmen wie beispielsweise Alphabet, Apple oder Microsoft gilt das nicht.
Die steigenden Zinsen haben alle Anlagesegmente, Aktien und damit auch Technologieaktien belastet. Es sind aber vor allem stark gehypte Firmen betroffen, die defizitär wirtschaften und den Beweis schuldig geblieben sind, wie nachhaltig ihre vermeintlich spannenden Geschäftsmodelle tatsächlich sind. Viele sind zudem oft auch noch hoch verschuldet.
Was ist Ihnen bei der Unternehmensauswahl besonders wichtig?
Hohe Burgmauern um ein robustes Geschäftsmodell, niedriger Kapitalbedarf, hohe Skaleneffekte und verlässlich hohe Margen sind uns wichtig. Daraus ergibt sich ein verlässlich steigender Unternehmensgewinn, der für uns der Dreh- und Angelpunkt ist.
Nur Unternehmen mit einem hohen und steigenden Netto-Cashflow können auch in extremen Zeiten Innovationen voranbringen und gegen den Trend neue Marktanteile gewinnen. Damit bauen sie den Vorsprung gegenüber Mitbewerbern aus, der sich nach der Krise auch wieder in den Aktienkursen ablesen lässt.
Unsere Firmen haben auch 2022 fast ausnahmslos ihre Gewinne und damit ihren Unternehmenswert wie in den Vorjahren verlässlich gesteigert. Die Fallhöhe bei kapitalintensiven Firmen mit chronisch schwachen Margen und begrenzten Skaleneffekten bei hoher Wettbewerbsintensität ist im Vergleich dazu entsprechend hoch.
Unter diesen Vorzeichen bleibt der langfristige und unternehmerische Blick auch 2023 unser oberstes Gebot – unabhängig von den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Auch die Wertentwicklung des Unternehmerfonds weist auf Jahressicht ein Minus aus. Wäre das mit Ihrem Fokus nicht vermeidbar gewesen?
Ein negatives Ergebnis tut immer weh. Der deutliche Anstieg der Inflation, die notwendigen Zinserhöhungen und die daraus resultierende Sorge vor einer Rezession hat zu Kursrückgängen bei nahezu allen Anlageklassen geführt – auch bei unseren Portfoliofirmen.
Alleine der Energie-Sektor hat das vergangene Jahr mit deutlichen Kurszuwächsen beendet. Haben wir davon profitiert? Nein. Wir waren nicht investiert und werden auch nie in Öl- oder Rohstofffirmen investieren. Wir meiden grundsätzlich kapitalintensive und darüber hinaus zyklische Unternehmen. Wir halten an den Unternehmen fest, die unsere Qualitätsansprüche auch mit Blick auf die langfristige Investitionssicherheit erfüllen. Das ist unsere Benchmark.
Für die Zukunft sind Sie optimistisch?
Ja, auf jeden Fall, auch wenn die Krise hartnäckig und die kurz- bis mittelfristige Gemengelage undurchsichtig ist. Unsere Investoren und wir sind Miteigentümer von Unternehmen, die selbst in der Krise wachsen und gut verdienen.
Dass sich die Aktienkurse temporär von der operativen Entwicklung entkoppeln, kommt immer wieder einmal vor, weshalb man Zeit mitbringen muss. Früher oder später spiegeln die Aktienkurse aber die Fundamentaldaten wider, nicht umgekehrt.
Und auch diese Krise wird vorübergehen – so wie auch die Dotcom-Krise oder die Finanzkrise. Jedes Mal danach haben unsere Portfoliounternehmen die Wende mit einem neuen Kurs-Allzeithoch markiert, welches das alte Allzeithoch vor der jeweiligen Krise abgelöst hat. Zeit und Qualität sind dabei entscheidend.
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