Erfolgreich investieren: Nachhaltige Ernährungsindustrie

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Der Anbau, die Verarbeitung und der Transport von Lebensmitteln sind für ein Drittel aller weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, aber nur drei Prozent der öffentlichen Klimafinanzierung fließen in die Lebensmittelsysteme [1]. Diese enorme Diskrepanz stellt eine große Chance für Impact-Investoren dar. Insbesondere vier Sub-Sektoren der Ernährungsindustrie stechen mit hervorragenden Wachstumsaussichten hervor.

Es kann sicherlich als Wendepunkt bezeichnet werden, als die UN-Klimakonferenz dem Thema der Nachhaltigen Ernährungssysteme im vergangenen Jahr einen ganzen Tag widmete und fünfzehn internationale Führungskräfte aus dem öffentlichen, privaten und gemeinnützigen Sektor an einen Tisch brachte, um darüber zu sprechen.

Als Folge dieses Paradigmenwechsels werden sich die politischen Entscheidungsträger mit der Thematik auseinanderzusetzen müssen, was laut Rahul Bhushan, Mitgründer von Rize ETF, in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen für den Übergang zu einem nachhaltigen Ernährungssystem freisetzen wird.

Die damit verbundenen positiven Effekte für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft liegen für Bhushan auf der Hand: Nachhaltige Produktionsverfahren für Lebensmittel können dazu beitragen, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, Wasser zu sparen und die Bodenqualität zu schützen. Investitionen stärken aber auch die lokalen Gemeinschaften, schaffen neuer Arbeitsplätze und tragen so zu einem wirtschaftlichen Wachstum bei. Der Mitgründer von Rize ETF stellt die Sektoren mit den besten Aussichten vor:

1. Präzisionslandwirtschaft spart Fläche und Personal

Im Jahr 2022 verzögerten Engpässe in der Lieferkette die landwirtschaftliche Produktion und Lieferungen, daneben stieg die Nachfrage nach Rohstoffen wie Getreide unter anderem auch als Folge des Konflikts in der Ukraine. Zwei Makrotrends zeichneten sich ab: Die Verknappung von bewirtschaftbaren Agrarflächen im Zuge des Urbanisierungsprozesses und der Arbeitskräftemangel.

Dadurch offenbaren sich optimale Bedingungen für Landmaschinenhersteller wie beispielsweise Deere, AGCO und CNH Industrial – sie verfügen allesamt über eine dem Oligopol ähnliche Marktmacht, die in Zeiten zunehmender Nachfrage nach autonomer und präziser Landwirtschaft zur Effizienzverbesserung der Produktion bedeutender wird.

Mit ihren modernen Landmaschinen ist es nicht nötig, mehr Land oder neue Arbeitskräfte einzusetzen. Daher dürften diese Unternehmen weiterhin profitieren. 

2. Große Düngemittelhersteller im Vorteil  

Das vergangene Jahr stand im Zeichen einer Düngemittelkrise. Im September 2022 stiegen die Preise für Stickstoffdünger im Jahresvergleich um 149 Prozent.[8] Einige, auch viele namhafte Düngemittelhersteller sahen sich nicht in der Lage, die Kosten zu tragen, andere hingegen florierten aufgrund der Preiserhöhungen. Demzufolge war 2022 ein Rekordjahr für die am besten geführten Düngemittelunternehmen der Welt – wie beispielsweise Yara in Norwegen oder FMC in den USA.

Am 15. November 2022 kündigte die Europäische Kommission zum Schutz der europäischen Düngemittelindustrie bestimmte Vorkehrungen an. So beispielsweise die Reservierung von Gas für den Agrarsektor und Genehmigungen für weitere bzw. neue Ausnahmen bei der finanziellen Unterstützung der Industrie und der Landwirte. [9]

Letztendlich reagierte die EU damit auf den „Inflation Reduction Act“ der US-amerikanischen Regierung, der den USA aufgrund eines neuen Steuergutschriftensystems den weltweit billigsten grünen Wasserstoff bescheren soll. Kostengünstiger grüner Wasserstoff wäre für die Düngemittelindustrie ein unglaublicher Fortschritt, denn Wasserstoff ist ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Ammoniak und wird derzeit aus Erdgas gewonnen.

Yara beschreitet hinsichtlich der Umstellung seiner Produktion mit grünem Wasserstoff den konsequentesten Weg. [12] Im laufenden Jahr dürften laut Rize ETF noch mehr dieser strategischen Weichenstellungen folgen. „Auch wenn die Düngemittelpreise hoch bleiben, werden Unternehmen, die sowohl auf traditionelle als auch auf moderne Düngemittel setzen, vom Markt wahrscheinlich als günstig wahrgenommen“, so Rahul Bhushan.  

3. Neue Geschäftsmöglichkeiten europäische Firmen

Im Durchschnitt erzeugt jeder Europäer fast 180 kg Verpackungsabfälle pro Jahr. [2] Verpackungen sind einer der Hauptverbraucher von Neumaterialien: 40 Prozent der in der EU verwendeten Kunststoffe und 50 Prozent des Papiers dienen allein Verpackungszwecken. [3]  Ohne jegliche Maßnahmen würde der Verpackungsabfall in der EU bis 2030 um weitere 19 Prozent zunehmen, bei Kunststoffverpackungen wären es sogar 46 Prozent. [4]

Die neue EU-Verpackungsverordnung vom 30. November 2022 soll dieses Problem in Angriff nehmen. So soll die Regelung beim Verbraucher für wiederverwendbare Verpackungen sorgen, unnötige Verpackungen beseitigen, Überverpackungen begrenzen und mithilfe einer klaren Kennzeichnung ein sachgerechtes Recycling gewährleisten.

Für die Industrie schafft dies neue Geschäftsmöglichkeiten, verringert den Bedarf an neuen Materialien, steigert die europäischen Recyclingkapazitäten und macht Europa weniger abhängig von Primärressourcen. Zu guter Letzt verfolgt die Regelung das Ziel, den Sektor bis 2050 klimaneutral zu machen.

Bhushan geht davon aus, dass dies ein gutes Zeichen für europäische, nachhaltige Verpackungsunternehmen wie DS Smith, O-I Glass, SIG Combibloc und BillerudKorsnäs sein wird, die sich auf wiederverwendbare, recyclingfähige und kompostierbare Verpackungen konzentrieren.

Das britische Unternehmen DS Smith beispielsweise arbeitet bereits mit der Ellen McArthur Foundation – einer Stiftung zur Förderung von Kreislaufwirtschaft – zusammen, um das Ziel der 100-prozentigen Wiederverwertbarkeit zu erreichen. [5]

4. Kreative Lösungen mindern Kosten und Abfall 

Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen ist eine der Lösungen, die zur Effizienzverbesserung innerhalb der Lebensmittelversorgungsketten von entscheidender Bedeutung sind. Angesichts der erheblichen Kostensteigerung des vergangenen Jahres, haben führende Unternehmen versucht, ihre Produktrezepturen anzupassen.

So beispielsweise der US-amerikanische Lebensmittelproduzent Lamb Weston. Als im vergangenen Jahr die Kosten für Weizen aufgrund des Ukrainekriegs und extremer Wetterereignisse explodierten, begann das Unternehmen mit der Beschaffung von Erbsenstärke, einem Nebenprodukt der Erbsenverarbeitung (das normalerweise als Abfall entsorgt wird), um die herkömmliche Stärke zu ersetzen.

In Tests zeigte sich, dass Erbsenstärke in Bezug auf Geschmack und Verbraucherakzeptanz nahezu identisch mit unseren herkömmlichen Backwaren ist.[13] Und nicht nur das: Diese alternative Stärke wird bereits in vielen Produkten von Lamb Weston verwendet, wodurch sowohl das wirtschaftliche Problem (Kosten) als auch das Umweltproblem (Abfall) gelöst werden konnten. 

Anmerkungen:

[1] Future of Food, “Untapped Opportunities: Climate Financing for Food Systems Transformation”, 2022.

[2] Ebd.

[3] Ebd.

[4] Ebd.

[5] Business Wire: “DS Smith Launches ‘Circular Design Principles’ to Eliminate Waste, Drive Sustainability in Packaging”, August 2020.