Makler und digitale Versicherer: Konkurrenz oder Synergie?

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Die Digitalisierung macht auch vor der Versicherungsbranche keinen Halt. Während sich große Player mit der Transformation analoger in digitale Prozesse zum Teil noch schwertun, erleben InsurTechs und digitale Versicherungsanbieter eine Hochphase. Manche von ihnen verzichten im Vertrieb auf den herkömmlichen Maklermarkt und wenden sich direkt an ihre Kunden. Bei einigen Vermittlern sorgt das für Bedenken, ob das eigene Handwerk schon bald obsolet sein könnte.

Ein Beitrag von Sebastian Sieglerschmidt, Geschäftsführer Alteos GmbH

Sebastian Sieglerschmidt, Geschäftsführer Alteos GmbH © Alteos GmbH

Zwischen April 2021 und März 2022 untersuchte die Statista Global Consumer Survey die Online-Versicherungsabschlüsse in Deutschland. Das Ergebnis: Rund die Hälfte der Befragten nutzte im vergangenen Jahr den Weg des digitalen Direktvertriebs. Entscheidend ist dabei aber die Art der Versicherung. Mit steigender Komplexität des Produkts nimmt der Anteil an Online-Abschlüssen ab. Am geringsten ist der Anteil an digital abgeschlossenen Wohngebäude- und Lebensversicherungen mit jeweils 5 Prozent.

Makler und digitale Versicherer – ein Wettbewerb?

Mit dem Aufstreben der digitalen Versicherungsanbieter auf dem Markt hat die Anzahl der Direktvermittlungen in den vergangenen Jahren zugenommen. Werden InsurTechs und die fortschreitende Digitalisierung also dafür sorgen, dass Makler künftig überflüssig werden?

Diese Frage möchte ich mit einem klaren “Nein” beantworten. Zwar sind einige Kunden bei manchen Versicherungen weniger auf persönliche Beratung angewiesen und informieren sich im Vorfeld vor allem online über das gewünschte Produkt. Doch trotz einer oft großen Reichweite schließen digitale Direktversicherer bisher wenige Käufe ab, denn vor dem Unterschreiben eines Vertrags wird doch häufig noch ein Vermittler zwischengeschaltet. Das ist kaum verwunderlich, denn die hohe Bedeutung des persönlichen Kontakts liegt in der Natur des Versicherungsgeschäfts: Versicherungen sollen Sicherheit bringen – und das tun sie nur, wenn man weiß, dass alle wichtigen Risiken durch den gewählten Tarif auch wirklich abgedeckt werden.

Bei vielen Versicherungsprodukten liegen Kundenzahlung für die Prämie und Gegenleistung im Schadenfall weit auseinander – falls überhaupt jemals ein Schaden eintritt. Die Kunden treten mit ihren regelmäßigen Beiträgen also in Vorleistung – und müssen darauf vertrauen, dass ihnen im Schadenfall geholfen wird, sodass sie nicht auf den entstandenen Kosten sitzenbleiben. Dieses Vertrauensverhältnis ohne persönlichen Kontakt aufzubauen, erfordert eine starke Marke und viel Zeit.

Für Newcomer, die sich diesen Status in der Branche noch nicht verdienen konnten, ist die Zusammenarbeit mit Maklern aus meiner Sicht die bessere Strategie. Da die Produkte der großen, etablierten Versicherungen nicht unbedingt immer das beste Preis-Leistungs-Verhältnis haben, können junge digitale Versicherer hier punkten, um als Anbieter im Maklermarkt interessant zu werden. Wenn die Produkte dann hinsichtlich einer gegenüber dem Wettbewerb verbesserten Deckung das Haftungsrisiko für Makler minimieren, trägt das zusätzlich zur Attraktivität eines Anbieters bei.

Eine Frage des Selbstverständnisses

Doch wie kann oder sollte so eine Kooperation zwischen Maklern und digitalem Maklerversicherer eigentlich aussehen? Um diese Frage beantworten zu können, muss man einen Blick auf die Vorteile der Digitalisierung in der Zusammenarbeit zwischen Maklern und Versicherern werfen.

Viele InsurTechs wurden erst in den letzten fünf bis zehn Jahren gegründet. Die digitalen Strukturen und Technologien, auf denen ihr Geschäftsmodell aufgebaut ist, ermöglichen Abschlüsse in Echtzeit und schnellen Service für Makler und deren Mandanten.

Auch eine nahtlose Integration zwischen Versicherer und Maklerverwaltungs- beziehungsweise CRM-Programmen wird durch moderne Technologie verbessert. Der persönliche Kontakt zu den Kunden, der wie gesagt aus meiner Sicht nach wie vor unersetzlich ist, liegt dabei weiterhin klar bei den Maklern.

Zusammengefasst: Digitale Versicherer können sich auch als Maklerversicherer verstehen. Konzentrieren sie sich darauf, die Arbeit von Vermittlern zu vereinfachen und tägliche Arbeitsschritte zu erleichtern, werden sie zum attraktiven Kooperationspartner. Während Mittler im “Frontend” Vertrauen schaffen und den Kunden bei ihren Entscheidungen zur Seite stehen, sorgen die digitalen Versicherer im “Backend” dafür, dass alle erforderlichen Prozesse schnell, günstig, papierlos und unkompliziert vonstattengehen. Kurz gesagt: Sie sorgen für eine gesteigerte Effizienz.

Kein Wettbewerb, sondern Symbiose

Im Zentrum der Zusammenarbeit sollte dabei die Zufriedenheit der Kunden stehen. Diese entsteht vor allem durch Komfort; hier müssen sich persönliche Betreuung und digitale Strukturen die Waage halten. Denn beraten zu werden, Fragen stellen zu können, aber auch die Möglichkeit zu haben, eigenständig handeln zu können – das sind die idealen Gegebenheiten, unter denen möglichst breite Zielgruppen angesprochen, Kunden gewonnen und gehalten werden können.

Statt eines Wettbewerbs sollten digitale Versicherer und Makler also lieber Seite an Seite den Weg hin zu einer Symbiose beschreiten. Auf diesem können sie gemeinsam Probleme und Herausforderungen in digitalen Prozessen identifizieren und korrigieren: Von Vermittlern im täglichen Kundenkontakt gesehen, werden sie vom digitalen Versicherer im Hintergrund angepasst. Es entsteht eine Synergie, von der Kunden, Makler und digitale Versicherer gleichermaßen profitieren.

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