Unter der Lupe: Warum sind eigentlich manche Gebrauchtwagen so unglaublich günstig?

© Oleksandr – stock.adobe.com

Der Markt für Gebrauchtfahrzeuge ist im Raum Fulda derzeit nahezu leergefegt, die Preise dementsprechend hoch. Dies liegt darin begründet, dass es durch Lieferprobleme kaum Nachschub an Neufahrzeugen gibt. In Pandemiezeiten standen viele Autowerke nahezu still, hinzu kommen fehlende Halbleiter, die die Industrie momentan nicht liefern kann.

So müssen Kaufwillige für Neuwagen auf Gebrauchte ausweichen, die dadurch ebenfalls zunehmend zur Mangelware werden.

Nun hat man auf der Ausstellungsfläche eines Gebrauchtwagenhändlers ein geeignetes Fahrzeug gefunden, welches auffällig günstig ist. Das Auto macht einen gepflegten Eindruck, bei näherem Hinsehen sind keine Mängel erkennbar, die Kilometer-Laufleistung ist nicht allzu hoch. Warum ist dieser Wagen so unglaublich günstig? Gründe hierfür kann es viele geben, zum Beispiel Fahrzeugtypen, die nicht besonders gefragt sind, etwa ein Diesel-Automatik. Doch es gibt viele weitere Ursachen, die einen Gebrauchtwagen zum Ladenhüter machen und den Händler dazu zwingen, den Verkaufspreis deutlich zu senken.

Diesel immer weniger gefragt

Selbstzündern seit 2015 stark rückläufig und erreicht derzeit einen Tiefpunkt. Im vergangenen Jahr belief sich die Zahl der Diesel-Neuzulassungen auf nur noch rund 20 Prozent aller neu zugelassenen Pkw. Ein Jahr zuvor lagen die Zulassungszahlen für Diesel noch bei über 30 Prozent.

Doch noch ein weiterer Faktor spricht derzeit gegen Dieselfahrzeuge. Seit Beginn des Ukraine-Krieges sind die Preise für Dieselkraftstoff geradezu explodiert – zeitweise musste man an der Tankstelle sogar mehr Geld pro Liter Diesel auf die Ladentheke legen als für Super E10. Dadurch ist der einstige Hauptvorteil für Diesel, nämlich der günstige Kraftstoffpreis, hinfällig geworden und kann die höhere Kfz-Steuer für Diesel-Pkw längst nicht mehr ausgleichen.

Ungünstige Kfz-Steuer-Einstufungen

Die jährlich anfallende Kfz-Steuer ist ein weiterer Faktor, der für oder gegen ein bestimmtes Gebrauchtfahrzeug sprechen kann. Insbesondere auch bei Dieselfahrzeugen schlägt die Kfz-Steuer bei einer ungünstigen Einstufung und hohen CO2-Ausstoßwerten spürbar ins Kontor. So beläuft sich die Kfz-Steuer für ein Diesel-Pkw mit einem Hubraum von 1496 cm3 und einem CO2-Ausstoß von 130 Gramm pro Kilometer auf 215 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Für einen vergleichbaren Benziner mit zeitgemäßer Emissionsklasse verlangt der Fiskus lediglich 67 Euro.

Schadstoffklassen und ihre Auswirkungen auf die Kfz-Steuer

Die heutige Abgasnorm Euro 6 ist bereits seit 2015 für die Erstzulassung eines Fahrzeuges verpflichtend. Gegenüber der vorangegangenen Euro-5-Regelung gelten seitdem strengere Emissionsgrenzwerte für Kraftfahrzeuge. Ältere Gebrauchtwagen erfüllen diese Abgasnormen natürlich nicht, was sich deutlich auf die Kfz-Steuer auswirkt.

Vor einem Kauf gilt es also zu hinterfragen: Welche Schadstoffklasse gilt für den Wagen und wie stark belastet sie die Umwelt und die laufenden Kosten? Generell gilt: Bei einer Schadstoffklasse 3 oder besser beläuft sich die Kfz-Steuer auf 6,75 Euro pro angefangene 100 cm3 Hubraum für einen Benziner, für einen Diesel werden 15,44 Euro fällig. Bei ungünstigeren Schadstoffklassen steigt die Steuer sprunghaft an. Für Euro 2 werden 7,36 bzw. 16,05 Euro fällig. Richtig teuer wird es bei der Schadstoffklasse Euro 1: 15,13 Euro für Benziner und sage und schreibe 27,35 Euro für Diesel.

Ein Extrembeispiel: Ein in der Anschaffung günstiger Mazda 121 aus den 90er Jahren ist trotz bester Pflege heute nahezu unverkäuflich, weil für diesen Kleinwagen mit Schadstoffklasse Euro 1 eine Kfz-Steuer von 211 Euro fällig wird. Hinzu kommt, dass dieses Fahrzeug keine Umweltplakette bekommt (nicht einmal eine rote!) und somit nicht mehr in die Umweltzonen vieler Innenstädte hineinfahren darf.

Ersatzteilversorgung bei älteren Gebrauchtfahrzeugen

Ein weiterer Preisdrücker bei Gebrauchtwagen ist die vermeintliche oder tatsächliche Nicht-mehr-Lieferbarkeit von speziellen Ersatzteilen. Dies ist zwar nicht immer begründet, kann aber dafür sorgen, dass ein bestimmter Gebrauchtwagentyp in der Nachfrage stark sinkt.

Man denke nur an Automarken wie Saab, Daihatsu, MG oder Rover – diese sind allesamt vom deutschen Markt verschwunden. Das heißt aber nicht, dass dadurch auch die Lieferung von Ersatzteilen entfällt. Zwar gibt es keine gesetzliche Regelung, wie lange Firmen für Ersatzteile nach Einstellung einer Fahrzeug-Serie oder -Marke sorgen müssen. Laut Aussage des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) liegt der Lebenszyklus der Nachserienversorgung bei rund 15 Jahren. Und nicht zuletzt sorgen auch Ersatzteilhersteller aus Fernost für eine lange Lieferbarkeit. Dies sind dann zwar nicht die Originalteile des Fahrzeugherstellers, aber durchaus brauchbare Vergleichsprodukte, die für ältere Gebrauchtwagen allemal gut genug sind.

Echte Schnäppchen: Leasing-Rückläufer

Es gibt aber auch Gründe, die für einen günstigen Gebrauchtwagenpreis sprechen. Hier bieten Leasing-Rückläufer echtes Einsparpotenzial. Leasinggeber möchten ihre Autos, die aus Leasingverträgen zurückkommen, möglichst schnell weiterverkaufen, um möglichst wenig Kapital zu binden – ein schneller Verkauf ist hier wichtig. Dies ist die Chance für den Käufer bei der Kaufpreisverhandlung.

Des Weiteren gibt es keine Margen für Zwischenhändler. Bei Gebrauchtwagenhändlern stehen die Autos mehrere Wochen oder gar noch länger auf dem Platz, bei Leasinggebern in aller Regel nur sieben Tage. Durch Leasing-Rückläufer können Modelle der Mittel- und Oberklasse (5er BMW, Mercedes E-Klasse usw.) für sehr günstige Preise erworben werden. Den hohen Wertverlust haben die Autos bereits bei den Leasingnehmern hinter sich gebracht. Ein weiterer Vorteil: Die Fahrzeuge sind top-gepflegt und gewartet, somit gibt es keine Überraschungen wie bei manch unseriösen Gebrauchtwagenhändlern.