Risiken des Ukraine-Kriegs für den deutschen Finanzmarkt

Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs wurden verschiedene Sanktionspakete verabschiedet, die auch den Finanzsektor einbeziehen. Diese betreffen unter anderem den Zugang russischer Banken zum internationalen Zahlungsinformationssystem SWIFT, das Einfrieren von Währungsreserven der russischen Zentralbank sowie ausgewählter Personen und Unternehmen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die bis dato getroffenen – den Finanzsektor betreffenden – Sanktionen ausreichen und welche Auswirkungen auf den europäischen Bankensektor und die globale Finanzstabilität zu erwarten sind.

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Bei einer vom Center for Financial Studies (CFS) durchgeführten Umfrage unter Fach- und Führungskräften halten 62 Prozent der Befragten die bisherigen Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor für wirkungsvoll. Dennoch sprechen sich fast 60 Prozent der Befragten für einen vollständigen Ausschluss aller russischer Banken aus SWIFT aus. Nur circa 25 Prozent der Umfrageteilnehmer sind dagegen. Die Belastungen der Ukraine-Krise für den deutschen Bankensektor werden von der ganz überwiegenden Mehrheit als „nicht hoch“ und somit beherrschbar eingeschätzt. Nur 13,5 Prozent der Befragten befürchten eine hohe Belastung für deutsche Banken, so fügt Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies hinzu:

Der deutsche Finanzsektor unterstützt offenbar eine konsequente Abkopplung russischer Banken von den internationalen Finanzmärkten.

Auswirkungen auf Finanzstabilität

Weniger eindeutig ist das Meinungsbild in der Finanzindustrie bei der Frage nach möglichen Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die globale Finanzstabilität. 54 Prozent der Umfrageteilnehmer glauben nicht, dass der Krieg die globale Finanzstabilität gefährden könnte, 44 Prozent teilen diese Einschätzung nicht, Finanzprofessor Brühl sagt:

Die bisherigen Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten haben vor allem die Volatilität der Märkte erhöht. Starke, dauerhafte Einbrüche bei den wichtigen Indizes sind bisher ausgeblieben.

Die Frage nach der Zinswende

Seit Beginn des Krieges wird auch die Frage diskutiert, ob die EZB angesichts der hohen Inflationsraten trotz der Ukraine-Krise und der damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken eine Zinswende einleiten sollte. Hier ist die Meinung eindeutig. Der deutsche Finanzsektor fordert die Einleitung einer zeitnahen Zinswende (88 Prozent der Teilnehmer) trotz des Krieges.

Nur 8 Prozent der Befragten sehen dies anders, dazu sagte zum Beispiel EZB-Direktorin Isabel Schnabel in der ersten Maiwoche dem Handelsblatt, dass der Markt von der Europäischen Zentralbank eine Zinserhöhung bereits im Juli die Zinsen erwarte. Die Andeutungen von EZB-Ratsmitgliedern werden zunehmend deutlicher. Es reiche nicht mehr zu reden, man müsse handeln.

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass sich der deutsche Finanzsektor, beziehungsweise 88 Prozent der hier Befragten, dieser Aussage anschließe, so Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance.

US-Dollar als Reservewährung

Die Ukraine-Krise könnte perspektivisch auch Auswirkungen auf die Rolle des US-Dollar als Reservewährung (derzeit circa 59 Prozent der weltweiten Devisenreserven) haben. Bei dieser Frage zeigt sich ein geteiltes Meinungsbild. 41 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Bedeutung des US-Dollar als Reservewährung durch den Krieg weiter zunehmen wird.

Etwa 43 Prozent erwarten keine Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die Bedeutung des US-Dollar als Reservewährung. Hubertus Väth erklärt, dass die Umfrageergebnisse ein unverändertes Vertrauen in den Dollar als Reservewährung zeigten. Mit einem Blick in die Vergangenheit sei dies auch gerechtfertigt: Der Dollar habe bislang noch jede Herausforderung überstanden, so Väth abschließend.

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