CSR-Reporting: Herausforderung und Chance zugleich

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Die EU-Kommission strebt an, der nicht finanziellen Berichterstattung den gleichen Stellenwert wie der finanziellen Berichterstattung einzuräumen. Dazu wird die Anzahl CSR-berichtspflichtiger Unternehmen in Deutschland von 500 auf 15.000 erhöht. Inhalte und Pflichten zur externen nicht finanziellen Berichterstattung werden erheblich erweitert. Was bedeuten diese Neuerungen für die Unternehmenspraxis?

Ein Beitrag von Marion Regnery, Director Baker Tilly und Thorsten Lorenzen, Partner Baker Tilly

Marion Regnery, Director, Baker Tilly

Im Zuge der Bestrebungen, nachhaltige Entwicklungen zu fördern, formulierten die Vereinten Nationen das Pariser Klimaabkommen und die Europäische Union (EU) mit dem EU Green Deal Anforderungen, die für Unternehmen in der EU weitreichende Auswirkungen haben. So sollen die Unternehmen durch Transparenz in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Hinblick auf ökologische und soziale Aspekte gegenüber ihren Stakeholdern zum nachhaltigen Wirtschaften bewegt werden. Die ganz besonderen Herausforderungen dabei: Nachvollziehbarkeit und die Festlegung der relevanten Maßstäbe.

Mit der CSR-Richtlinie 1.0 (Corporate Sustainability Reporting Directive) wurden 2017 erstmals große Unternehmen und Konzerne, die kapitalmarktorientiert sind und durchschnittlich mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, dazu verpflichtet, eine „nicht finanzielle“ Erklärung zu erstellen.

CSR 2.0: Umfassende Erweiterung der Berichtspflicht ab 2023

Thorsten Lorenzen, Partner, Baker Tilly

Im April 2021 wurde von der EU der Vorschlag für eine CSR-Richtlinie 2.0 veröffentlicht. Die bereits bestehende Berichtspflicht soll damit auf weitere Unternehmen ausgeweitet werden: Zukünftig sind nach der CSR-Richtlinie 2.0 anstatt wie bisher 500 etwa 15.000 deutsche Unternehmen berichtspflichtig. Die Verabschiedung dieser Richtlinie soll auf EU-Ebene planmäßig bis Juni 2022 erfolgen und danach in nationales Recht umgewandelt werden.

Aufgrund der Tatsache, dass die Berichtsperiode 2023 bereits relevant ist, ergibt sich ein immenser Druck auf die Unternehmen. Sie sind ab 2022 gezwungen, dafür einen strukturierten Ansatz zu implementieren. Ab dem 1. Januar 2024 (Berichtsperiode 2023) sollen dann alle großen in der EU ansässigen Unternehmen und Konzerne dazu verpflichtet werden, einen präzisen und prüfpflichtigen Nachhaltigkeitsbericht zwingend in den Lagebericht mit aufzunehmen.

Außerdem soll die Verantwortung der Geschäftsführung, die sich bislang nur auf die Finanzberichterstattung bezog, um den Nachhaltigkeitsbericht erweitert werden. Auf dem Weg zu einem prüfpflichtigen Nachhaltigkeitsbericht arbeitet das neu eingerichtete International Sustainability Board (ISSB) mit Hochdruck an der Definition eines einheitlichen Standards, welcher die zahlreichen individuellen Standards der einzelnen Länder ablösen soll. Dieser Standard soll bis zum 31. Oktober 2022 beschlossen werden. Ein EU-weiter Berichtsstandard stellt eine Aufwertung der nicht finanziellen Berichterstattung dar, erhöht die Qualität und Transparenz und ist für die Vergleichbarkeit der Unternehmen dringend erforderlich.

Was bedeuten die Neuerungen für die Unternehmenspraxis?

Die betroffenen 15.000 deutschen Unternehmen müssen über Aspekte betreffend Umwelt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, soziales Engagement sowie Antikorruption und Geldwäsche berichten. Ferner sind die Prozesse zur Bereitstellung dieser Informationen darzustellen. Diesbezüglich sind insbesondere Informationen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten zu Folgendem vorgesehen:

  • Kurze Beschreibung des Geschäftsmodells,
  • Beschreibung der Nachhaltigkeitsziele,
  • Beschreibung der Rolle der Leitungsbeziehungsweise Aufsichtsorgane,
  • Beschreibung der Nachhaltigkeitspolitik,
  • Beschreibung des umgesetzten Due-Dilligence-Prozesses sowie
  • Beschreibung der wichtigsten Risiken.

Die CSR-Berichterstattung muss dabei zwingend Teil des Lageberichts sein und der Finanzberichterstattung zukünftig gleichgestellt werden. Die Erweiterung durch die neue CSR-Richtlinie sieht eine engere Bindung der Unternehmen an die Umweltziele der EU vor, die in der EU-Taxonomie-Verordnung festgelegt sind.

Die berichtspflichtigen Unternehmen haben hierbei ebenfalls Kennzahlen zu folgenden Punkten aufzunehmen und offenzulegen, inwieweit diese den Umweltzielen der EU entsprechen:

  • Umsatzerlöse mit ökologisch nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen,
  • Investitionsausgaben sowie
  • Betriebsausgaben mit ökologisch nachhaltigen
  • Vermögensgegenständen und Prozessen.

Es werden klare Anforderungen an die Unternehmen formuliert, nicht nur den Einfluss von Sozial- und Umweltfaktoren auf den Unternehmenserfolg (Outside-in-Perspektive), sondern auch die Auswirkungen des Unternehmens auf Mensch und Umwelt (Inside-out-Perspektive) einzubeziehen (sogenannte doppelte Wesentlichkeit). Gleichzeitig sollen die Berichte neben retrospektiven nun auch mittel-, kurz- und langfristig gerichtete sowie quantitative und qualitative Informationen enthalten.

Die EU unterstützt die verpflichteten Unternehmen und begegnet dem Informationsbedarf der Adressaten mittels eines europaweit einheitlichen Standards für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung auf Basis bisheriger Initiativen. Dazu entwickelt die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) verbindliche European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Konkret geplant sind derzeit insgesamt 28 Standards, die in fünf Kategorien aufgeteilt sind:

  • übergreifende Standards (Strategy, governance, impacts, risk, opportunities)
  • branchenübergreifende Standards (15 Sector-agnostic standards)
  • branchenspezifische Standards (Sector-specific standards)
  • Präsentation (1 Presentation)
  • konzeptionelle Leitlinien (6 Conceptual guidelines)

Im Januar 2022 wurden die Entwürfe erster Standards (Batch 1) veröffentlicht. Bis Ende 2022 sind weitere Entwürfe und die Verabschiedung der ersten Standards geplant. Bis Mitte 2023 sollen weitere branchenspezifische Standards sowie Standards für klein- und mittelgroße Unternehmen veröffentlicht werden. Der Nachhaltigkeitsbericht soll mindestens im maschinenlesbaren Format vorgelegt werden.

Durch das sogenannte Tagging der Informationen soll eine bessere Vergleichbarkeit, Auswertbarkeit und Nutzung ermöglicht werden. Gleichzeitig wird die Verantwortung des Aufsichtsrates für den Nachhaltigkeitsbericht betont und dieser in die kollektive Verantwortung mit dem Vorstand genommen. Das CSR-Reporting stellt eine enorme Chance für Unternehmen dar.

Vor allem auf dem Kapitalmarkt gewinnt eine transparente Kommunikation über die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zunehmend an Bedeutung. Gerade für langfristig orientierte Kapitalgeber sind die ESG-Aspekte des unternehmerischen Handelns von hoher Relevanz, um zu evaluieren, inwiefern es sich um ein zukünftig vertretbares und profitables Geschäftsmodell handelt.

Bilder (2–3): © Baker Tilly